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Weniger närrisch: Neues wagen

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Lokalmatador der Frankemer Stupfl  zieht in Rothenburg neue Seiten auf

ROTHENBURG – Als Hausmeister der Frankemer Stupfl in der Faschingssaison wetzt Christoph Maul seine spitze Zunge. Mit der Inbrunst des verzweifelten Intellektuellen geht er in dieser Rolle dem allgegenwärtigen Irrsinn auf den Grund. Er schaut dem Franken in die Seele und aufs Maul. Ab und zu lässt er den Zyniker von der Kette angesichts der nicht zu übersehenden Missstände hinter den wackligen Kulissen des kleinen und großen Welt­theaters. Sein erster Auftritt in der Korn-Halle wird eine besondere Premiere.

Steigt in die Kabarett-Szene ein: Christoph Maul, wie er leibt und lebt. Foto: Schäfer

Steigt in die Kabarett-Szene ein: Christoph Maul, wie er leibt und lebt. Foto: Schäfer

Der Schillingsfürster nimmt diesmal auf der Bühne nicht seine Hausmeisterrolle ein, sondern tritt Mitte Januar zum ersten Mal als Privatperson vors Publikum. Mit seinem ersten Soloprogramm „Mangel durch Überfluss“ steigt er in die Welt des Kabarett ein und stellt sich damit der Herausforderung, die eigene Messlatte höher zu legen. Er hat Spaß daran, Neues auszutesten. Mit schöpferischer Energie arbeitet und feilt Christoph Maul am Programm. Musikalisch begleiten wird ihn in vier kurzen Einspielern Gstanzlsänger Martin Rohn aus Gailnau – eine weitere Lokalgröße der Frankemer Stupfl. Ihr ers­ter gemeinsamer Auftritt auf der Kornschen Bühne stößt auf großes Interesse. Schon Monate vor dem Termin sind über 350 Eintrittskarten verkauft.

Christoph Maul ist ein echter Frankemer. 1979 erblickte er im Schillingsfürster Krankenhaus das Licht der Welt. Seinen ersten Auftritt absolvierte er als fünfjähriger Bub auf einer Hochzeitsfeier durch einen Gedichtvortrag. Später entfaltete er sein Talent auf dem Feuerwehrball und im TSV-Theaterschauspiel. Größere Bekanntheit erlangte er durch seine starke Bühnenpräsenz bei den Stupfl-Faschingssitzungen als redseliger Hausmeister in Arbeitskleidung, der ohne zu zögern seine Meinung sagt und richtig sauer werden kann, wenn ihm etwas gehörig gegen den Strich geht. Die Hausmeistertätigkeit ist für ihn nicht bloß eine Arbeit, sondern Lebenseinstellung und -inhalt.

Er fungiert gerne und oft als Moralist, der die Welt verbessern will. Aber er ist kein Pessimist. Seine Aufgabe sieht er darin, zu sagen was mit uns geschieht. Immer mit einem Quäntchen Kritik verbunden und einer permanenten Aufforderung ans Publikum, selbst zu denken. Das braucht oftmals Wissen und Fantasie, um die Verlautbarungen zu begreifen. Und die Fähigkeit zur Selbstkritik, um sie zu ertragen.

Freund deutlicher Worte

Auch andernorts herrscht hausmeisterlicher Personalbedarf. So tritt Christoph Maul auf anderen Faschingsbühnen in der Region auf. Als neuer Hausmeister der Comödie Fürth, der diskret über vieles Indiskrete zu berichten wusste, schaffte er es sogar bis ins Fernsehen. Schon zweimal nahm er am Wettbewerb des Bayerischen Rundfunks „Franken sucht den Supernarr“ teil und kam 2014 auf Anhieb ins Finale, wo er in einem starken Feld von Konkurrenten um die besten Plätze wetteiferte und mit seinen Fähigkeiten den dritten Rang belegte. Keine Geringeren als die beiden waschechten Faschingsexperten, der Fürther Komiker, Martin Rassau, und Bernd Händel, Sitzungspräsident der Kult-Sendung „Fastnacht in Franken“, hatten die Vorstellung der Interpreten beurteilt.

