Oldtimer aus dem Bestand des Englischen Könighauses ist ein Hingucker in der Region
WETTRINGEN – In vielen Menschen wohnt eine Leidenschaft für besondere Themen und Dinge. Bei Ralf Schreiner (67) aus Wettringen ist es die Liebe zu alten Oldtimer-Fahrzeugen. Hatte er dieses Hobby im Jahre 1983 eher zufällig entdeckt, so zählt er heute mit Stolz einen Daimler DS 420 aus dem englischen Königshaus, mit dem er auch private Hochzeitsfahrten in dazu passender Chauffeurs-Uniform durchführt, zu seinem kleinen Fuhrpark.
Den heutigen Ruheständler und früheren selbstständigen Unternehmer aus Wiesbaden hatte es mit seiner Frau Iris und den beiden Kindern vor sieben Jahren ins Fränkische verschlagen. Seine Leidenschaft zu alten Personenkraftwagen hatte er zu diesem Zeitpunkt schon im Blut, wurde diese doch auf dem Areal eines Kunden erweckt, wo er vor mehr als 30 Jahren einen alten Ford Capri 1500 XL entdeckte.
Weil der Geschäftspartner diesen lieber heute als morgen abgeben wollte, entschloss sich Schreiner spontan für einen Kauf des 23 Jahre alten, aber optisch ansprechenden Vehikels, mit dem er nur private Spaßfahrten unternahm. Der Kaufpreis von 800 D-Mark amortisierte sich schon zwei Jahre später, als ein anderer Enthusiast bei einem europäischen Capri-Treffen in Speyer mit 8000 D-Mark das Zehnfache des ursprünglichen Preises für das seltene Fabrikat auf den Tisch legte. Schreiner fand Gefallen an seinem neuen Hobby und erstand nach und nach einen NSU 1200 C sowie einen Fiat X1/9 (Baujahr 1974) und weitere historische Personenkraftwagen. Mit dem Fiat, welcher noch heute zum Fahrzeugbestand zählt, unternahm die Familie viele Ausflugsfahrten auch in das benachbarte Ausland. Über die Jahre hinweg kaufte und verkaufte Schreiner rund 30 Oldtimer unterschiedlicher Marken und Hersteller.
Eine große Firmenhalle des Unternehmers bei Heilbronn diente als Unterstellplatz. Mit den diversen Vehikeln besuchte Schreiner regelmäßig Oldtimertreffen und nahm auch an internationalen Rallyes teil. Seine Frau Iris diente oft als begeisterte Beifahrerin. In der Zwischenzeit hatte Schreiner vor etwa zwei Jahrzehnten auch Kontakte zu dem nordirischen Autoliebhaber Nigel McCallagh aus Omagh geknüpft.
Dieser hat alle englischen Staatskarossen, welche von 1888 bis heute gebaut wurden, in seinem Privatbesitz. Dort fiel Schreiners Aufmerksamkeit auf einen Daimler DS 420, welchen er unbedingt haben wollte. Doch dies gestaltete sich zunächst schwierig, weil Briten nach dem letzten Krieg keine Geschäfte mit Deutschen machen wollten. Erst 2009 stimmte der Nordire einem Verkauf zu, so dass Ralf Schreiner in einer abenteuerlichen Fahrt sein Lieblingsgefährt gleich von Großbritannien nach Deutschland überführte.
Das Fahrzeug gehörte zuvor dem königlichen Fuhrpark der englischen Herrscherfamilie und war in der Nähe von London stationiert, wo Mitglieder des Königshauses damit verkehrten. Daimler hatte von 1968 bis 1981 etwa 2500 Fahrzeuge dieser Art im Auftrag des Königshauses gebaut; darunter 174 Landauletts und auch 17 Leichenwagen. Diese durften nur von Mitgliedern der englischen Königsfamilie und von einem nahen Verwandten aus Luxemburg gefahren werden.
Einige dieser Leichenwagen kamen auch nach dem Tod von Prinzessin Diana zum Einsatz und wurden danach geschreddert, so der Wille der Engländer. Schreiners Modell stammt aus dem Jahr 1976 und ist mit sechs Zylindern sowie einem 4,2-Liter-Motor ausgestattet. Unter der Haube des fast drei Tonnen schweren Gefährts schlummern 184 Pferdestärken. Vor fast 40 Jahren kostete ein solches Chauffeur-Fahrzeug etwa 150000 Euro; bis heute wurden damit rund 69000 Meilen (rund 110000 Kilometer) zurückgelegt.
Wie in den meisten britischen Fabrikaten wartet auf den Fahrer eine Rechtslenkung und der Fahrkomfort lässt doch sehr zu wünschen übrig und ist nur auf kürzere Fahrten ausgelegt. Bis auf den roten Lack, welcher nach einer Restauration im vergangenen Winter die ursprüngliche silber-schwarze Lackierung ersetzte, ist das Fahrzeug noch im Originalzustand. Der Erhalt von Ersatzteilen sei schwierig, aber machbar, so der heutige Eigentümer. Mit seinem Paradestück nimmt Schreiner regelmäßig an Oldtimer-Veranstaltungen teil und unternimmt auch viele private Fahrten. Dass es ein kostspieliges Hobby sein kann, zeigt schon allein der Kraftstoffverbrauch, liegt doch dieser bei bis zu 25 Litern auf 100 Kilometer. In Deutschland sind von dieser Chaffeurs-Limousine aktuell nur drei Fahrzeuge zugelassen.
Eine besondere Freude bereitet dem Wettringer der Einsatz seines Fahrzeuges zu Hochzeitszwecken. Passend dazu ist im hinteren Teil eine eigene Sektbar angebracht, mit deren Hilfe das Brautpaar auf das freudige Ereignis anstoßen kann. Fotos werden dabei mehr vom Oldtimer als vom Hochzeitspaar gemacht, wie Schreiner mit einem Schmunzeln anfügt. Auch hochrangige Persönlichkeiten ließen sich schon mit dem auffallenden Gefährt befördern.
Einen unvergesslichen Tag konnte der 67-Jährige einer Wettringerin zu deren 70. Geburtstag bescheren. Weil diese eine leidenschaftliche Sammlerin aller Utensilien war, welche irgendwie im Zusammenhang mit dem englischen Königshaus standen, war die Fahrt von ihrem Heimatort Wettringen zur Geburtstagsfeier nach Feuchtwangen eine einzige Gänsehaut-Erfahrung, wie Freudentränen während der gesamten Fahrt zeigten. Ralf Schreiner war dazu eigens in seine schmucke Chauffeurs-Uniform geschlüpft, weshalb die Jubilarin unbedingt auch auf eine Rückfahrt nach Wettringen bestand.
Der Oldtimer-Freak zählt heute fünf weitere historische Fahrzeuge in seinem Bestand und will seinem Hobby auch weiterhin verbunden bleiben. Erst unlängst hatte er ein typengleiches Fahrzeug seines majestätischen Königshausmodells beim 80. Geburtstag der dänischen Königin Margarete im Fernsehen bewundern können. Nur eine Sequenz blieb ihm in unangenehmer Erinnerung: Als in einem Actionfilm „sein Fahrzeug“ in die Luft gesprengt wurde, blieb ihm fast das Herz stehen. hm