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Kritisch hinterfragt

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Veranstaltung der Bürgerinitiative Geslau fand guten Zuspruch

GESLAU – Erfolg für die kleine sechsköpfige Bürgerinitiative, die den Mehrheitsbeschluss des Gemeinderates für einen hauptamtlichen Bürgermeister durch einen Bürgerentscheid am 22. September auf den Prüfstand stellt: Ihre Informationsveranstaltung im Sportheim lockte über 130 Besucher.

Landwirt Konrad Baumgärtner aus dem Ortsteil Kreuth und der ehemalige langjährige Sportvereinsvorsitzende aus Geslau, Günther Andrae, hatten das Heft in die Hand genommen, um in der Diskussion um ehren- oder hauptamtlicher Bürgermeister die Meinung vom Volk zu erfragen. Sie initiierten ein Bürgerbegehren zum Bürgerentscheid, das über dreihundert Bürger mit ihrer Unterschrift unterstützten.

Wie berichtet, hat der Gemeinderat am 10. Juni mit 9:4-Stimmen entschieden, das höchste Amt im Rathaus künftig hauptamtlich zu besetzen. Der bisherige Amtsinhaber sieht seine Zukunft nur noch als Berufs-Bürgermeister aufgrund gestiegener Anforderungen. Die letzten zwölf Jahre leitete er die Geschicke der Gemeinde neben seinem Beruf. Der frühere Beamte bei der Telekom arbeitet inzwischen bei der Agentur für Arbeit und ist im Jobcenter in Rothenburg beschäftigt. Beruf und Ehrenamt lassen sich zeitlich nicht mehr vereinbaren, begründete der 47-Jährige seinen Vorstoß. Die Gemeinderats-Mehrheit folgte seiner Argumentation und ebnete mit dem Beschluss den Weg für die neue Lösung.

Vertreter der Bürgerinitiative mit Gästen und Alt-Bürgermeister Rudolf Schwemmbauer.

Vertreter der Bürgerinitiative mit Gästen und Alt-Bürgermeister Rudolf Schwemmbauer.

Dagegen regte sich Widerstand aus der Bevölkerung, denn ein Berufs-Bürgermeister kostet mehr Geld. Die Bürgerinitiative hat ausgerechnet: Der Gemeinde entstehen zusätzliche Kosten von rund 35000 Euro im Jahr. In der sechsjährigen Amtszeit summiert sich der Mehraufwand auf über 200000 Euro. Wie lässt sich das mit dem propagierten Sparzwang vereinbaren? fragen sie sich. „Die Bürger sollen immer mehr ehrenamtliche Arbeit leisten, weil das Geld knapp ist. Und dann können wir uns auf einmal einen hauptamtlichen Bürgermeister leisten?“ wundern sie sich. Günther Andrae war selbst 28 Jahre als Vorsitzender des Sportvereins ehrenamtlich aktiv und hat unter anderem den Bau des Sportheims mit bewerkstelligt.

Auch beim Bürgermeister ist von ehrenamtlicher Tätigkeit die Rede. Als Aufwandsentschädigung erhält er 47700 im Jahr. Ein hauptamtlicher Bürgermeister würde der Gemeinde jährlich fast 82000 Euro kosten, hat die Bürgerinitiative ermittelt. Kritische Stimmen beklagen die mangelnde Transparenz des Amtsinhabers im Entscheidungsprozess. Bei früheren Äußerungen zur erneuten Kandidatur hatte Dieter Mohr lediglich durchblicken lassen, dass er wieder antrete, „wenn die Rahmenbedingungen stimmen“. Bei der Bürgerversammlung im März war ebenfalls noch nicht die Rede von einer Zukunft als Berufs-Bürgermeister. Umso überraschter waren die Bürger über den Gemeinderatsbeschluss.

Beim bevorstehenden Bürgerentscheid stimmen die wahlberechtigten Bürger darüber ab, ob das Amt des Bürgermeisters wieder ehrenamtlich besetzt wird. Sollte sich die Mehrheit für die bisherige Praxis aussprechen, muss sich die Gemeinde einen neuen Bürgermeister suchen. Dieter Mohr hat gegenüber dem Gemeinderat und kürzlich auch gegenüber der Presse unmissverständlich klar gemacht, dass er für die ehrenamtliche Lösung nicht mehr zur Verfügung steht.

Zur Informationsveranstaltung im Sportheim holte sich die Bürgerini­tia­tive politischen Rat von außen. Jörg Rohde aus Heßdorf, FDP-Politiker und Landtagsvizepräsident, hielt einen Sachvortrag über die Bezahlung und Versorgungsansprüche eines haupt- beziehungsweise ehrenamtlichen Bürgermeisters, die spätere Pension und den Ehrensold. In der Diskussionsrunde wurde überwiegend der Wunsch nach einer weiterhin ehrenamtlichen Lösung laut. Eine hauptamtliche Kraft sei zu teuer und auch nicht ausgelastet, hieß es. Die bisherige Arbeit von Dieter Mohr, der unter den Zuschauern saß, wurde ausdrücklich gelobt. Als ehrenamtliches Gemeindeoberhaupt würde man ihn gerne behalten. Aber in seiner Äußerung unterstrich er die ablehnende Haltung.

Rudolf Schwemmbauer, früher selbst Bürgermeister in Geslau, bevor er zum Landrat gewählt wurde, warb für die hauptamtliche Position und damit für seinen „Ziehsohn“, der vor zwölf Jahren seine Nachfolge im Rathaus angetreten hat und seit zwei Legislaturperioden unangefochten an der Spitze der Gemeinde steht. Jetzt kommt es unter den geänderten Vorzeichen zur politischen Machtprobe. Die Schützenhilfe Schwemmbauers fand keinen großen Zuspruch aus den Reihen der Versammlungsteilnehmer.

Wolfgang Hofmann (FDP), seit 30 Jahren als Stadtrat in Schillingsfürst aktiv und mit 12-jähriger Erfahrung als Zweiter Bürgermeister, warf bei der Versammlung ein, dass es im Altlandkreis unterschiedliche Beispiele für erfolgreiche Wirtschaftspolitik und Industrieansiedlung in den Gemeinden gebe. Als Beispiele nannte er den ehrenamtlichen Wörnitzer Bürgermeister Karl Beck und die „weniger erfolgreichen hauptamtlichen Kollegen in Schillingsfürst und Dombühl.“ Die Unterschiede hängen nach seiner Meinung nicht mit der Nähe zur Autobahn zusammen, wie die Entwicklung in Burgbernheim zeige. Geslau verlor im letzten Jahr wichtige Arbeitsplätze in der Baubranche.

Günther Andrae als Sprecher der Bürgerinitiative bedankte sich zum Abschluss der Versammlung bei den FDP-Vertretern für die Unterstützung mit einem essbaren Geschenk aus Wurst. sis


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