Auch als Polit-Chauffeur und „Kartl-Joker“, der nicht mehr gebraucht wird, weil keiner mehr Karten spielt, stand Christoph Maul schon auf der Bühne. Beim ersten „Politiker-Derblecken“ auf der Frankenhöhe im vergangenen März schlüpfte Christoph Maul in die Rolle des Fastenpredigers als Fürst Phi­lipp Ernst, Bauherr des Schillings­fürs­ter Schlosses. In diesem Job gab es besondere Privilegien, welche der „Fürst“ im ausgeliehenen Rothenburger Festspielgewand auf der Bühne auslebte. Er spottete und lästerte, was das Zeug hielt. In Anlehnung an den bekannten „Nockherberg“ übte der „fränggische“ Fastenprediger mit dem spröden Charme Kritik an Politik und Gesellschaft und schenkte den Protagonisten kräftig ein.

Unter den Zuschauern saß auch der Rothenburger Kulturmacher Robert Hellenschmidt. Angetan von der kraftvollen Darstellung unterbreitete er Christoph Maul das Angebot, einen ganzen Abend im Rahmen der nächs­ten Korn-Kabarettreihe zu bestreiten. Unter dem Titel „Mangel an Überfluss“ wird der Freund deutlicher Worte seine Gedanken schweifen lassen. Ein bisschen verrät er schon, was es damit auf sich hat: „Wir haben einen Überfluss an Gesetzen, aber einen Mangel an Gerechtigkeit. Wir haben einen Überfluss an Nahrung, aber einen Mangel an gesundem Essen. Es gibt einen Überfluss an Information und Exhibition auf allen sozialen Kanälen, aber einen Mangel an Gehaltvollem“. Das Mitdenken wird durch den Einsatz von Humor vereinfacht, aber es ist notwendig. Im Fasching hat er „mehr Narrenfreiheit“. Beim Korn-Auftritt will Christoph Maul „stärker auf Inhalte setzen“.

Seine Brötchen verdient der gelernte Betriebswirt als Vertriebs- und Marketingleiter mit kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Aufgaben bei einer Textilfirma. „Hausmeisterlich bin ich überhaupt nicht begabt“, räumt er ein. „Wenn ich von meiner Hände Arbeit leben müsste, wäre es schwierig“. Christoph Maul ist ein politischer Mensch, aber nicht von parteipolitischen Interessen geprägt, wie er sagt. „Ich wüsste nicht, wo ich mich politisch aufgehoben fühle. Jede Partei hat so ihre Schwächen“. Er hegt Sympathien für den schwarz-grünen Bundestagsabgeordneten Josef Göppel: „Er hat eine klare Haltung und bringt einen Mehrwert für die Natur ein“. In der Schillingsfürster Kommunalpolitik warb einst Fried­rich Wieth um Christoph Maul als CSU-Kandidat: „Damals war er noch gut“.

Christoph Maul blieb der Insider mit dem Blick von außen, der die Dinge mit kritischer Distanz betrachtet. „Michael Trzybinski hat jahrelang zurecht den Proporz der Schwarzen angeprangert. Jetzt als amtierender Bürgermeister stellt er eigene Leute ein. Der Kölner Klüngel ist überall. Man kennt sich, man hilft sich“. In Rothenburg habe man mit Oberbürgermeister Walter Hartl bewusst einen Mann von auswärts gewählt, um alte Strukturen aufzubrechen, „und jetzt hängt er genauso drin“. sis


Große Ehre und Anerkennung

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Glückwünsche für Albert Hasenstein zur Funktion als „Maitre Sommelier“

GICKELHAUSEN – Besondere Anlässe wollen gebührend gefeiert werden. Die Gickelhausener Sektmanufaktur Hasenstein kann mit der ehrenvollen Aufnahme in die internationale gastronomische Gesellschaft „Chaine des Rotisseurs“ interessante Kontakte knüpfen und gleichzeitig ihren Bekanntheitsgrad erweitern.

