Quantcast
Channel: Fränkischer Anzeiger
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3488

Das „Fablab“ richtet sich ein

$
0
0

Zukunftswerkstatt wird am vierten Februar-Wochenende im Jugendzentrum eröffnet

ROTHENBURG – Es tut sich einiges im zweiten Stock des Jugendzentrums. Dort richtet gerade das „Fab-lab Region Rothenburg“ seinen Stützpunkt ein. Der Verein ist Teil jenes Netzwerkes offener und nicht auf Profit ausgelegter Werkstätten zur computergesteuerten Fertigung in der ganzen Welt.

Vorstandsriege und Aktivisten bereiten den Start der Einrichtung bei offizieller Eröffnung vor geladenen Gästen am Freitag, 21. Februar, und mit einem „Tag der offenen Tür“ für alle Interessierten am Samstag, 22. Februar, vor. Sie lassen dabei schon im Vorfeld jede Menge spüren von dem Geist, der im Fablab herrschen wird: Sich auf unbekannte Herausforderungen einlassen, und sich damit Schritt für Schritt Erkenntnisse verschaffen, die einen voranbringen und die sich eines Tages vielleicht sogar in irgendetwas ganz Bahnbrechendem niederschlagen könnten. Beim Ausstatten der „Zukunftswerkstatt“ wird dieses Bekenntnis und Verständnis zur praktischen Schlüsselübung.

„Das haben auch wir noch nie gemacht,“ meint Thomas Branz und zieht die Augenbrauen hoch, als sei er richtig wild darauf, gleich anzufangen. Er packt gerade aus einem Karton die Bestandteile eines 3D-Druckers aus. Ob es ein Kinderspiel wird, aus diesem Bausatz die vielen Einzelteile zu einem Gerät zusammenzusetzen, das nach einer Computerzeichnung dreidimensionale Abbildungen herstellen kann?

Seine Mitkämpfer kommen hinzu, um das Paket samt Inhalt zu begutachten. Fablab-Vereinsvorsitzender Dr. Christoph Luckhardt von der Entwicklungsabteilung von „Electrolux“ ist ebenso dabei wie sein Stellvertreter Stefan Stiegele. Letzterer führt die nach ihm benannten Datensysteme GmbH in der Herrngasse für Mess- und Prüfstandstechnik.

Für Karin Schmidt, Wirtschaftsförderin bei der Stadt Rothenburg und Wegbegleiterin des Fablabs Rothenburg und Umgebung von der ersten Stunde an, ist es ein Anliegen, gerade auch in dieser Phase am Ball zu bleiben und die Einrichtung bei den konkreten Schritten zur Realisierung des eigenen Stützpunkts unterstützen. Sie darf nicht fehlen in dieser wichtigen Phase.

Die Aktivisten packen den 3D-Drucker-Bausatz aus: v.l. Branz,Schmidt, Dr. Luckhardt, Stiegele. Fotos: Weber

Die Aktivisten packen den 3D-Drucker-Bausatz aus: v.l. Branz,Schmidt, Dr. Luckhardt, Stiegele. Fotos: Weber

Kostengünstig und doch effektiv muss die Ausstattung sein zum Start des „Fablab Region Rothenburg“. Bei jenem 3D-Drucker, der hier in mehr als 40 größeren Einzelteilen und unzähligen Kleinteilen angekommen ist und zusammengesetzt werden muss, handelt es sich um einen mit 0,1 Millimeter Auflösung, ein nur 800 Euro teures, sogenanntes „OAmpen-source“-Gerät. Das heißt, der Bausatz besteht aus lauter handelsüblichen Einzelteilen, angefangen von der Steuerung und dem Mikrocontroller bis hin zum „Lego“-Kunststoff ABS, der sich in gelber Farbe aufgerollt auf einer Kabeltrommel zeigt.

Der andere 3D-Drucker des „Fab­lab“ ist einer mit 0,02 Millimeter Auflösung. Er kostet rund 2400 Euro und ist fix und fertig montiert. Ein solches Gerät kann, wie die Bausatz-Variante auch, mit flüssigen oder fes­ten Stoffen aus einer dreidimensionalen digitalen Vorlage über physikalische oder chemische Härtungs- oder Schmelzprozesse ein dreidimensionales Werkstück machen.

