Bei der Gedenkstunde zum Volkstrauertag zeigt sich Pfarrer Harald Sassik betroffen
ROTHENBURG – Die Meinungsfreiheit, die Glaubensfreiheit sowie die Freiheit und Würde der Person hat Pfarrer Harald Sassik von der katholischen Gemeinde gestern bei der Gedenkfeier zum Volkstrauertag im Burggarten als Basis unserer Gesellschaft und unseres Wertesystems hervorgehoben. Beim Gedenken in Schillingsfürst forderte Bürgermeister Michael Trzybinski, aus der leidvollen Vergangenheit müssten Lehren gezogen werden.
Leider seien besagte Grundrechte nicht in allen Ländern gegeben, machte Sassik an einem konkreten Beispiel deutlich. Vor wenigen Wochen erst habe er mit einem früheren Gast seiner Pfarrei persönlich sprechen können. Er kommt aus Pakistan: Erzbischof Sebastian Shan. Dort steht er unter Polizeischutz und darf nur unter Sicherheitsauflagen sein Haus verlassen. Warum? Weil er Christ und Bischof ist.

Pfarrer Harald Sassik hält die Ansprache.
Es habe ihn diese Woche noch trauriger gemacht, als am Montag bekannt wurde, dass Erzbischof Ludwig Schick aus Bamberg, der auch der Bischof für die Johannisgemeinde in Rothenburg ist, Morddrohungen erhält. Bei einer Diskussion in Nürnberg habe er, wie im überregionalen Teil unserer Zeitung zu lesen war, gemäß unserer staatlichen Verfassung eine Antwort gegeben und damit die Menschenwürde und die demokratische Rechtordnung betont. „Jetzt wird gegen ihn böse gehetzt. Die das tun, sind also auch gegen unsere Verfassung und Rechtsordnung,“ stellt Sassik fest.
Es verdiene großen Respekt für alle jene, die ihre ganz persönliche Sicherheit ein Stück aufgeben, um die Freiheit anderer zu schützen. Dabei schaue er zu den humanitären Einsätzen der Bundeswehr weltweit. Eine genaue und zielsichere Einschätzung der Lage vor Ort wolle er allerdings den Beobachtern und Fachleuten überlassen. Aber eines wage er zu formulieren: „Sie halten ihren Kopf hin, damit Sicherheit und Freiheit möglich ist und wird, dort in den Krisenregionen und hier bei uns in Mitteleuropa. Dafür meinen ehrlichen Dank!“
Sie seien aber nicht die einzigen, die dies tun. „Für die Journalisten, die im Dienst der Wahrheit ihr Leben riskieren,“ habe im Oktober Papst Franziskus gebetet. Das Apostolat der Jesuiten erläutere den Hintergrund: „Mindestens 200 Journalisten waren im Jahr 2015 im Gefängnis, die meisten in China. 64 wurden umgebracht. Acht in Frankreich wegen des Attentats auf die Redaktion von Charlie Hebdo. In der Türkei wird die Pressefreiheit in den letzten Wochen weiter massiv eingeschränkt. Syrien bleibt das gefährlichste Land für Journalisten, dort droht die Gefahr der Entführung und der Hinrichtung. Journalisten sind nicht deshalb besonders gefährdet, weil sie falsch berichten oder Leuten etwas unterstellen, sondern weil sie schreiben, was tatsächlich stimmt. Ihre Berichterstattung über Kriegshandlungen wie aus Staaten mit autoritären Regimen verkürzen Kriege und halten die Mächtigen von Schlimmerem ab.“ Er wolle ergänzen: „Hoffentlich“ betonte Sassik.
Sir Isaak Newton solle einmal sinngemäß gesagt haben: „Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenige Brücken.“ Als Christen wüssten wir, was die Bibel dazu meint. Wir könnten im Evangelium Jesu Christi dazu viel Gutes lesen. So hat Christus zu seinen Jüngern gesagt: Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“(Joh 13, 34). Und im 4. Kapitel des ersten Johannesbriefes heiße es: „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“
Christus lehre uns die Liebe zum Frieden, die Liebe zur Wahrheit und zur Gerechtigkeit, die Liebe zum Nächsten – sie baue Brücken und Gott sei uns Helfer und Architekt und Baumeister zugleich. Diese Liebe baue Brücken. Dabei sei kein naives Denken oder romantisches Schwärmen gemeint. Sie sei belastbar und echt. Jeder könne beitragen, dass die Welt auch in Zukunft ein menschliches Antlitz behält. Dieser Herausforderung müsse man sich immer wieder stellen.