Gäste mit Zunftketten und Ehrenabzeichen in Gickelhausen empfangen: Peter Gummersbach, Inge Stöcker, mit den Eheleuten Albert und Verena Hasenstein, Rudi Stöcker und Peter Lipka.    Foto: Schäfer

Gäste mit Zunftketten und Ehrenabzeichen in Gickelhausen empfangen: Peter Gummersbach, Inge Stöcker, mit den Eheleuten Albert und Verena Hasenstein, Rudi Stöcker und Peter Lipka. Foto: Schäfer

Qualität und Persönlichkeit sind das, was die Kundschaft von Albert Hasenstein, Jahrgang 1983, überzeugt. Zu seiner Kompetenz kommt der Spaß an der Kreativität bei der Herstellung seiner perlenden Tropfen. Für sein frisch ausgebautes Sektgut bekam der gelernte Weinküfermeister, der sich auf das Sektmachen nach der Champagner-Methode spezialisiert hat, auch schon Preise.

Sein Sortiment kann sich sehen lassen. Beim Sektmachen wird einem trockenen Wein eine spezielle, gegen Alkohol und Druck tolerante Hefe zugesetzt und diese mit Zucker (auch in Form von Traubensaft) „gefüttert“. Sie produziert neben Alkohol die Kohlensäure, das prickelnde perlende Markenzeichen seiner Spitzen-Produkte.

Die feine Auswahl als perfekte Ergänzung zu einem guten Essen beeindruckte auch Peter Gummersbach, seit 2014 Direktor im Hotel-Restaurant „Anna“ in Schnelldorf. Das Geschäft ergab sich bei gleicher Wellenlänge und Bedarf von allein. Peter Gummersbach ist gleichzeitig Mitglied der aus Frankreich stammenden „Chaine-“Feinschmeckergilde mit dem Rang eines „Officier“. Angetan von dem vielseitigen Könner schlug er die Aufnahme von Albert Hasenstein als „Maitre Sommelier“ in die Veinigung vor – und stand bei der feierlichen Inthronisation mit Schwert und Schwur im Stuttgarter Schloss auch Pate. Neben Rudi Stöcker, dem „Bailli“ von Franken.

Über vier Jahrhunderte pflegt und entwickelt die Gourmet-Gesellschaft die kulinarische Kunst und setzt hohe Standards beruflicher und qualitativer Art. Sie bringt Mitglieder aus der ganzen Welt zusammen, die den gemeinsamen Geist der Gesellschaft teilen und gutes Essen und Trinken schätzen, ebenso gute Tischsitten.

Eine kleine Abordnung der fränkischen Gilde stattete der Sektmanufaktur in Gickelhausen am vergangenen Samstag einen offiziellen Besuch ab, um Albert Hasenstein feierlich das „Chaine“-Schild mit dem Wappenmotiv zu überreichen. Das Logo zeigt zwei gekreuzte Bratspieße und vier „Spicknadeln“. Damit kann der Betrieb mit einer Jahresproduktion von 100000 Flaschen in Zukunft auch öffentlich als Mitglied der privilegierten Vereinigung wahrgenommen werden.

Nach einer Führung durch die Sektmanufaktur wurden die Träger schwerer Zunftketten in der Vesperstube bestens bewirtet: mit Rauch- und Käseplatten, Lachs, Roastbeef, Grillgemüse, ofenfrischem Zwiebelkuchen. Zum Dessert gab es eine mit Scheurebe-Sekt verfeinerte Creme, Konfekt und gefüllte Mürbeteigblüten – selbst hergestellt und angerichtet. Dazu kredenzte Albert Hasenstein seine Spitzen-Sekte und lüftete das Geheimnis der traditionellen Herstellung, die schon fast mehr Kunst als Handwerk ist. sis

„Vorbilder für Mitschüler“

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Zwei Berufsschul-Absolventinnen mit Staatspreis ausgezeichnet

ROTHENBURG – Ehre, wem Ehre gebührt, dachte sich die Leitung der Berufsschule Rothenburg und lud zu einer Feierstunde im familiären Rahmen ein: Im Mittelpunkt dieser Zusammenkunft standen zwei Absolventinnen, die für ihren herausragenden schulischen wie zwischenmenschlichen Einsatz mit dem Staatspreis ausgezeichnet wurden.

