Rekultivierung der Deponie Blinksteige: ein teures Projekt
ROTHENBURG – Bis vor 50 Jahren noch hat die Stadt oberhalb der Blinksteige ihre Deponie für Hausmüll und Sperrmüll betrieben. Dort ist alles gelandet, was nicht mehr intakt oder ganz einfach im Weg war – vom relativ harmlosen Abfall bis zum Kühlschrank mit giftiger Chemie im Röhrensystem. Jetzt konnte in einem ersten Abschnitt die Rekultivierung der Deponie abgeschlossen werden.
![]()
Zufrieden: V.li. Gögelein, Stübe, Hienle, Gilch, Binder und Sobek.
Entsorgung. Bei diesem in der Abfallbeseitigung immer wieder verwendeten Wort schwingt Erleichterung mit. Die Stadt wird aber unnachsichtig von diesem Kapitel eingeholt. Sie muss für die Rekultivierung ihrer früheren Deponie sorgen.
Eine teure, millionenschwere Angelegenheit, die sich noch über Jahre hinziehen wird. Als einziges Fleckchen ausgenommen: der Bereich um die Tilly-Föhre. Der knorrige Baum ist Naturdenkmal und steht unter Schutz, nicht nur weil er schon für einen Lex-Barker-Film als Kulisse gedient hat.
Verständlich, dass die Erleichterung groß ist und dass auch ein wenig Stolz mitschwingt, als Stadtbaudirektor Michael Knappe und Abfallreferent Gerhard Gögelein den Abschluss des ersten Bauabschnitts vermelden. Auf immerhin nicht ganz einem Drittel einer Gesamtfläche von fünfeinhalb Hektar darf die frühere Deponie inzwischen als rekultiviert gelten. Riesige Erdbewegungen waren erforderlich, um auf den 1,7 Hektar die Voraussetzungen zu schaffen.
Dabei sind der Stadt die Arbeiten an den Kreiseln Erlbacher Straße und Ansbacher Straße sowie an der kommenden Tangente samt der Brücke über den Grasmückenweg und aller Rückhalte- und Klärbecken entgegengekommen. Oberhalb der Blinksteige konnten von dort über Wochen große Erdmassen zusammengetragen werden. Eine Raupe formte sie zunächst zur riesigen Halde, bevor es ans Schichten auf die eigentliche Rekultivierungsfläche ging.
Acht PS-starke Traktoren transportierten das Material auf großen Hängern an. Pro Hängerladung rund zehn Kubikmeter. Da lässt sich leicht ausrechnen, wieviele An- und Abfahrten erforderlich waren, um so auf insgesamt 35000 Kubikmeter zu kommen. Weitere knapp 33000 Kubikmeter stammen vom Gelände der Landesgartenschau Wassertrüdingen. Sie wurden mit Sattelschleppern angeliefert. 36500 Kubikmeter sind als Aushub von der Mehrzweckhalle auf dem Gelände vorm Spitaltor gekommen.
Sechs Meter in die Tiefe
Im Grunde geht es bei dem Rekultivierungs-Projekt darum, die bis sechs Meter ins Gelände hinunterreichenden Hinterlassenschaften aus früherer Zeit so zuzudecken, dass sie keinen Schaden mehr anrichten können und dies mit möglichst natürlich wirkenden Akzenten zu verbinden. Voraussetzung dafür ist allerdings: Es dürfen keine Substanzen ins Grundwasser sickern. Das muss, wie auch bei der Deponie Blinksteige geschehen, vorab mit zahlreichen Bohrungen belegt werden.
Dabei ist ein Spezialunternehmen mit seinen Mitarbeitern am Zug. Auch bei der anschließenden Rekultivierung der Deponie mit ihrer oft sechs, sieben Meter in die Tiefe reichenden Müllschicht schauen seine Mitarbeiter immer wieder vor Ort vorbei. Wenn es darum geht, den fachgerechten Aufbau mit seinen verschiedenen Bestandteilen und Schichten zu kontrollieren und zu bestätigen.
