Rothenburger hat Flugzeug-Absturzfotos von 1945 in seinem Album
ROTHENBURG – Es war am 31. März 1945 als ganz in der Nähe bei Hemmendorf ein Bomber zerschellte. An das bis heute kaum bekannte Ereignis erinnert sich nicht nur ein 79-jähriger Rothenburger, sondern überrascht auch noch mit Fotos vom Flugzeugwrack. Leser Armin Wurzrainer reagierte damit auf unseren Artikel über das „Hamlet“-Buch zum Kriegsende und konnte ferner seine Erlebnisse aus der Bombennacht beisteuern.

Armin Wurzrainer, sein jüngerer Bruder, die Mutter und Alfons Ohmayer sen. an der Absturzstelle. Fotos: privat
Eine „fliegende Festung“, die ganz in der Nähe Rothenburgs abgestürzt ist? Das hatte der Autor Peter Kuper in seinem Buch „Hamlet“ (siehe FA-Oster-Feuilleton 2016 und FA vom 31. März zum Fliegerangriff) als seine Jugenderinnerung erwähnt. Als Kind sei er zusammen mit deutschen Soldaten damals sogar vor Ort gewesen und habe die ersten verbrannten Piloten gesehen. Eine „Art verschmortes Plexiglas, das stank und rußte“ hätten die Jungs als Souvenir mitgenommen. Peter Kuper wohnte in dem Häuschen vor dem Klingentor auf dem Brauhausgelände, zog dann aber gleich nach dem Krieg in die Mainmetropole Frankfurt, wo er ein wildes Leben führte. Vor acht Jahren ist er verstorben. In seinem im März-Verlag von Jörg Schröder, 78, verlegten Tatsachenroman sind den Rothenburg-Erlebnissen immerhin gut achtzig Seiten von 555 gewidmet. Das Werk gibt es mit etwas Glück noch antiquarisch über Netzplattformen und eventuell will es der Berliner Verleger sogar nochmal auflegen.

Armin Wurzrainer und sein Bruder 1945 bei Hemmendorf.
Bei unseren Recherchen vermuteten wir zunächst, Peter Kuper könne möglicherweise die bei Sengelhof abgestürzte englische Lancaster gemeint haben, worüber unsere Zeitung schon 2005 berichtet hatte. Damals fand sich mit dem 80jährigen Douglas Cady ein noch lebender Pilot aus jener Maschine nochmals am Absturzort ein und besuchte in Schönbronn die Familie, die ihn im März 1945 aufgenommen hatte. Nun aber meldete sich der 79-jährige ehemalige Rothenburger Armin Wurzrainer aus Zirndorf, der tatsächlich einen weiteren Bomberabsturz bestätigen kann, der sich bei Hemmendorf, also rund zehn Kilometer von Rothenburg entfernt, auf freiem Feld ereignete. Ob dies nun noch auf bayerischer oder bereits württembergischer Gemarkung der Fall war sei dahingestellt. Armin Wurzrainer berichtet, nach seiner Erinnerung sei das Flugzeug einige Tage vor dem Luftangriff abgestürzt, der dann am Ostersamstag, den 31. März 1945, erfolgte. Die Angriffs-Staffel der Amerikaner bestand aus 16 Maschinen des Typs Martin B-26 G Marauder und wurde von einer Douglas A-26 Invider angeführt. Vielleicht hängt der Bomberüberflug im Vorfeld damit zusammen? Buchautor Peter Kuper spricht bei dem von ihm erwähnten Bomberabsturz von einer „fliegenden Festung“ (B 17) die nachts von deutscher Flak heruntergeholt wurde, läßt aber nähere Datums- und Ortsangaben vermissen. Jedenfalls sei er damals mit acht anderen Kindern an der Absturzstelle gewesen, die offenbar nicht weiter durch deutsche Soldaten gesichert gewesen war. Dass nun die Erlebnisse Wurzrainers und die Kupers in diesem Fall miteinander zu tun haben, ist naheliegend, aber nicht gesichert. Da könnten eventuell weitere Augenzeugen oder Nachkommen, die von dem Absturz bei Hemmendorf Kenntnis haben, Erhellendes liefern. Armin Wurzrainer erinnert sich gut, dass der Bomber nachts unweit von Hemmendorf auf freies Feld gestürzt ist und eine riesige Trümmerlandschaft hinterlassen hat. „Als achtjähriger Junge habe ich zusammen mit meiner Mutter, dem jüngeren Bruder und dem Großvater tags darauf die Absturzstelle besucht”, berichtet der mit der Familie Ohmayer verwandte Zeitzeuge. Den schrecklichen Anblick der toten Besatzung hat er noch vor Augen, beim Flugzeugtyp könne man nur Vermutungen anstellen. Zusammen mit Kupers Erwähnung der B 17 wäre eine US-Maschine schlüssig. Wurzrainer: „In guter Erinnerung habe ich noch die Zweckentfremdung der vielen großen Aluminiumbleche, die viele mitgenommen und zum Schutz ihrer Brennholzvorräte vor Regen verwendet haben.“ Im engen Keller des Hauses seiner Großeltern Alfons und Auguste Ohmayer in der Rödergasse 29 hat Armin Wurzrainer den Bombenangriff erlebt („Mir fiel das prasselnde Geräusch der zahllosen Stabbrandbomben auf”). Man habe wohl zu lange im Keller des brennenden Hauses ausgeharrt, denn das Verlassen der Stadt wäre dann lebensgefährlich gewesen: „Von der Stadtmauer und dem Röderturm fielen große Mengen Ziegel und glühende Holzteile herunter.“