Staatspreisträgerinnen Lara Wagner und Tanya Thoma (3. und 5. v. l.) inmitten der Lehrerinnen Gerda Klameth und Maria Middendorf sowie Kurt Förster und Schulleiter Dr. Friedhard Nichterlein. Foto: Scheuenstuhl

Staatspreisträgerinnen Lara Wagner und Tanya Thoma (3. und 5. v. l.) inmitten der Lehrerinnen Gerda Klameth und Maria Middendorf sowie Kurt Förster und Schulleiter Dr. Friedhard Nichterlein. Foto: Scheuenstuhl

Viele junge Berufsanfänger verließen zum Sommer die örtliche Berufsschule mit einer soliden Ausbildung als Sprungbrett für die weitere Karriere in der Tasche. An die 50 von ihnen hatten auf ihrem Abschlusszeugnis die Note 1,5 oder besser stehen. So auch Lara Wagner aus Stilzendorf mit 1,33 und Tanya Thoma aus der Nähe von Ansbach mit dem Traumschnitt von 1,14.

Neben diesen „ganz hervorragenden Noten“, wie Schulleiter Dr. Friedhard Nichterlein die Leistung der Schülerinnen würdigte, haben sie sich sowohl im Schulleben als auch an ihren Ausbildungsstätten „als Vorbilder für ihre Mitschüler“ hervorgetan. Die Entscheidung, genau diese beiden für den Staatspreis auszuwählen, sei der Schule deshalb „nicht schwergefallen“.

Persönlichkeit und Tugenden

Genau darauf zielt nämlich diese Auszeichnung ab: Die Persönlichkeit und die Arbeitshaltung mit den Tugenden wie beispielsweise Pünktlichkeit, Fleiß und Teamfähigkeit spielen für den Erfolg in der Berufslaufbahn und im jeweiligen Betrieb eine ebenso große Rolle wie die fachlichen Leistungen und sollten glei­chermaßen gewürdigt werden.

Lara Wagner ist nun staatlich geprüfte Kinderpflegerin. Gerda Klameth, ihre Klassenlehrerin, hatte zum Abschied ausschließlich lobende Worte für die 18-Jährige übrig. So habe Lara zwei Jahre lang als Klassensprecherin einen hervorragenden Job gemacht und auch als Schulsprecherin habe sie ihre Mitschüler immer „gut vertreten“. Sowohl für die Lehrer als auch für die Schüler sei sie „auf ganzer Linie“ ein zuverlässiger Ansprechpartner gewesen. „Für uns ist es schade, dass du jetzt so weit weg bist“, spielte Gerda Klameth auf die Zukunftspläne von Lara an, die auch im Jugendbeirat der Stadt aktiv war: Sie möchte sich nun zur Kinderkrankenschwester ausbilden lassen.

Auch Tanya Thoma hinterließ bei den Lehrkräften einen besonders positiven Eindruck. In Vertretung des eigentlichen Klassenleiters stellte seine Kollegin Maria Middendorf heraus, warum die frisch gebackene Köchin die Auszeichnung „wirklich verdient“ hat. Sie drückte nämlich mit Ende 30 noch einmal die Schulbank mit Mitschülern, die altersmäßig ihre Kinder hätten sein können – und sich manchmal auch so benahmen, wie die Lehrerin mit einem Augenzwinkern berichtete.

Dennoch verhielt sich Tanya Thoma ihnen gegenüber immer unterstützend und war auch bereit „etwas für gute Noten zu tun“. In ihrem Fall bedeutete dies um 4.30 Uhr aufzustehen, um in Ruhe lernen zu können während ihre eigenen Kinder noch schliefen. Abends kamen bei der angehenden Köchin dann oftmals eben die Gerichte auf den Tisch, die sie für ihre Prüfungen üben musste.

„Hervorragende Schule“

Auch Kurt Förster sprach den beiden als Stellvertreter des Landrats seine Hochachtung aus und überreichte ihnen den Staatspreis samt einer kleinen Zuwendung des Landkreises. Die Ergebnisse der beiden und ihrer Einser-Mitschüler zeigen, welche „hervorragende Schule“, die Berufsschule sei. Insbesondere auch den Lehrern müsse hierfür gedankt werden.

