Tagungshaus bietet Kontinuität und plant in diesem Jahr auch Neues
ROTHENBURG – Eine Besonderheit wieder zum Leben erwecken: Vor hundert Jahren, 1917, verkaufte Wildbad-Erbauer Friedrich Hessing sein gesamtes großes Kurhausensemble mit Parkgelände für nur 168300 Mark. Neuer Besitzer war die Genossenschaft deutscher Bühnen-Angehöriger in Hamburg, die noch heute unter diesem Titel firmiert. Ein paar Jahre lang avancierte das Wildbad damit zu einem beliebten Erholungsheim für Schauspielerfamilien und wurde ein „Künstlerhaus“.

Alles andere als im Winterschlaf: Das Wildbad rüstet sich für ein ambitioniertes Jahresprogramm. Foto: Müller
In gewisser Weise knüpfe die evangelische Tagungsstätte dort 100 Jahre nach Hessing mit einem neuen Programmakzent an, sagt Einrichtungsleiter Pfarrer Herbert Dersch. Ab voraussichtlich Jahresmitte 2017 wird im Wildbad ein sogenanntes „Artist-in-Residence-Projekt“ starten. Dabei sollen bereits ausgewiesene Künstlerpersönlichkeiten oder Künstlergemeinschaften hier mehrere Wochen oder Monate arbeiten, leben und künstlerische Spuren im Wildbad-Park hinterlassen.
Noch steckt das Pilotprojekt 2017 in der Planungsphase, sagt Herbert Dersch. Mehr und konkrete Details dürften im Februar beziehungsweise März erwartet werden, auch zu den Projektförderern, Partnern und den „von vornherein mitgedachten Vernetzungsmöglichkeiten“ hin zu Dekanaten und Partnerdekanaten, zur Evangelischen Erwachsenenbildung, ebenso zu Schulen, Museen, Künstlerbund oder Einrichtungen in der Stadt und der Region.
Frei zugänglicher Park
„Auch mit diesem Vorhaben steht das Wildbad zu seinem Auftrag als Tagungsstätte der evangelischen Landeskirche und zu seiner Tadition, ein offenes Haus mit frei zugänglichem Park, ein Ort für die Rothenburger, das Umland, für Menschen aus der Region und weit darüber hinaus zu sein“, ergänzt Herbert Dersch. Es hätte die Rothenburger Bürger bereits zu Hessings Zeiten, wie der Fränkische Anzeiger damals berichtete, „zu regem Besuch höflichst“ eingeladen und tue es auch heute. Zugleich ergäben sich immer neue Kooperationsmöglichkeiten.
Deutlich wird dies gleich mit Beginn des Jahres. Das Wildbad ist mit dem Seniorenbeirat Rothenburg gemeinsam Gastgeber für interessante Programme für die Generation 60 plus. Eine Veranstaltung davon liegt sogar in der Hand der fünf jungen Leute, die derzeit ihr Freiwilliges Soziales Jahr im Wildbad ableisten, der Seniorenfasching mit der Faschingsgesellschaft Illesheim am Sonntag, 22. Januar.
Fortgeführt werden im gesamten Jahr 2017 die regelmäßigen musikalischen, literarischen und anderen öffentlichen Programme für Erwachsene und Familien sowie wechselnde Ausstellungen. Nachdem das Wildbad beim „Podium junger Musiker“ in den Monaten Januar bis März schon zum vierten Mal mit Studierenden aus Nürnberg zusammenarbeitet, werden hier im Frühjahr erstmals auch Studentinnen und Studenten der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg erwartet. Ihre künstlerischen Arbeiten präsentieren sie der Öffentlichkeit ab Ostersonntag.
Den Auftakt zur Konzertreihe „Podium junger Musikanten“ gibt am Sonntag, 8. Januar, ab 15 Uhr das Klavierensemble „Vivo“. Es spannt seinen musikalischen Bogen vom Adagio und Rondo Concertante von Franz Schubert über Johannes Brahms bis zu Gustav Mahler. Im vergangenen Jahr war das Ensemble unter anderem beim Lorenz-Sebalder Sommerkonzert in Nürnberg zu hören. Es wurde gefördert durch die von Yehudi Menuhin gegründete Organisation „live music now“ Franken.
Am Sonntag, 5. Februar, wird im Wildbad ein Trio mit dem Geiger Moritz König gastieren. Seine künstlerischen Fähigkeiten wurden erst kürzlich mit dem „Leonhard und Ida Wolf Gedächtnispreis“ der Stadt Fürth gewürdigt. Für das Programm im Wildbad stellt er unter anderem Werke von Mozart neben die von Moszkovski und Monti. Ein Klarinettenquintett der Hochschule Nürnberg wird die Reihe am Sonntag, 5. März, beschließen. Alle Musikerinnen und Musiker moderieren ihre etwa einstündigen Konzertprogramme selbst. Der Eintritt zu den Veranstaltungen ist kostenfrei; Spenden sind erwünscht.
Kulinarische Genüsse
Das traditionelle Sonntagscafé des Wildbads – sonst nur zwischen Ostern und Erntedank geöffnet – wird seine Kaffee- und gebackenen Spezialitäten an allen drei Sonntagen wie üblich von 13.30 bis 17 Uhr anbieten und auf diese Weise den zu erwartenden musikalischen noch besondere kulinarische Genüsse hinzufügen.
Am Ostermontag erfolgt die lange in Aussicht gestellte Wiedereinweihung der historischen Freiluftkegelbahn im Park mit der Oldtime Jazzband Rothenbug – 110 Jahre nach ihrer Eröffnung. Aus Gründen unerwarteter Vorrangigkeit anderer Bauarbeiten im Park war die Übergabe der sanierten Bahn mehrfach verschoben worden. Im aktuellen Jahresplan steht auch wieder ein „Sundowner“-Termin mit „Grenzkunst“. Das Musikereignis für die junge Generation findet Ende April bereits zum fünften Mal statt.
Zahlreiche weitere Veranstaltungen und die Tagungen im Wildbad heben die inhaltliche Schwerpunktsetzung „In Verantwortung leben“, was laut Herbert Dersch den Erhalt und die Bewahrung übernommener Schätze für die Enkelgeneration einschließt, noch deutlicher hervor. Sie setzen sich konstruktiv und reflektierend unter anderem mit ethischen und Glaubensfragen, mit verantwortlicher Lebens- und Wirtschaftsgestaltung, mit Schöpfungsverantwortung, dem Zusammenleben von Menschen oder gesellschaftlichen Perspektiven auseinander.
Kompetenzen einbringen
Auch hier ist die Zahl der Kooperationspartner, die besondere fachliche Kompetenzen einbringen und einfach gern im Wildbad zu Gast sind, groß: das Institut „persönlichkeit und ethik“ Fürstenfeldbruck, beispielsweise, der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt in Bayern, das Fachreferat für Weltanschauungen der (Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern), die Augustana-Hochschule, die Evangelische Akademie Tutzing, das „Cursillo-Team“ oder das Team des „Frauenfrühstücks“, Dekanate, Chor- und Posaunenchorverbände und andere mehr. cr