Abordnungen der Schützen, der Armee und der Hilfsorganisationen sind aufgezogen. Fotos: Weber
Manche suchten heute das Heil in der Vergangenheit. Tradition und Erbe sei wichtig, aber nicht alles. Erbe und Auftrag! So laute für ihn die Devise. Er sehe den Auftrag, die Zukunft zu gestalten. Vorwärts immer, rückwärts nimmer. Er persönlich wähle die Freiheit! Unter Gottes Schutz und Geleit. Und das mit Sicherheit! „Fassungslos stellen wir fest, dass die Menschen aus diesen Ereignissen in den vergangenen 100 Jahren anscheinend nichts gelernt haben,“ sagte Bürgermeister Michael Trzybinski mit Blick auf die barbarischen Kriegsschauplätze Verdun, Skagerrak und den Überfall auf Russland vor 75 Jahren.
Die Vergangenheit lasse sich nicht einfach zu den Akten legen. Dazu sei sie zu leidvoll und folgenschwer gewesen: „Wir müssen aus dieser Vergangenheit unsere Lehren für den Umgang miteinander ziehen. Wir müssen auch willens sein zu vergeben und zu versöhnen. Terror und Gewalt zeigen, dass Menschen immer noch nicht bereit oder fähig sind diese Einsicht zu teilen. In Syrien erleben wir derzeit den Genozid eines ganzen Volkes, welches den machtinteressen größenwahnsinniger Herrscher und Fanatiker schutzlos ausgeliefert sind.“
Wir alle wollten heute und morgen Frieden auf Erden. Allerdings müssten wir auch zu der Erkenntnis kommen, dass uns der Frieden nicht geschenkt wird. Jeder müsse seinen persönlichen Teil dazu beitragen, dass wir auch in Zukunft in einer friedlicheren Welt und besonders in Europa leben können. Was bleibe, sind die Soldatenfriedhöfe, die Kriegsgräber und Gedenkstätten, wie diese vor der man sich in Schillingsfürst jedes Jahr versammle, um uns daran zu erinnern. Doch unser Leben gelte der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern und auf Frieden in der Welt. Sein persönlicher Dank gelte nicht nur dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, sondern zudem all jenen Menschen, die ihn aktiv unterstützen. Er möchte sich vielmals bedanken bei der Soldaten und Reservistenkameradschaft, dem Posaunenchor, und den Abordnungen der Vereine und Verbände und allen anderen, die sich in welcher Form auch immer, an dem heutigen Gedenktag und für einen dauerhaften Frieden engagieren, sagte er, bevor die traditionelle Kranzniederlegung dem Schlusspunkt setzte.
In Rothenburg waren zu der Gedenkstunde im Burggarten auch diesmal die Vereine, Verbände und Hilfsorganisationen mit großen Abordnungen aufgezogen. Vor dem Kriegerdenkmal in der Blasius-Kapelle hielten Reservisten mit Fackeln Wache. Neben Vertretern der Stadt und des Stadtrats waren zu diesem Anlass auch viele Rothenburgerinnen und Rothenburger sowie Interessierte darüber hinaus gekommen. Das Stadt- und Jugendblasorchester unter der Leitung von Jan-Peter Scheurer spielte getragene Weisen.
In Schillingsfürst fand das Gedenken in diesem Jahr zum ersten Mal vor dem deutlich aufgewerteten Kriegerdenkmal in der obersten Kehre der Ortsdurchfahrt gleich unterhalb der Realschule statt. In der hier vollzogenen Verbesserung komme auch unsere gemeinsame Pflicht zum Ausdruck, die gefallenen Soldaten aus Schillingsfürst und seinen Ortsteilen in gebührender Erinnerung zu behalten. -ww-