Vorteil gegenüber dem traditionellen Spritzgussverfahren: Es muss keine aufwändige Form hergestellt werden. Im Gegensatz zu Schneiden, Drehen und Bohren, wo ja immer Substanz weggenommen wird, entfällt hier von vornherein programmierter Materialverlust. Auch vom energetischen Aufwand her ist dieses Verfahren meist günstiger, weil das Werkstück nur in der benötigten Größe und Masse aufgebaut wird. Bei Materialkosten von 30 bis 50 Euro pro Kilo ABS und Betriebskosten von rund 50 Euro pro Jahr hält sich der finanzielle Aufwand in Grenzen.

Das teuerste Gerät steht an einer Station mit mehreren Computerarbeitsplätzen. Es handelt sich um einen Lasercutter, der knapp 11000 Euro kostet. Damit lässt sich selbst im dreidimensionalen Bereich alles präzise und berührungslos wie mit einem Schneidbrenner in die gewünschte Endfasson bringen oder korrigieren, egal ob es nun um den Umriss, um Durchbrüche oder um anderes geht.

CNC-Fräse (fürs 3D-Bearbeiten auch komplizierter Konturen per Computer-Programmierung), Vinylcutter, Transferpresse (beides für das Bedrucken verschiedener Materialien und auch für das Zuschneiden bestimmter Teile erforderlich) und Co. wie ein Computer-Netzwerk, das beispielsweise die Kommunikation mit anderen Fablabs per Videokonferenz ermöglicht, runden die Erstausstattung dieser Zukunftswerkstatt ab.

Insgesamt stecken allein rund 20000 Euro Anschaffungskosten in dieser Startausstattung. Die vielen gebrauchten oder per Materialspende überlassenen Ausstattungsgegenstände vom Bürostuhl über Werkzeuge (unter anderem aus Jugendzentrums-Beständen), den Arbeitstisch bis zum Regal sind da nicht einmal mitgerechnet. Drei Firmen, die das Projekt von Anfang an fördern, greifen der neuen Einrichtung bei der Erstausstattung als Hauptsponsoren besonders großzügig unter die Arme: Electrolux, Ebalta und Stiegele.

Aber auch die Stadt Rothenburg lässt sich nicht lumpen. Sie hat bei der Suche nach dem Fablab-Standort für den entscheidenden Durchbruch gesorgt und bringt die Räume ein. Dabei geht es eben um jenen Bereich im zweiten Stock des Probstschen Schulhauses, der vom Jugendzentrum der Stadt früher als Holz- und Metall-Werkstatt sowie fürs Siebdrucken genutzt wurde und seit längerem nicht mehr gebraucht wird.

Dort waren die Hölzer der Deckenkonstruktion gebrochen. Die Lehmfüllung hatte sich selbstständig gemacht und ihren Weg durch die abgehängte Decke gesucht. Es musste also in diesem Bereich ohnehin etwas getan werden für den Bestand des historischen Gebäudes. Diese Ausgangslage wurde genutzt, um eine auf die neue Nutzung zugeschnittene Lösung zu schaffen. Die Reparatur der Decke samt neuer Brandschutz- und Schalldämm-Abhängung ging Hand in Hand mit zusätzlich eingebauten Steckplätzen im Hinblick auf Elektrik und EDV. Trennwände wurden herausgenommen. Der vorhandene Parkettboden erhielt durch Abschleifen und Versiegelung frischen Glanz. Rund 75000 Euro wurden von der Stadt unter dem Strich investiert.

Zum überarbeiteten, erneuerten und teils mit moderner Präsentationstechnik ausgestatteten Bereich im zweiten Stockwerk des Jugendzentrums gehört auch der vorhandene Spiegelsaal. Wirtschaftsförderin Karin Schmidt führt Ergänzungsliste, als wir vorbeischauen im Fablab an diesem Nachmittag. Sie hält schriftlich fest, was noch dringend gemacht werden müss­te bis zum Start und was noch fehlt an Ausstattung. Es besteht beispielsweise noch Bedarf an Regalen, Schränken, Drehstühle und vielem mehr.