Der Landkreis nehme viel Geld in die Hand, um den finanziellen und räumlichen Rahmen zu schaffen, dass die Jugend bestmöglich in den Lebensweg einsteigen kann, so Kurt Förster. Bislang wurden insgesamt 150 Millionen Euro in die Landkreisschulen investiert. „Und damit sind wir noch lange nicht am Ende“, verspricht er. Aus Sicht von Schulleiter Dr. Friedhard Nichterlein sei der Landkreis Ansbach ein „absolutes Vorbild“, was die „Unterstützung von Schule und Bildung“ betrifft. Neben diesen Rahmenbedingungen und der „hervorragenden Arbeit“ der Lehrer, seien Lara Wagner und Tanya Thoma aber besonders „von Gott begnadigt“.

Sie hätten bestimmte Fähigkeiten mitbekommen, so der Schulleiter, die ihnen auf ihrem Weg zu diesem Erfolg geholfen haben. Aber auch die Familie sowie die Angehörigen haben dazu beigetragen, ebenso wie die Ausbildungsbetriebe mit ihrem „besonderen Einfluss“.

Den Berufsanfängern wünschte der Schulleiter „alles Gute für die Zukunft“. Sie sollen sich auf ihre Stärken besinnen und das Beste aus ihrem „enormen Potenzial“ machen. Er sei zuversichtlich, dass ihnen dies gelinge. Zudem nutzte er die Gelegenheit, die Durchlässigkeit des Bildungssystems anszuprechen.

Früher war der Bildungsweg für einen Schüler nach der 4. Klasse vorgegeben. Dies ist heute nicht mehr so. Dr. Friedhard Nichterlein hofft, dass dies zu „größerer Gelassenheit“ in den Familien führt und der „Stress in den Grundschulen“ abgebaut wird. Es gebe einfach Menschen mit einem längeren Entwicklungszeitraum, die aber ebenso leistungsfähig sind. mes

Eine anschauliche Übersicht

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Verbindung von Naturerlebnis und Geschichtskunde im Burggarten

ROTHENBURG – Geschichtsinteressierte können sich freuen: Eine Informationstafel im Burggarten zeigt eine grafische Darstellung der staufischen Reichsburg Rothenburg, von der nicht viel erhalten ist, mit erläuterndem Text in Deutsch und Englisch.

Grafische Darstellung der staufischen Reichsburg mit zweisprachigen Erläuterungen. Foto: Schäfer

Grafische Darstellung der staufischen Reichsburg mit zweisprachigen Erläuterungen. Foto: Schäfer

Anhand des gedruckten Modells auf einer Aluminiumplatte kann man sich die alte Burg gut vorstellen und sich ein Bild über die Topografie des Geländes und die ursprüngliche Gestaltung der alten Burg machen. Horst Brehm, der frühere Kreisheimatpfleger, hat sich viele Jahre mit der alten Burganlage beschäftigt und wichtige Erkenntnisse gewonnen. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Regina Däschner, die ihn tatkräftig bei seiner Arbeit unterstützte, entwickelte sich die Idee, ein Burgmodell zu erstellen. Der Verein Alt-Rothenburg, der Verkehrsverein und der Verein Rothenburger Gästeführer unterstützten diese Intervention und halfen bei der Umsetzung, auch in finanzieller Hinsicht mit Zuwendungen von 1000, 500 und 800 Euro.

Einen großen Anteil hat auch das städtische Bauamt mit der Montage. Es setzte die Fundamente und passte die Stahlpfosten genau ein. Dr. Hellmuth Möhring übernahm die grafische Gestaltung, Dr. Ludwig Schnurrer die englische Übersetzung des Textes. Für die Zeichnung brachte sich der Grafiker und Burgenforscher Ferdinand Leja ein, langjähriger Mitarbeiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in der Zweigstelle Nürnberg, und ein Freund von Horst Brehm. Das digitale Burgmodell war das letzte Projekt des Rothenburgers vor seinem Tod. Bürgermeister Kurt Förster lobte die gute Zusammenarbeit und die Mitarbeit der Beteiligten als „gelungenes Gemeinschaftswerk“.

