Bauauschuss erteilt gegen 2 Stimmen positiven Vorbescheid
ROTHENBURG – Nach entsprechender Einstimmung bei der Stadt-rats-Klausur in Nürnberg am vergangenen Wochenende (wir berichteten) hat sich der Bauausschuss in seiner jüngsten Sitzung am Montagabend erneut mit dem Ärztehaus-Projekt im Garten des früheren Amtsgerichts beschäftigt. Im Zuge eines sogenannten Vorbescheids gab das Gremium schließlich gegen zwei Stimmen das Signal an den Bauherrn, dass das von ursprünglich fünf auf jetzt vier Stockwerke korrigierte Konzept in dieser Form umgesetzt werden kann.
![Volles Haus im Sitzungssaal des Rathauses: Viele Zuhörer (hinten) verfolgen die Beratung zum Ärztehaus. Foto: Weber]()
Volles Haus im Sitzungssaal des Rathauses: Viele Zuhörer (hinten) verfolgen die Beratung zum Ärztehaus. Foto: Weber
Unter dem Strich war die Beratung geprägt von zwei in sich unterschiedlichen Auffassungen. Einerseits ließen Skeptiker, die es auch in den Reihen des Bauausschusses zu diesem Projekt gibt (sowie bei Anwohnern, beim Verein Alt-Rothenburg, bei Altstadtfreunden, Denkmalschützern und in der Bevölkerung), keine Zweifel aufkommen, dass aus ihrer Sicht die letzten Monate zu wenig genutzt wurden.
Ein solches Projekt, wenn es schon an sensibler Stelle in diesem Grünbereich direkt von den Mauern unbedingt verwirklicht werden soll, müsse architektonisch anders und vor allem ansprechender gestaltet sein, dürfe nicht wie ein Klotz oder Block mit vier Stockwerken dastehen und entsprechend in die nähere und weitere Umgebung wirken, gaben sie enttäuscht zu verstehen. In dieser Richtung äußerten sich allen voran Dieter Seiferlein (Bündnisgrüne) und Dr. Karl-Heinz Schneider (FRV). Auch fehle ein Begrünungsplan (Thomas Schmid von der UR).
Rechtsanspruch besteht
Andererseits sahen andere Mitglieder des Gremiums angesichts der aus ihrer Sicht klaren Vorzeichen keinerlei Anlass, sich mit solchen gestalterischen oder anderen Gesichtspunkten aufzuhalten. Es gehe hier allein ums Planungs- und Baurecht und nicht um Geschmacksfragen (Dr. Günther Strobl von der SPD). Der Bauherr habe einen Rechtsanspruch darauf, das Projekt an dieser Stelle, für die weder ein Bebauungsplan noch irgendein Bauverbot existiert, zu verwirklichen. Die baurechtliche Bewertung habe hier klar im Vordergrund zu stehen.
Allerdings blieben in zwei Punkten Bedenken stehen, über die dann auch in eigenen Beschlüssen abgestimmt wurde, bevor das Ärztehaus-Konzept an besagter Stelle dann insgesamt zur Abstimmung stand. Dabei ging es zum einen ums Dach des Gebäudes. Hierfür wurden vom Bauherrn in einer Animation zwei Varianten vorgelegt: die eine ganz flachgeduckt mit zwei gegeneinandergestellten Flächen und die andere als reines Flachdach ausgeführt. Der Antrag, mit dem „flachgedrückten Satteldach“ wenigstens ein klein wenig für die Optik zu tun, scheiterte dann allerdings ganz knapp an einem 5:5-Patt.
![Diese Animation des künftigen Gebäudes wurde im Bauausschuss gezeigt.]()
Diese Animation des künftigen Gebäudes wurde im Bauausschuss gezeigt.
Noch klarer riss an diesem Abend der weitere Antrag im Vorfeld der Schlussabstimmung die Latte. Dabei ging es um die Verkehrssituation, die sich mit dem Projekt in dem ohnehin schon belasteten Bereich vorm Rödertor noch erheblich verdichten dürfte. Durch das Ärztehaus im früheren Amtsgericht ist die Einbahnstraße Topplerweg im oberen, nördlichen Bereich schon für die Ausfahrt zur Ansbacher Straße geöffnet worden. Allerdings hält sich längst nicht jede(r) an das Linksabbiegeverbot ins Rödertor und es kommt bisweilen zu heiklen Situationen.
Gefahren vorm Rödertor
Allen voran Silke Sagmeister-Eberlein (CSU) machte deshalb darauf aufmerksam, dass sich da mit der Verlagerung der Grundschule an den Topplerweg schon Schwerpunkte verschieben werden und ein Ärztehaus mit weiteren Fahrzeugbewegungen die Gefahrensituation vorm Rödertor noch verschärfe. Sie sah sich hier einig mit ihrem Ausschuss-Kollegen Dieter Seiferlein, der deshalb mit ihr zusammen forderte: Aus diesen Gründen nur noch das Ausfahren nach links vom Ärztehaus-Areal möglich machen. Der Antrag unterlag allerdings mit 2 zu 8 Stimmen deutlich. Die Verwaltung werde in Übereinstimmung mit der Bauherrschaft sofort reagieren, falls sich die Situation vorm Rödertor wirklich, wie von Skeptikern befürchtet, verschärfen sollte, meinte Oberbürgermeister Walter Hartl dazu.
