Dobrindt lockte nur etwas über 100 Zuhörer bei der Kundgebung auf dem Marktplatz
ROTHENBURG – Über ein relativ überschaubares Publikum von etwas mehr als 100 Zuhörern ist die CSU nicht hinaus gekommen bei ihrer zentralen Kundgebung für den hiesigen Bereich auf dem Marktplatz. Daran konnte auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt nichts ändern, der als Zugpferd gewonnen worden war. Was zeigt: Der Wahlkampf in diesen Tagen ist und bleibt alles andere als ein Quotenrenner.
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Alexander Dobrindt spricht. Ein Personenschützer schirmt ab. Fotos: Weber
Dobrindt nannte Rothenburg einen wunderbaren Ort der Tradition und eine der schönsten Städte der Welt. Mit all seinem Kapital, das es aus seiner Geschichte bewahrt hat, aber auch mit seiner leistungsfähigen Industrie und mit seinem boomenden Tourismus sei es ein herausragendes Beispiel für Bayern im Bereich zwischen der Region Hohenlohe mit seinen Weltmarktführern und Nürnberg als industrieller Schwerpunkt auf bayerisch-fränkischer Seite.
Um zu den eigentlichen politischen Themen zu kommen. Wir müssen eine Debatte führen über das, was uns wichtig ist, betonte er. Es gelte die Leitkultur christlicher Prägung zu erhalten. Er sei Innenminister Thomas de Maizière dankbar, dass er das in einer größeren Debatte klargestellt habe. Er spielte damit auf dessen Formel „Wir sind nicht Burka“ an. Die Antwort der Bündnisgrünen darauf („Wir sind nicht Lederhose und Trachten“) sei empörend gewesen.
Ein aktives Bekenntnis zur Heimat sei wichtig. Dobrindt nannte es ungeheuerlich, dass man Heimat umzudeuten versuche, wie das Martin Schulz versuche. Der Kanzlerkandidat der SPD werte Heimat als etwas Abgegrenztes, Unverändertes ab und fordere einen religiös neutralen öffentlichen Raum. Dabei müsse klar sein: Das Kruzifix in Schulen, auf Berggipfeln und an vielen anderen Stellen gehöre zu uns.
„Linke Saubande“
Heimat heiße aber auch Sicherheit und Ordnung. Dies zu bewahren sei ein wichtiges Anliegen. In diesem Zusammenhang kam er auf Hamburg und auf die Ausschreitungen am Rand des G-20-Gipfels zu sprechen. Er nannte jene, die sich als Aktivisten und Demonstranten bezeichnen, aber marodierend und mit Anwendung brutaler Gewalt durch die Hansestadt zogen, eine „linke Saubande“ und „Chaoten“.
Als Punkte, die in sein Ministerium und damit in seine Zuständigkeit fallen, sprach er unter anderem den Diesel-Skandal samt Feinstaubbelastung in den großen Städten, den „durchgängig bedarfsgerechten“, sechsspurigen Ausbau der A 6, die derzeit laufende Reparatur der A 7, die Pkw-Maut und auch die Bereitstellung eines leistungsstarken Breitband-Netzes.
Er warb für Maß und Mitte in Bezug auf den Diesel-Skandal. Die Verantwortlichen müssten bestraft werden, aber es gelte angesichts der Bedeutung der Autoindustrie für unser Land auch an Schadensbegrenzung zu denken. Fahrverbote oder das von den Bündnisgrünen (ab 2030) geforderte Verbot für alle Verbrennungsmotoren seien nicht der richtige Weg. „Das ist mit uns nicht zu machen,“ betonte Dobrindt und nannte das eine „stille Enteignung“ der Autobesitzer.
In Sachen Straßennetz „haben wir Nachholbedarf“, sagte er und begründete das mit Zeiten, als es beim Bund noch wenig finanziellen Spielraum gab. Bei seinem Amtsantritt seien 10 Millionen im Jahr vorgesehen gewesen. Inzwischen sei die Investitionssumme rasant gestiegen und habe 14 Milliarden Euro erreicht: „Jetzt haben wir Rekordbaumaßnahmen auf der Straße.“
![Die Kundgebung läuft. Auch an den Biertischen ist noch Platz bei den relativ kühlen Temperaturen an diesem Abend vorm Rathaus.]()
Die Kundgebung läuft. Auch an den Biertischen ist noch Platz bei den relativ kühlen Temperaturen an diesem Abend vorm Rathaus.
