Freiwilliges Soziales Jahr ist Dienst an Gesellschaft und eigener Persönlichkeit
ROTHENBURG – „Gemeinsam und freiwillig anderen Menschen helfen und dabei sich selbst entdecken“ – mit diesen Aussichten möchte das Diakonische Werk Bayern junge Menschen für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) gewinnen. Der Freiwilligendienst ist eine prägende Zeit für die persönliche Reife der jungen Leute und gleichzeitig sind sie für die Mitarbeiter der Sozialdienste eine wichtige Unterstützung. Doch der Bewerberandrang hält sich zumindest im sozialen Bereich in Rothenburg scheinbar in Grenzen.

Ute Breitenbücher vom Evangelischen Krankenverein betreut Oliver Körber. Fotos: Scheuenstuhl
So sucht etwa die Diakoniestation Evangelischer Krankenverein Rothenburg schon seit einem Jahr händeringend nach einem sogenannten FSJler (unter 27 Jahren) oder einem Bundesfreiwilligendienstler (über 27 Jahren). Offen, empathisch und zuverlässig sollte er oder sie sein, betont Ute Breitenbücher vom Evangelischen Krankenverein. Und ganz wichtig: Er sollte einen Führerschein besitzen. Weitere positive und für die Arbeit wichtige soziale Kompetenzen entwickeln die jungen Freiwilligen im Laufe ihres Dienstes – dazu sind diese zwölf Monate ja schließlich auch da.
Zu den Aufgaben des Freiwilligen gehört beispielsweise Mittagessen an die zu Betreuenden auszuliefern. FSJler werden aber auch eingesetzt, um diese zum Arzt oder zur Demenz-Betreuungsgruppe in der Diakoniestation zu fahren sowie mit ihnen zum Einkaufen zu gehen. Hauswirtschaftliche Tätigkeiten müssen FSJler nicht ausführen.
Vorteile liegen auf der Hand
Für Ute Breitenbücher liegen die Vorteile für die jungen Leute auf der Hand, wenn sie ein Jahr lang direkt mit Menschen zu tun haben, die in der einen oder anderen Form auf Unterstützung angewiesen sind. „Es wird ihnen dadurch bewusst, dass ihre Jugend und Gesundheit nicht selbstverständlich sind“, sagt sie. Ein Freiwilligendienst beim Krankenverein sei auch jenen zu empfehlen, die später einmal nicht unbedingt einen medizinischen Beruf ergreifen wollen. So waren unter den Freiwilligen der letzten Jahre zum Beispiel auch Maler und Bäcker.
„Die Freiwilligen lernen Menschen unter anderen Lebensumständen kennen, die aber interessante Lebenswege haben“, ergänzt Walter Körber, der selbst seit vielen Jahren durch seinen Sohn Oliver mit Zivildienstleistenden und nun eben FSJlern zu tun hat. Oliver Körber leidet an der Glasknochenkrankheit und ist dadurch in seiner Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt. Der tägliche Besuch eines FSJlers ist für ihn oftmals mehr als eine reine Betreuungsbeziehung.
Mit vielen der bisherigen Freiwilligen, die zu ihm zum Waschen, Umziehen, Zähne putzen und Computer hinstellen gekommen sind, entwickelte sich auch ein persönlicher Kontakt. Mit Dominik, einem seiner bislang letzten FJSler, habe es „genau gepasst“. Es sei kein Tag vergangen, an dem sie sich nichts zu erzählen hatten.
Eine derart freundschaftliche Beziehung zwischen Patienten und FSJler kann, muss aber nicht entstehen, betont Oliver Körber. Hier gebe es keinerlei Verpflichtungen. Die langjährige Erfahrung mit Freiwilligen hat ihm aber gezeigt, dass es im Schnitt immer „sehr gut“ klappt. Auch seine Krankheit stellt für die jungen Leute keine große Herausforderung dar. Zum einen werden die Freiwilligen am Anfang in allen Tätigkeiten angeleitet, erklärt Ute Breitenbücher. Zum anderen gibt Oliver Körber stets ganz genaue Anweisungen, wann im körperlichen Umgang besondere Vorsicht geboten ist.

Freiwilligendienstleistende werden für ihren Einsatz bei gemeinsamen Aktivitäten mit den zu Betreuenden sehr geschätzt.
Positive Rückmeldungen
Ute Breitenbücher und auch Familie Körber haben vor allem positive Rückmeldungen einstiger FSJler zu ihrem Einsatz bei dem Evangelischen Krankenverein bekommen. So seien sie froh gewesen, sich für diesen Dienst entschieden zu haben. „Das FSJ verschaffte mir eine neue Sicht auf viele Dinge“, zog auch Dominik in einem früheren Gespräch mit der Redaktion Bilanz.
Der Freiwilligendienstleistende hat in den zwölf Monaten seines Einsatzes auch 25 Bildungstage (Einführungs-, Zwischen- und Abschlussseminar) sowie 28 Tage Urlaub. Es wird ein Taschengeld, ein Verpflegungsgeld und eine Fahrtkostenpauschale gewährt, die etwa 500 Euro (netto) betragen. Die jeweilige Einsatzstelle zahlt für den Freiwilligendienstleistenden auch die kompletten Beiträge zu den Sozialversicherungen. Der Anspruch auf Kindergeld bleibt in der Regel weiterhin erhalten.
Ein Freiwilliges Soziales Jahr ist in einer Vielzahl von Einrichtungen in und um Rothenburg möglich. 2015 engagierten sich deutschlandweit bei den Evangelischen Trägern etwa 8500 Jugendliche und junge Erwachsene im FSJ. Der Evangelische Krankenverein sucht ab sofort FSJler. Weitere Informationen – beispielsweise auch, wenn man vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Dienstjahr beginnen möchte – gibt es unter Telefon (09861) 93727. mes