Christian Hienle vom Ingenieurbüro Spotka in Postbauer-Heng war in dieser Funktion der zuständige Mann beim Rekultivierungsprojekt. Michael Gilch leistete als Mitarbeiter des dortigen Unternehmens Unterstützung. Peter Stübe vom Ingenieurbüro Härtfelder zeichnete für die Bauleitung zuständig. Hermann Binder, Betriebsleiter der Firma Semmer in Insingen, fungierte als wichtiger Verbindungsmann in die praktische Ausarbeitung. Claus Sobek sorgte als Vorarbeiter auf seinen Baumaschinen dafür, dass das Geländerelief wie bestellt ausgeführt wurde.
![]()
Auf dem Gelände sind Inseln aus Felsbrocken und Ast- bzw. Wurzelmaterial als Biotope angelegt worden. Fotos: Weber
Besagter „Deckel“ über der früheren Abfallhalde enthält vier verschiedene Schichten. Zuunterst liegt eine aus verdichtetem Lehm zur Abdichtung. Sie muss zwischen einem halben Meter und einem Meter dick sein. Darüber ist ein Spezial-Drainage-Flies aus Kunststoff gespannt. Es verhindert, dass Feuchtigkeit durchsickert und leitet sie zur Seite weg.
Auf diesem Vlies liegt die eigentliche Rekultivierungsschicht, bestehend hauptsächlich aus Aushub. Er muss sogenannte Feldqualität, darf also keinen Fels aufweisen. Das muss mit ständigen Proben nachgewiesen werden. Zum Schluss wird alles mit einer relativ dünnen Humusschicht überzogen. Im ersten Abschnitt des Blinksteigen-Projektes sind das (statt der wesentlich geringer geforderten Mindeststärke) immerhin Schichten von 1,85 Meter Aushub und 0,15 Meter Humus, also von insgesamt zwei Metern Stärke.
Nicht ohne Grund verweisen Stadtbaudirektor Michael Knappe und Abfallreferent Gerhard Gögelein auch auf den zusätzlichen Effekt, der auf diesem „Deckel“ über der früheren Deponie untergebracht werden konnte. Künstlich geschaffene Inseln aus Felsbrocken, Ast- und Wurzelmaterial dienen als Biotope. Bepflanzung in anderen Bereichen, vor allem zum Rand, wird hinzukommen. Für den benachbarten Klettergarten konnten zwischen Rekultivierungsfläche und Waldrand 80 Pkw-Parkplätze geschaffen werden.
Nicht ganz einfach stellt sich die Kostenbetrachtung für den bisher abgewickelten Abschnitt des Rekultivierungsprojektes dar. Unter dem Strich sind 400000 Euro an Ausgaben angefallen. Hinzu kommen 60000 Euro für erbrachte Ingenieur- und Gutachterleistungen. Dem stehen rund 300000 Euro an Einnahmen gegenüber. Dabei handelt es sich um Beträge, die fürs Deponieren von Erdmaterial in die Stadtkasse zu zahlen waren. Zum Teil geht es freilich auch um Geld, das bei der Stadt Rothenburg von einer Tasche in die andere wanderte.
Für den zweiten Abschnitt der Deponierekultivierung droben an der Blinksteige legt die Stadt jetzt schon Aushubmaterial auf Vorrat an. Die Hoffnung, durch den Ausschub von Teknor Apex im neuen Gewerbegebiet an der Ansbacher Straße größere Mengen erhalten zu können, haben sich nicht erfüllt. Die angefallenen Massen wurden an Ort und Stelle zum Niveauausgleich benötigt. Wer eine größere Baustelle hat mit mindestens 500 Kubikmeter Aushub, könnte profitieren. Für den angefahrenen Kubikmeter verlangt die Stadt 8 Euro. Normalerweise kostet der Kubikmeter 13 Euro.
Wenn im nächsten Jahr die Baustelle mit Totalerneuerung der A 7 Rothenburg erreicht, dürften größere Mengen Aushub anfallen, so spekulieren der Stadtbaudirektor und Abfall-Referent. Ob sich eine andere Hoffnung erfüllt, scheint noch in den Sternen zu stehen. Im Dezember 2014 schon gab der Bauausschuss des Rothenburger Stadtrats grünes Licht für einen Solarpark nach der Rekultivierung auf dem früheren Deponiegelände.
Das Bauamt winkt jetzt ab, weil es aus ihrer Sicht Probleme bei der Gründung der Fundamente gibt. Die auf regenerative Stromerzeugung ge-eichten Rothenburger Stadtwerke haben bei der Jahrespressekonferenz gezeigt, dass sie sich damit nicht zufriedengeben wollen. -ww-