Harter Wochenenddienst der Autobahnmeisterei
ROTHENBURG – Heißer Arbeitsplatz: Die Hitze macht den Mitarbeitern der Autobahnmeisterei zu schaffen. Die seit Tagen hohen Temperaturen verursachten schwere Schäden durch unvorhergesehene Abplatzungen und Aufbrüche der Fahrbahndecke – eine gefährliche Situation für Verkehrsteilnehmer, besonders für Motorradfahrer.
Wachsende Sorge bereitet auch der Stillstand auf der zehn Kilometer langen Großbaustelle zwischen den Anschlussstellen Langensteinach und Gollhofen. Das beauftragte Bauunternehmen hat die Arbeiten einfach eingestellt. Das bringt die Autobahndirektion Nordbayern als zuständiger Auftraggeber für das 25-Millionen-Projekt mächtig in die Bredouille. Der Zeitplan für die Sanierung der dreißig Jahre alten Trasse ist aus den Fugen. Eine Fertigstellung pünktlich vor dem Winter scheint kaum mehr möglich.
Die Betonfahrbahn sollte wegen ihres schlechten Zustandes in beide Richtungen komplett erneuert werden. Der Belag ist verschlissen, insbesondere durch die stark wachsende Belastung des Schwerlastverkehrs. Mitte März hatte ein Bauunternehmen aus Nordrhein-Westfalen nach dem Vergabeverfahren einer öffentlichen Ausschreibung als Hauptunternehmen begonnen, die alte Trasse Richtung Ulm abzutragen. Ab da rollten die Autos und Lastwagen in dem Bereich nur noch einspurig in jede Richtung.
Vorsicht geboten
Die Sanierung beinhaltete einen neuen Frostschutz, eine neue Entwässerung und eine neue Betonfahrbahn. Diese Maßnahme sollte bis Ende Juli abgeschlossen sein. Danach hätte die Komplettsanierung in die andere Richtung erfolgen und bis Ende des Jahres abgeschlossen sein sollen – noch vor dem nächsten Wintereinbruch, um Räum- und Streufahrzeugen die Arbeit zu erleichtern. Der Verzug des Zeitplans sorgt beim Chef der Autobahnmeisterei Neusitz, Herbert Wagenländer, für Bedenken. „Egal wie es weitergeht, der Zeitplan ist durcheinander“.

Verwaiste Autobahnbaustelle zwischen Langensteinach und Gollhofen: Die Auftragsfirma hat die Arbeiten einfach eingestellt. Fotos: sis
Seit Mitte Juni steht die Baustelle verwaist: ein stattlicher Fuhrpark aus Lastwagen und Bagger in ziemlich neuwertigem Zustand, Stapel von Drainagerohren und Baustoffhaufen ungenutzt zurückgelassen. Ohne Angabe von Gründen habe das Hauptunternehmen die Arbeiten eingestellt, sagte die Pressesprecherin der Autobahndirektion auf Nachfrage.
Ihre Behörde habe das Bauunternehmen aufgefordert, den zeitlich vorgesehenen und erforderlichen Arbeitsablauf einzuhalten. Sonst drohen juristische Schritte wegen Nichterfüllung des Vertrages. „Wir müssen gesetzliche Regelungen beachten, bevor wir die Möglichkeit einer Ersatzvornahme durch Dritte in Erwägung ziehen können“. Eine schnelle Lösung zeichne sich in dieser schwierigen Situation nicht ab, meinte die Dame von der Autobahndirektion und ließ ihren Worten einen Stoßseufzer folgen. Wie unsere Recherchen ergeben haben, leidet das Bochumer Bauunternehmen Betam unter Zahlungsschwierigkeiten.
Deshalb stehen auch andere Baustellen in ganz Deutschland still. Die Unternehmensgruppe hat seit Ende Juni durch einen kurzfristigen Wechsel mit Helmuth Rauscher einen neuen Gesamtgeschäftsführer, der einen Ausweg aus der Liquiditätskrise finden soll. Auf unsere telefonische und elektronische Anfrage folgte zunächst keine Reaktion. Am gestrigen Nachmittag ging dann eine schriftliche Erklärung ein.
Wörtlich heißt es: „Um die Situation schnellmöglich zu beheben, wurden umfangreiche Maßnahmen eingeleitet. Es wurden Lieferanten, Subunternehmer und Auftraggeber kontaktiert und ihnen Lösungen aufgezeigt, wie die Projekte zum Abschluss gebracht werden können“. Parallel würden Gespräche mit Banken und Kreditgebern mit dem Ziel geführt, „die Durchfinanzierung der Unternehmensgruppe innerhalb der nächsten vier bis sechs Wochen zu gewährleisten“.
Durch den Erwerb und die Integration dreier spezialisierter Bereiche (Straßen-, Brücken- sowie Tief- und Industriebau der vorherigen Eigner Bilfinger, Eurovia Beton und Schäfer-Bauten, habe die daraus resultierende Entwicklung der Auftrags- und Ertragslage zu einer nicht vorhersehbaren „Vorfinanzierung der Bauleistungen“ geführt. Weshalb es auch zu verspäteten Zahlungen an Lieferanten gekommen sei, wurde eingeräumt. In der aktuellen Situation sei die Betam-Gruppe auf die Unterstützung „von allen Beteiligten“ angewiesen.
Derweil wurde am Wochenende die seit Tagen anhaltende Hitze zu einer Gefahr für den Verkehr auf der Autobahn. Der Bereitschaftsdienst der Autobahnmeisterei Neusitz, deren Zuständigkeitsbereich den 65 Kilometer langen Abschnitt zwischen Feuchtwangen und Marktbreit umfasst, führte regelmäßige Kontrollfahrten durch und war gleich mehrfach im Einsatz. Unter den extremen Temperaturen platzte schlagartig die Fahrbahn auf. Diese „Blow Ups“ sind eine Sache von Sekunden und deshalb besonders gefährlich. Zuvor wölbt sich die Fahrbahndecke, bis die Spannung das Material zerreißt. Da es vorher kaum sichtbare Anzeichen für die hohe Spannung gibt, ist das Problem nur schwer in den Griff zu bekommen.
Arbeit unter sengender Sonne
Die Autobahnmeisterei leitete den Verkehr mit einer Tempodrosselung an der Gefahrenstelle vorbei und behob die Hitze-Aufwerfungen an Ort und Stelle. Unter der sengenden Sonne eine harte Herausforderung. Betonautobahnen gelten als langlebig, sind aber anfällig bei großer Hitze. Sie bestehen aus einzelnen Betonplatten mit einigen Metern Länge, die unter dem Fahrbahnbelag befestigt sind.
Fugen zwischen den Platten sollen verhindern, dass die Konstruktion bei Temperaturschwankungen bricht. Wenn die Hitze allerdings zu groß ist, stoßen die Betonplatten aneinander und brechen nach oben durch die Fahrbahn aus. Im schlimmsten Fall entsteht eine Art Rampe, die zu schweren Unfällen führen kann. sis