Tourismuspolitik ist nicht Sache eines Ressorts oder einer politischen Ebene. Sie ist vielmehr eine Querschnittsaufgabe, die Kooperationen in vielen Bereichen erfordert. Kompetente Gästeführer helfen Potenziale einer Stadt und Region zu entdecken, zu identifizieren, zu vermarkten und zu verstärken. Sie vermitteln fachliche Inhalte und bringen den Gästen Aspekte der Rothenburger Kultur, die Schönheiten und Besonderheiten nahe. Als nächstes Gemeinschaftsprojekt kündigte Karin Bierstedt die Einweihung des Blindenstadtmodells an, das am Südturm der Jakobskirche aufgestellt werden soll. Als Termin nannte sie den 18. Februar.

Zum Abriss freigegeben

Die neue Informationstafel im Burggarten zeigt die Darstellung der frühen Burg um 1150, also kurz nach der Fertigstellung. Es handelt sich dabei um „eine ideale Momentaufnahme, die den heutigen Wissensstand zeigt“. Vielleicht kann man in einigen Jahren mit neuen Erkenntnissen und neuer Technik noch zusätzliche Aussagen treffen. Es gibt gesicherte Erkenntnisse, die belegt sind zur wechselvollen Geschichte. Anderes ist eher als Legende zu bewerten.

Das Burgmodell verschafft einen Eindruck von der imposanten Anlage der alten Königsburg aus der Vogelpers­pektive von Südost auf den ehemaligen Zugang, das heutige vermietete „Stadtgärtnerhaus“. Im Einzelnen sind auf der Tafe die beiden Bergfriede zu sehen, der Phara­munds­turm im Westen und der Wüstenturm im Osten. Die heute noch existierende Blasiuskapelle darf als ursprüngliche Burgkapelle gesehen werden und ist Teil des Pallas gewesen, des großen Saalbaus an der südlichen Burgseite, die als die repräsentative Ansichtsseite gilt. Der Pallas war das Hauptgebäude und nur dem König beziehungsweise Kaiser vorbehalten. Die repräsentativen Räume waren im Winter beheizbar. Nach bisherigen Erkenntnissen wird davon ausgegangen, dass der Saalbau mit der Blasiuskapelle verbunden war. Die Südostseite der Kapelle markierte die Südostseite der Kernburg. Im Westen wird ein großer Wohnbau vermutet.

Die Kernburg wurde von ihrem Vorwerk durch einen tiefen Graben geschützt, der sogenannte Halsgraben der Burg. Anwurfhalden dieses Grabens haben sich an der südlichen und nördlichen Hangkante erhalten und sind heute noch sichtbar. Nach Osten zu schließt sich das Vorwerk beziehungsweise der Wirtschaftshof der Anlage an. Im Vorwerk befinden sich zur Burg gehörende Wirtschaftseinheiten (Schmiede, Stallungen). Der Gerichtsplatz, der auch im Vorwerk vermutet werden muss, ist nur durch eine freie Fläche im Nordosten angedeutet, da nach heutigem Erkenntnisstand über das ursprüngliche Aussehen nichts bekannt ist.

Weiter im Osten befindet sich der zweite Graben. Weiter wird davon ausgegangen, dass der Zugang in der frühen Zeit über die südliche Hangkante, über das Vorwerk, über beide Gräben zum Haupttor führte. Die Grabenübergänge sind mit einfachen Holzbrücken angedeutet, da nicht bekannt ist, ob es Holz- oder Steinbrücken waren, wohl aber Zugbrücken.

Wie ist aus dieser Anlage der schöne Park geworden? Im 14. Jahrhundert wurden bereits große Teile der Burganlage abgetragen und noch heute sind Spolien aus der Zeit des 12. Jahrhunderts im Stöberleinsturm verbaut. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass sehr viele Steine für die Befestigung der im 14. Jahrhundert neu entstandenen Südstadt verbaut wurden.