Bei der Pkw-Maut geht Dobrindt von rund 4 Milliarden Einnahmen aus, die zweckgebunden für die Infrastruktur zur Verfügung stehen. Aus seiner Sicht ist sie ein wichtiger Schritt weg von der Steuerfinanzierung hin zur Nutzerfinanzierung. Selbst die EU-Kommission spreche beim Modell inzwischen von einer gerechten Maut und ging mit den Österreichern ins Gericht, die von Ost nach West oder umgekehrt zu gern auf deutscher Seite fahren und sich mit der kommenden Abgabe einfach nicht anfreunden wollen: „Ihr seid doch die Erfinder der Maut!“
Der Ausbau eines leistungsfähigen Breitband-Netzes sei unabdingbar, um in Zeiten der Digitalisierung international Schritt halten zu können. In diesem Zusammenhang verwies der Bundesverkehrsminister auf Entwicklungen wie das automatisierte Fahren (ohne jemand am Steuer) und schilderte am Beispiel die Vorteile. Unter den Zuhörern entdeckte er so manches zweifelnde Gesicht: „Da muss ich wohl noch Überzeugungsarbeit leisten.“
Auch für Zukunfts-Anwendungen auf dem Sektor der Gesundheit sei ein leistungsfähiges Netz wichtig, erläuterte der Minister am Beispiel des täglichen Ganzkörper-Scannings, mit dem sich unter der Dusche ganz beiläufig die Hautkrebsgefahren abschätzen und eindämmen ließen.
Blaue Arkaden
Im Bereich des Haushalts gehe es jetzt um den Umgang mit Überschüssen. Über 25 Jahre nach der Wiedervereinigung sei es an der Zeit, den Soli abzuschaffen: „Da hat jeder was davon.“ Die Mütter-Rente nennt Dobrindt den richtigen Weg, um die Lebensleistung vieler Frauen zu honorieren: „Sie schafft Gerechtigkeit.“
CSU-Ortsvorsitzende Silke Sagmeister-Eberlein hatte den Minister, Landrat Dr. Jürgen Ludwig, dessen Vorgänger Rudolf Schwemmbauer sowie etliche Abgeordnete und Bürgermeister zu Beginn herzlich begrüßt auf dem Marktplatz. Autohäuser aus Rothenburg nutzten die Gelegenheit zu einer kleinen Ausstellung und zeigten dabei vor allem Hybrid-Modelle und E-Fahrzeuge. Fahrschulen hatten sich eingeklinkt und machten auf ihre Ausbildung aufmerksam. Die Blaskapelle Gattenhofen steuerte den musikalischen Teil bei, spielte unter anderem den Defiliermarsch, die Bayernhymne und die Nationalhymne. Harald Köhler stellte die Tontechnik bereit und leuchtete die Rathaus-Arkaden blau aus.
![Deutliche Worte: Demonstranten machen deutlich, was sie von Lobbypolitik halten.]()
Deutliche Worte: Demonstranten machen deutlich, was sie von Lobbypolitik halten.
Mit Plakaten und Transparenten
Drei Gruppen machten bei der Kundgebung auf ihre Anliegen aufmerksam: Der Arbeitskreis Hofabgabe-Klausel um Friedrich Unger aus Linden. Er setzt sich dafür ein, dass die Bauern ihren Hof weiter bewirtschaften dürfen, wenn sie Altersgeld erhalten. Derzeit müssen sie ihn abgegeben haben, um Anrecht auf Auszahlung zu haben. Die Landwirte hatten an der Südseite Traktor, Plakate und Transparente aufgefahren.
An der Südostecke zeigten Kritiker mit Trillerpfeifen und hochgehaltenen Tafeln, was sie vom Hauptredner und der Regierungspolitik halten. Schnell wieder eingerollt wurde das Transparent „Verkehrspolitik… muss anders“, das Greenpeace-Aktivisten an den Rathaus-Arkaden aufgespannt hatten.
Christian von Stetten als Wahlkreisabgeordneter der CDU im benachbarten Schwäbisch Hall und der hiesige CSU-Bundestagsabgeordnete Artur Auernhammer nutzten die Kundgebung, um Grenzüberschreitendes und um den Schulterschluss in der Zusammenarbeit von CSU und CDU hervorzuheben (siehe auch Bericht auf der Landkreisseite). -ww-