Winterausstellung des Rothenburger Künstlerbundes
ROTHENBURG – 15 Künstler des Rothenburger Künstlerbundes und zwei eingeladene Künstler bestücken mit ihren Werken in unterschiedlichen Techniken die Winterausstellung im Fleischhaus. Farbiger Schlusspunkt eines Jahres „mit schnellen Wechseln.“
Es findet sich unter den Kunstwerken eher klassische Malerei in spätimpressionistischer Manier wie bei Gerd Hintermeiers Winterlandschaften, aber auch abstrakte Kompositionen in Öl wie bei Bernhard Karlstetter, die durch mehrere mit Spachteltechnik aufgetragene Farbschichten über einen längeren Zeitraum hinweg entstehen. Eiichi Takeyama bewegt sich mit seinen verfremdeten Darstellungen in Acryl zwischen diesen beiden Polen. Jutta Richter zeigt gefilzte Textilobjekte als Wohnraumgestalter.
Daneben nimmt die Fotografie einen prominenten Platz in der Ausstellung ein, wobei sich auch hier die Techniken und Gestaltungsansätze der drei Künstler – Ulrich Frewel, Maria Semmer und René Bissbort – stark voneinander unterscheiden. Ulrich Frewel hat ein sehr altes Fotografieverfahren, Argentotypie genannt, für seine künstlerische Arbeit reanimiert, das seinen Schwarz-Weiß-Fotos aus der Natur eine erhöhte Tiefenwirkung verleiht. Maria Semmer widmet sich mit ihrer inszenierten Fotografie erneut dem Reich der Träume und des Unterbewussten.
Todesstern im Meer
René Bissbort hat auf seiner großformatigen Arbeit den Ablauf eines Tanzschritts von einer Ballett-Tänzerin festgehalten und nachträglich die Farbgebung bearbeitet, um eine eigene „Ästhetik des Augenblicks“ zu entwickeln. Fritz Ehler und Evelyn Weiss decken mit Ihren Töpferarbeiten viele Facetten ihres Handwerks ab – von volkstümlich-traditionell bis hin zu modern gestalteten Gefäßen, die durch Design verbunden mit einem Schuss Witz überzeugen.
Der Vorsitzende Peter Nedwal gibt in der Ausstellung erneut einen Blick in sein weit gefächertes Oeuvre – dieses Mal mit einem großformatigen Holzschnitt und zwei Leinwänden mit konstruktivistischen Kompositionen aus Liniengefügen. Als neues Mitglied feierte Tobias Förster (33), gelernter Schreiner, einen gelungenen Einstand, indem er Graffiti als oft verpönte und mit Vandalismus in Zusammenhang gesetzte Kunstrichtung in einem anderen Licht erscheinen lässt. Seine dreidimensionalen Skulpturen aus Holz und lackierter Faserplatte beweisen handwerkliches Können im Einklang mit einer feinen kreativen Ausgestaltung.
Alexander Fabi präsentiert minimalistische, kugelsphärische Objekte aus Stahl mit recht- und dreieckigen Einschnitten, die mit ihrem Schattenwurf und ihrer Kanten- und Linienführung je nach Position des Betrachters mal geschlossen, mal sich öffnend erscheinen. Ein weiteres Werk aus lackiertem Stahl mit dem Titel „Wenn bei Capri der Todesstern im Meer versinkt“ möchte den Besucher zum Schmunzeln animieren, wenn auch eine zeitkritische Interpretation legitim erscheint.
Hans-Gustaf Weltzer ist mit einer Serie von kleinen Farbholzschnitten sowie zwei einzelnen Holzschnitten in der Ausstellung vertreten, bei denen er seinem eigenen Stil, seiner Herangehensweise an den gestalterischen Prozess, vor allem aber seinem Humor und seiner Freude an der Kunst treu bleibt. Renate Schletterer konzentriert sich in Ihren Aquarell-Stillleben auf das „Schöne“ in der Kunst und rundet so die Vielfalt, die der Rothenburger Künstlerbund zu bieten hat, ab.
Zur Nachwuchsförderung wurden die beiden Werke von einer Preisträgerin in der Altersgruppe 18 bis 21 Jahren der Jugendstiftung Schmidt, Talitha Wagner, in die jetzige Ausstellung übernommen, um diese einer noch größeren Öffentlichkeit zu zeigen und dem Nachwuchstalent einen angemessenen Raum zur Präsentation ihres Könnens einzuräumen. Die 19-jährige Insingerin studiert Textildesign an der Fachhochschule Reutlingen und lernt innovative Konzepte und Individualität mit technischer Durchführung zu verbinden.
Kunst und Broterwerb
Bei der Beurteilung der neuen Ausstellungen möchte der Künstlerbund berücksichtigt sehen, dass sich in dem Verein lokale Künstler aus zwei Generationen zusammengefunden haben, die in ihrer Gesamtheit weder einer konkreten Kunstrichtung zuzuordnen sind, noch über ein gemeinsames Manifest verfügen. Das älteste Mitglied ist über achtzig Jahre alt, das jüngste Anfang 30. Die größte Gemeinsamkeit ist die örtliche Nähe. Themenausstellungen werden von der Mehrheit der Künstler eher als Einschränkung, denn als Herausforderung empfunden und stößt zumeist auf Ablehnung. Die meisten Mitglieder haben eine akademische Bildung oder eine entsprechende Fachausbildung, müssen aber einer geregelten Arbeit nachgehen und können sich nicht voll auf die Kunst konzentrieren, wie sie es sich eigentlich wünschen würden.
In einem „so betriebsamen Jahr“ mit Schülerausstellung, Werkeschau an Ostern und im September, Gruppenausstellung in der Korn-Halle, Reichstadttage- und Märchenwoche-Aktionen, Jugendstiftung-Kunstwettbewerb, werde die künstlerische Diskussion „leider zu wenig gehandhabt“, sagte Peter Nedwal in seiner Rede bei der Ausstellungseröffnung. Der Alltag lässt Kunstschaffenden oft wenig Zeit für Kreativität und Austausch. Diese Auseinandersetzung unter Gleichgesinnten helfe der Positionierung des einzelnen Kunstschaffenden. „So muss jeder Künstler, der seine Arbeit ernsthaft betreibt, sich immer wieder selbst die Frage stellen, wo stehe ich mit meiner Arbeit in diesem Zeitgefüge“, betonte der Künstlerbund-Vorsitzende und fügte hinzu: „Die gemeinsame Diskussion über die einzelnen Arbeitsansätze als eine Art Manöverkritik fördert die eigene Argumentation zum Werk und ist hilfreich für die Selbsteinschätzung.“
Man könne mit einer Arbeit „schnell ins Belanglose abdriften und sich dabei vorspielen, dies sei der große Wurf, weil sie schön aussieht.“ Peter Nedwal verwies darauf, wie riskant es sei, Schönheit zu definieren: „Ein Unterfangen, an dem sich schon Paris mit der schönen Helena gewaltig die Finger und dabei noch viel mehr verbrannte.“ Augenzwinkernd warnte er die Ausstellungsbesucher davor, „sich nicht die Zunge zu verbrennen“ bei der Diskussion über die Schönheit der ausgestellten Kunstwerke. sis