Vor und nach 1945 Lazarett: Hotel Bären.
Die Flugabwehr hat nach Erinnerung des damals noch jugendlichen Augenzeugen zur Zeit des Luftangriffs keine Rolle gespielt. Die Ausgebombten hätten sich hinterher beklagt, wie ungehindert die anfliegende Formation ihre tödliche Fracht am hellichten Tage abladen konnte. Wurzrainer spricht von einer „Sorglosigkeit der Rothenburger”, die sich so einen Angriff damals nicht mehr vorstellen konnten. Erinnern kann er sich auch daran, dass die letzten Tage vor Kriegsende noch ein Waggon mit montiertem Geschütz am Bahnhof stand und dort Wehrmachtssoldaten „mit blankem Oberkörper“ tätig waren. Im Hotel „Bären“ bei seiner Tante Adele Müller sei ein Lazarett untergebacht gewesen, zunächst für die Deutschen, dann nutzten es die Amerikaner als US-Hospital. Armin Wurzrainer: „Ich sehe heute noch die weißgekleideten Ärzte und Schwestern vor mir und erinnere mich gut wie die Wunden geheilt wurden”. Die Amerikaner hätten auf dem Marktplatz eine Siegesparade mit Sherman-Panzern veranstaltet und ihre Flagge gehißt. Als Achtjähriger sei man von den deutschen Soldaten und ihrem zackigen Auftreten geprägt gewesen. In der Nachkriegszeit machte Armin Wurzrainer eine Lehrzeit beim Gas-Werk und wurde später Ingenieur. Alfons Ohmayer jun., der Bruder seiner Mutter, hatte im NS-Regierungsauftrag jedes Haus fotografiert, aber als die dann nicht mehr für die Bilddokumentationen zahlten, habe er das wieder aufgegeben. Was Peter Kupers weitere Schilderungen von nahen Bombeneinschlägen anbelangt, so könnte sich Armin Wurzrainer vorstellen, dass dies vielleicht etwas mit dem Detonieren einer großen Sprengbombe auf dem Herzacker im Taubertal zu tun hatte. „Dort hat sich der Trichter mit Wasser gefüllt, wir haben da gespielt” erzählt er und weiß auch, dass im Amtsgerichts-Garten eine Bombe niedergegangen ist.
Wer weiß noch etwas?
Vielleicht gibt es ja doch noch weitere Zeitzeugen, die zu diesen Angaben vom Bomberabsturz bei Hemmendorf oder generell zum Zeitenwandel um das Kriegsende 1945 etwas beitragen können. Hinweise bitte über das FA-Redaktionssekretariat (09861-400120) oder fa@rotabene.de per Mailverbindung. diba