Rothenburg hebelt mit Antifest NPD-Kundgebung aus
ROTHENBURG – Fetzige Musik, aufrichtige Bekenntnisse zu Toleranz, Vielfalt und Menschenwürde sowie Tanz zu südamerikanischen Rhythmen hat Rothenburg der geplanten NPD-Kundgebung entgegengesetzt und sie so auf bunte, friedliche und sympathische Weise ausgehebelt.
Schon kurz vor 10 Uhr war der aus drei Autos bestehende Wagenkonvoi der NPD an der Jakobskirche vorgefahren. Eine Sitzblockade von Gegnern unterband das Einbiegen auf den offiziell genehmigten Kundgebungsplatz Grüner Markt. Der rechte Tross saß fest und wurde von einem großen Polizeiaufgebot durch Absperrgitter vom Kirchplatz ferngehalten, wo die Gegendemonstration lief.
Wie berichtet, hatte der „Runde Tisch” sich auf Einladung von Oberbürgermeister Walter Hartl auf diese gemeinsame Aktion gegen die NPD-Kundgebung verständigt. Beteiligt waren dabei die Fraktionen des Stadtrats, die Kirchen, die „Buntenburg“-Freunde, das Quartiersbüro, der Hotel- und Gaststättenverband sowie auswärtige Organisationen. In Ansbach hat die Bürgerbewegung für Menschenwürde und die lokale Allianz gegen Rechtsextremismus einen „Solidarisierungsaufruf“ im Internet erlassen und Fahrten nach Rothenburg angeboten.

Auf dem Kirchplatz: Während Rothenburg ein buntes Fest feierte, kam die NPD weder vorwärts noch rückwärts. Fotos: Weber
Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, wie Polizeisprecher Robert Schmidt vom Präsidium in Nürnberg erklärte, wurde davon abgesehen, die Blockade zu räumen und den Weg freizumachen zum Grünen Markt. Kurze Zeit sah es so aus, als müsse die NPD mit ihren beiden „Zugpferden“ Karl Richter (Landesvorsitzender) und dessen Stellvertreterin Sigrid Schüßler wieder unverrichteter Dinge abziehen und auf eine Lautsprecherfahrt durch Rothenburg ausweichen. Dann durfte sie ihre Verstärkerboxen doch auspacken, allerdings nicht, wie ursprünglich geplant, am Grünen Markt, sondern direkt zu Füßen der Jakobskirche.
Freilich war von den Parolen und Erklärungen der beiden Vorzeigefiguren der bayerischen NPD so gut wie nichts zu verstehen. Sie gingen im Phon-Gewitter, im Konzert der vielen Trillerpfeifen und in Sprechchören komplett unter, das auf dem Kirchplatz inszeniert wurde. Gerade mal eine gute Viertelstunde versuchten die beiden Redner irgendwie doch dagegenzuhalten. Dann gaben sie auf und signalisierten, dass es Zeit wird zum Zusammenpacken und Weiterfahren.
„Frei statt bunt“ hatten die Rechten als Parole ausgegeben. „Frei ist bunt“ machten die Aktivisten des Gegenbündnisses daraus und reklamierten damit betont den Aspekt der vielfältigen Gesellschaft für Rothenburg und für das Zusammenleben hier. Man müsse hinschauen und aufmerksam machen, wenn die Würde von Mitmenschen verletzt werde, wenn Toleranz und Respekt in Gefahr seien, betonte Pfarrer Dr. Oliver Gußmann, der als Moderator auf dem Kirchplatz fungierte.
Mit rund 400 Teilnehmern hatten die Veranstalter auf dieser Seite der Barriere wesentlich mehr Resonanz erzielt als die NPD, die alles zusammengerechnet gerade mal ein rundes Dutzend Leute auf die Beine brachte. Til Schlegel und Oliver Krauthan sorgten mit Reggae und Dance hall für den pfiffigen musikalischen Rahmen. Jörn Menge war eigens aus Hamburg nach Rothenburg geeilt, um hier dabei zu sein. Er habe ja schon etliche Nazi-Aufmärsche erlebt, aber „so bunt und so geil“ wie hier sei noch nicht darauf geantwortet worden.
Oberbürgermeister Walter Hartl zeigte sich „stolz auf dieses Rothenburg“. Einige Sprecherinnen und Sprecher verlasen Erklärungen zu Toleranz, Menschenrechten und Menschenwürde. Auch Dekan Hans-Gerhard Gros und Pfarrer Harald Sassik zeigten mit kurzen Beiträgen Flagge. Glockengeläut von St. Jakob, St, Johannis und Heilig Geist erklang zum Dank für den glücklichen Ausgang und für „Frieden in unserer Stadt und mit allen Völkern.“ -ww-