„Wir freuen uns über alles, was uns zur Verfügung gestellt wird, auch wenn es gebraucht ist,“ betont die Wirtschaftsförderin. Wer das Fablab unterstützen möchte oder sich dafür interessiert, kann sich unter der Internet-Kontaktadresse „vorstand@fab-lab-rothenburg.de“ direkt an die Einrichtung wenden. Karin Schmidt: „Vorstand und Initiativteam danken allen bisherigen Helfern und Sponsoren, die den Weg zu einem eigenen Fablab in Rothenburg mit möglich gemacht haben.“

Es gibt auch eine Wunschliste, deren einzelne Punkte sich mit Spenden oder gezielten Gaben Stück für Stück realisieren ließe. Strickmaschine, Flachbett-Scaner, Telescop, Lötkolben, Oszilloskop, Frequenzgenerator, Labornetzteil, Elektrowerkzeug und diverse Bauteile sind dort als weitere Anliegen bei der Ausstattung aufgeführt. Hier im Fablab sollen Ideen entstehen, losgelöst von Anwendungen und kommerzieller Verwertbarkeit,“ betont Stefan Stiegele. Die Aktivisten, die hier gemeinsam Hand anlegen, bekennen sich begeistert zu ihrer Einrichtung als kreative Technikzelle und als Hort für computergestütztes Probieren und Forschen für Rothenburg und Umgebung. Seit zwei Jahren wird von der „Initiative Fablab Rothenburg“ engagiert daran gearbeitet, eine offene, digitale und weltweit vernetzte „Hightech-Werkstatt“, also eine Zukunftswerkstatt fürs Tüfteln an Stücken bis zum fix und fertig ausgeformten Pilotexemplar und fürs Spielen mit Gedanken und Entwürfen, in der Tauberstadt zu etablieren.

Schüler, aber auch Erwachsene, kurzum Interessierte jeden Alters, sollen hier die Möglichkeit haben, Technik und Kreativität in ihrer vielfältigen und modernen Variante zu erleben. Die Stadt erhält auf diesem Weg einen wichtigen Impuls und positioniert sich ein Stück weit neu und als Ort der Bildung, der Forschung und der Entwicklung. Dass die Tür weiter geöffnet wird in dieser Hinsicht gilt nicht zuletzt auch als wichtiges arbeitsmarktpolitisches Signal. Rothenburg braucht qualifizierte Arbeitskräfte am Ort, wenn die Firmen qualifizierte Stellen anbieten sollen, um auf Niveau zu entwickeln und zu produzieren.

Für den Betrieb der Zukunftswerkstatt ist angedacht, jeden ersten und dritten Freitag im Monat ein „Openlab“ anzubieten. Dabei handelt es sich um Öffnungszeiten, die jeder Interessierte nutzen kann, um hier auszuprobieren oder konkrete Vorhaben voranzutreiben. Die Einrichtung erhebt keinen Eintrittspreis. Bezahlt werden muss nur das verbrauchte Material. Darüber hinaus sollen Zeiten für Mitglieder angeboten werden.

Gesucht werden noch Tudoren, die der Einrichtung ihre Zeit zur Verfügung stellen und sich einbringen. Workshops, also Arbeitskreis-Angebote, sind geplant. Bei der Eröffnung sollen Themen und Termine feststehen. Auch die Kontakte zu den Schulen spielen eine große Rolle für das Fablab. Lehrern ist bereits gezielt gezeigt worden, wie sich die neue Einrichtung fürs Lernen einsetzen lässt. Im Netzwerk Schule/Wirtschaft besteht eine eigene Arbeitsgruppe für das Fablab.

Das kommende Unternehmertreffen findet bereits in der Zukunftswerkstatt statt. Eine gute Gelegenheit für die Chefs, sich im Vorfeld der Eröffnung hier umzuschauen und sich zu informieren. -ww-


Viewing all articles
Browse latest Browse all 3488


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>