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Offene Wünsche im Advent

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Künstlerbundschef Peter Nedwal zur Vernissage nur „beinahe glücklich“

ROTHENBURG – Nur unglückliche Künstler sind gute Künstler? So gefragt war es am Ende dann doch beruhigend, dass sich Peter Nedwal bei seiner Eröffnungsrede zur traditionellen Ausstellung des Künstlerbundes im Fleischhaus nur „beinahe wunsch­­los glücklich“ zeigte. Das nicht Besenreine des Raumes hatte ihm leicht die Stimmung verhagelt.

„Bis vor wenigen Stunden sah es zum Fürchten aus“, kommentierte der Künstlerbundsvorsitzende die diesmal ob der Bauarbeiten im Gewölbe etwas stressige Vorbereitung. Er sei schon drauf und dran gewesen, alles abzusagen. Tat er dann doch nicht, nicht zuletzt, weil das Stadtbauamt beherzt beim Aufräumen half, wofür sich Nedwal ausdrücklich bedankte und dem verpassten Wunsch noch einen erfüllbaren hin­terherschob. Der Künstlerbund wünscht sich mehr Licht im Saal, womöglich inspiriert durch die neue Außenbeleuchtung der Gewerbehalle und des Herterichbrunnens.

Sie war es auch, die Oberbürgermeister Walter Hartl in seiner Grußrede als Grund für die von Nedwal beklagten Unannehmlichkeiten anführte – mit Bitte um Nachsicht. Er habe persönlich darauf gedrängt, dass die Außenbeleuchtung zur Reiterlesmarkteröffnung auch funktioniere.

Neu beim Künstlerbund. Sylvia Krieg zeichnet in Tusche. Fotos: Düll

Neu beim Künstlerbund. Sylvia Krieg zeichnet in Tusche. Fotos: Düll

Ansonsten sprach der Rathauschef sein Kompliment für die Galerie aus und freute sich, dass neue Mitstreiter hinzugekommen seien. Auch er hegt einen Wunsch: Der Künstlerbund möge seinem, wie er sagte, großen Potential entsprechend übers Jahr hinweg stärker an die Öffentlichkeit treten. „Stellen sie ihr Licht nicht unter den Scheffel und zeigen sie Engagement“, so der Oberbürgermeister.

Dabei schien es, als machte diese Ausstellung schon mal einen Anfang. Die Arbeiten wirken allesamt inspiriert. In manchen fließt sozusagen „frisches Blut“. Die Würzburgerin Sylvia Krieg bereichert die Galerie mit Tuschezeichnungen von irischen Landschaften und Tieren, die sich durch Wesenstiefe, zeichnerische Kraft und einen reifen Strich auszeichnen.

Neu beim Künstlerbund ist auch Evelyn Weiß, über deren Keramiken ein märchenhafter, fürstlicher Zauber liegt, ebenso wie bisweilen ein anatomischer, aktbildnerischer Zug. Wenn sich ein roter Faden ausmachen lässt, dann vielleicht der des Porträts. Diese Gattung kommt wie immer strahlkräftig, diesmal in klassizistischer Medaillonform bei Johanna Kätzel vor. Renate Schletterer wiederum porträtiert zwei mit ihr befreundete Rothenburger Damen in Aquarellfarben als Hutträgerinnen treffend. Auch die Maskenspiele Peter Nedwals in bunten, plakativen Miniaturbildern und einer Kleinskulptur mag man als ein dem Porträt verwandtes, forschend-experimentelles Typisieren betrachten. Zwischen Konterfei und Seelenraumgemälde bewegen sich Maria Semmers Bilder: Die einen wirken fast ein wenig altniederländisch dunkel, sind von lautlosem Kolorit, die anderen (korallenriffbunte Fische) wie das Pendant dazu.

Fesselnd auch die malerischen Traumnovellen des japanischen Wahl­­­rothenburgers Eiichi Takeyama, der die zum Klischee erstarrte Vorstellung vom Zauberbann Rothenburgs völlig neu und visionär erfindet. Erfreulich auch, dass Bernhard Karlstetter sich in der Galerie zurückmeldet. Seine subtile Farbflächenpoesie hat ein Moment hinzugewonnen, das rein der Form nach an den befreit abstrakten Stil der Sechzigerjahre erinnert und in diesem Kontext spannend wirkt – eine Art von „Free Jazz“ in Farben. Auch Hans-Gustaf Weltzer hat kurz nach seiner Einzelausstellung ein paar anregende Denkbilder zur Galerie im Fleischhaus beigesteuert. Nicht alle Werke der Ausstellung sind namentlich ausgezeichnet, vielleicht ja eine Folge der etwas gehetzten Vorbereitung.

Einen allerdings brauchte man nicht vorzustellen. Klarinetten-Ass Wolf­­­gang „Muffel“ Weth bezauberte mit gehoben launigen Impromptus, darunter ein Tango(-le) aus der Feder seines Freundes, des Komponisten Herbert Ferstl, der dem Virtuosen eine ganze Reihe solcher Titel auf den Leib geschrieben hat. „Muffel“ sagte zwischendurch übrigens auch etwas, was man als weisen Rat verstehen durfte bezüglich der Beinahe-Zufriedenheiten über die nicht mehr und die noch erfüllbaren Wünsche: „Sechs-Achtel sind auch drei Viertel“, meinte er, wohl auch deswegen, weil man als Musiker ja schlecht Fünf gerade sein lassen kann. hd


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