Bei der Schlussabstimmung zum Projekt in der vorliegenden Fassung zogen die Skeptiker mit ihren Vorbehalten deutlich den Kürzeren im Vergleich zu den Befürwortern, und zwar mit 2 zu 9 Stimmen. Dieter Seiferlein und Dr. Karl-Heinz Schneider versagten dem Projekt ihr grünes Licht. Beim Nachrechnen stellte sich dann heraus, dass ein Bauausschuss-Mitglied bei den vorangegangenen Abstimmungen nicht mitgewirkt hat. Bei Abstimmungen im Stadtrat und seinen Ausschüssen kommt es immer wieder zu unübersichtlichen Situationen, weil die einzelnen Namen nicht mehr festgehalten werden.
Entschuldigt waren an diesem Abend Bürgermeister Kurt Förster (SPD) und Peter Schaumann (CSU). Sie wurden vertreten von Peter Staudacher (SPD) und Silke Sagmeister Eberlein (CSU). An der Beratung nahmen außerdem teil: für die CSU Dieter Schulz, für die FRV Dr. Karl-Heinz Schneider und Brigitte Klingler, für die UR Thomas Schmid, Dieter Seiferlein für die Bündnisgrünen, Stefan Reihs und Dr. Günther Strobl von der SPD.
Mit einer Vorbemerkung hatte Oberbürgermeister Walter Hartl die Beratungen zu diesem Punkt in Folge der ablehnenden Entscheidung bei der Erstvorlage und einer davon ausgehenden Welle von Kritik im Frühjahr eingeleitet. Es seien teilweise große Emotionen im Spiel bei diesem Projekt, gab er zu verstehen und wollte das als Appell zur Mäßigung verstanden wissen.
Er sprach von einer zum Teil nicht ganz glücklichen Kommunikation zwischen Bauherr und Anwohnern und brachte im Lauf der Beratung den Hinweis ein, der Bauherr habe in Bezug auf die Ursprungsplanung sein Projekt um ein ganzes Stockwerk zurückgenommen.
An diesem Abend fand sich der Punkt „Ärztehaus“ ganz hinten auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung unmittelbar vor den „rein geschäftsmäßigen“ Vergaben von Arbeiten am weiter rasch vorangehenden Topplerschule-Erweiterungsbau.
Stadtbaumeister Michael Knappe hatte die Beratung zu diesem Thema mit seinen Anmerkungen eröffnet. Er verlas in Passagen (die allerdings den Sinngehalt des ganzen Schreibens nicht immer wiedergaben) aus den Stellungnahmen des Landesamtes für Denkmalpflege und des Stadtheimatpflegers Professor Dr. Konrad Bedal sowie aus einem Schreiben der einzigen direkten Anwohner an den Bauausschuss (siehe den jeweiligen Wortlaut auf dieser Seite).
Nach wie vor Schwierigkeiten
Es sei nicht der Blick von der Engelsburg entscheidend, meinte er im Lauf der Beratung zu Dr. Schneider. Der hatte bekundet, er habe nach wie vor „Schwierigkeiten mit dem Projekt“ im unittelbaren Umgriff der Altstadt. Er sprach von einer entscheidenden Störung der Dachlandschaft vom Westen aus gesehen und von einem nicht unproblematischen Präjustiz für die Zukunft.
Zur Sitzung des Bauausschusses hatten sich am Montagabend außergewöhnlich viele Zuhörer eingefunden. Die Zahl der bereitstehenden Stühle reichte nicht aus und es mussten welche hinzugenommen werden, die unbenutzt am Sitzungstisch standen.
Dr. Cornelia Kartak, mit ihrer Familie im Wohnhaus neben dem früheren Amtsgericht einzige unmittelbare Anliegerin, bedauerte gegenüber unserer Zeitung im Vorfeld der gestrigen Entscheidung ganz ausdrücklich, aus ihrer Sicht gehe es jetzt ums schnelle Durchwinken des Projektes. Damit komme eine Rechtsbindung zustande, die bessere Lösungen als die jetzt wieder auf eine vierstöckige Variante reduzierte Planung erschwere oder gar unmöglich mache. Das sei sehr bedauerlich und spreche nicht für den Bauausschuss.
Zeit nicht genutzt
Es sei für sie unverständlich, dass die Zwischenzeit nach Ablehnung des ursprünglichen Konzepts nicht genutzt worden sei, um alle Beteiligten an einen Tisch zu holen und in Gesprächen eine akzeptable Lösung zu erreichen. Bei ihrem Widerstand gegen das Projekt in der vorliegenden Form sei sie alles andere als getrieben von reinen nachbarschaftlichen Interessen.
Sie und ihr Mann seien dagegen und werden auch ihre Unterschrift verweigern, betont sie, weil sie davon überzeugt seien, dass sie es Rothenburg und seinem schönen Bestand in diesem Nahbereich vor der Mauer und auch der Bevölkerung schuldig seien. Die vorliegende Planung setze außerdem mit der Baukörperhöhe von bis zu 12,70 Meter viel zu vieles aufs Spiel.
Auch bei einem befürwortenden Beschluss durch den Bauausschuss werde sie nicht aufhören, sich beim Projekt, gegen das sie ja keine grundsätzlichen Vorbehalte habe, für eine bessere Lösung einzusetzen.
Sie könne den Bauherrn nur bitten, doch im eigenen Interesse an dieser sensiblen Stelle auf ein Stockwerk zu verzichten: „Rothenburg wird es ihnen danken, wird es ihnen aber auch immer nachtragen, wenn sie hier etwas gegen den gesunden Menschenverstand und über schützenswerte Interessen hinweg übers Knie brechen.“ -ww-