Wahlrothenburger Eiichi Takeyama hegt als Maler intensives Gespür für die Stadt
ROTHENBURG – Eiichi Takeyama ist der Japaner in Rothenburg. Falls die besondere Freundschaft Nippons zur Tauberstadt überhaupt noch einen Beweis nötig haben sollte: Er verkörpert ihn.
In ihren Zauberbann schlug sie den Maler bereits vor beinahe zwanzig Jahren. „Als ich die Doppelbrücke betrat, die Tauber überquerte und auf den Hügel blickte, auf dem die Stadt thront, da fühlte ich schlagartig, dass ich hier wohnen, leben, malen wollte, ja musste“, sagt er. Rothenburg wurde zur zweiten Heimat für den gebürtigen Tokioter (Jahrgang 1937), der in Japan als Professor Philosophie und Kunst lehrte, bevor es ihn ob die Tauber zog. Seine noch bis 11. August laufende Ausstellung in der Johanniterscheune des Kriminalmuseums erfuhr am Wochenende eine herzliche Eröffnung. Der neue Direktor des Kriminalmuseums, Dr. Markus Hirte, und Bürgermeisterin Irmgard Mittermeier sprachen Grußworte.
Paul Seltner hielt die ebenso freundschaftlich verbundene wie kunstliebende Laudatio. Mit spieltechnisch wie affektuos glänzenden Violinsoli, unter anderem aus der Feder des Barockmeisters Heinrich Ignaz Franz Biber, fesselte Sayaka Nakajima das Vernissagen-Publikum.

Rothenburg ist für ihn Inspiration: Eiichi Takeyama verliebte sich vor 20 Jahren in die Stadt. Fotos: Düll
Die Werkeschau Takeyamas zeigt einmal mehr, wie spannend und fruchtbar die Begegnung des Malers aus der Mega-Metropole mit dem ewigen Kleinod des Mittelalters ist. Eine Dachlandschaft, die ihrem ureigenen Rhythmus folgt, eine Sonnengasse deren Herrenhäuser sich in den Himmel recken, aber auch immer wieder furienwild-feurig, wie von dämonischen Kräften umwirbelte, dabei von guten Geistern nie verlassene Türme: Das sind die Momente in Eiichi Takeyamas Kunst, da man ihn nahe van Goghs visionärer Farbgebung, der leuchtenden Poesie des Fauvismus oder den verschachtelten Perspektiven des Kubismus sehen mag.
Seine malerischen Toccaten reichen bis hin zu Kompositionen, die eigenartig zu schweben, zu vibrieren scheinen, die ebenso emotional direkt wie unergründlich wirken. Eines ist der Wanderer zwischen den Welten bei aller Vielfalt nicht: ein nüchterner oder gar ironischer, postmoderner Stilmonteur. Eher schon führt hier ein Gefühlsmensch den Pinsel, dem es in der Tat gelingt – wie es in der Laudatio hieß – an seinen Empfindungen teilhaben zu lassen und dem Betrachter genügend Raum für eigene Stimmungen und Gedanken zu gewähren
Eiichi Takeyama kann auch weniger farbintensiv. Dann feiert er das stille Dasein: in fein auskomponierten Flächen oder Naturimpressionen wie jenes Vogelbild mit zart angedeuteten Ästen. Es wirkt fast ein wenig mirohaft und scheint zugleich an die japanische Maltradition anzuknüpfen, wie sie Fächer oder Stellschirme ziert. Auch begegnet man in seinen Werken immer wieder mythisch, märchenhaft anmutenden Szenerien wie die naturistisch entkleideten Maiden irgendwo auf der Engelsburg oder jene fabelhafte Runde, bei der Tiere wie Majestäten und Magisträte Rat halten. Wohl als Verneigung vor der geliebten Wahlheimat sind die vergleichsweise kunstmalerisch-biederen Motive zu verstehen, die er gern unter die Exponate mischt. Das gilt zum einen für das großformatige Rathaus mit der heimelig verschneiten Herrngasse, aber auch für das Topplerschlösschen, das eben so dasteht, wie es dasteht.
Große Würfe sind sie nicht, ganz im Gegensatz zu jenen seiner Gemälde, die etwas einfangen, das so gar nicht dem Rothenburg-Klischee einstiger reichsstädtischer Größe und historienschwangerer Mauern entspricht: nämlich die versteckten, abseitigen Winkel, wo die Gärtchen und Hinterhöfchen, unberührt von Baumeisterhand, wie zusammengeschustert wirken. Eiichi Takeyama findet sie. Er hat den Blick dafür, was seine Liebe zu Rothenburg als eine um so verständigere ausweist. hd