Warum hat man das zugelassen? Die Stadt war reich und aufstrebend. Die Zeichen der alten Vorherrschaft waren nicht mehr gewünscht und man wollte sich auch sichtbar emanzipieren. Nur der Pharamundsturm überstand die Zäsur und wurde erst in bayerischer Zeit durch Verwaltungsbeamte zum Abriss freigegeben. Er ist noch auf vielen alten Abbildungen sichtbar.

Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die „Burg“ als Schießplatz, als Glockengießerei, als Lagerstätte genutzt. Der Park diente teilweise auch als Obstgarten. Die Zeit der Romantik ist für das heutige Erscheinungsbild der Parkanlage maßgeblich. Mit erhöhten Aussichtspunkten sollten Sichtachsen und Aussichtspunkte entstehen. Heute dient der Burggarten der Erholung und der Jugend als abendlicher Treffpunkt. sis

Integration durch Arbeit

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Multikulturelle Helfergruppe bei der Weinlese in Röttingen

STEINSFELD – Eine Gruppe von Asylbewerbern aus Steinsfeld-Bettwar half bei der diesjährigen Weinlese im Weingut Poth in Röttingen.

Sechs iranische Flüchtlinge aus Bettwar halfen bei der Weinlese in Röttingen.  Foto: privat

Sechs iranische Flüchtlinge aus Bettwar halfen bei der Weinlese in Röttingen. Foto: privat

Das Erlernen der deutschen Sprache ist die Grundlage für eine schnelle und gute Integration von Flüchtlingen in Deutschland. Sie soll zum einen durch die Teilnahme an Integrationskursen, zum andern durch Kontakte zur einheimischen Bevölkerung gefördert werden. Gute Möglichkeiten bieten sich durch die Teilnahme am örtlichen Vereinsleben, der Teilnahme an einem Berufspraktika oder der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit.

Erst nach dreimonatigem Aufenthalt im Bundesgebiet erhalten Asylbewerber ein beschränktes Arbeitsrecht und damit die Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Vorher prüft die Agentur für Arbeit das Arbeitsangebot. Erst wenn die Agentur zustimmt, dürfen Flüchtlinge eine Arbeit aufnehmen.

Der Vorteil für die heimischen Unternehmer liegt in der sofortigen Verfügbarkeit, der großen Motivation und dem Arbeitswillen, den die Flüchtlinge mitbringen. Sehr positiv und zufrieden äußerte sich auch Gerald Poth vom gleichnamigen Weingut über seine Helfer. Die sechs jungen iranischen Männer aus Bettwar waren wechselseitig mit deutschen Kollegen, Polen, Russen und Rumänen bei der Weinlese im Einsatz.

Mindestlohn plus Verpflegung

Die finanzielle Vergütung der Helfer lag bei dem in der Landwirtschaft vorgegebenen Mindestlohn plus Verpflegung. Das von den Flüchtlingen erzielte Einkommen wiederum wird durch die Sozialhilfeverwaltung des Landratsamts Ansbach überprüft. Bei Überschreiten einer Höchstgrenze wird es mit den von den Asylbewerbern bezogenen Leistungen zum Lebensunterhalt verrechnet.

Nach Beendigung der Weinlese traf man sich in entspannter Atmosphäre bei Kaffee und Kuchen in der hauseigenen Weinprobierstube. Die zwischen den unterschiedlichen Nationalitäten zweifellos noch vorhandenen sprachlichen Hürden wurden mit viel gutem Willen locker und elegant gemeistert. wür

Regionale Trümpfe

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Gestern pfiffiger „Flotter Dreier“ im und am Gasthof Linden

LINDEN – Zur überzeugenden Werbung für das Regionalbuffet und für die Verwendung regionaler Produkte ist gestern Mittag der „Flotte Dreier“ in Linden geworden.

Wolfgang Heinzel spricht. Die Strecke ist gelegt.

Wolfgang Heinzel spricht. Die Strecke ist gelegt.

Unter dem recht offensiven, aber pfiffigen und eingängigen Titel hatte die von Wolfgang Heinzel geführte Gemeinschaft der Gastronomen und Direktvermarkter in den Windelsbacher Ortsteil gebeten, um vor dem Gasthof sowie auch an Ständen und an gedeckter Tafel im Innern kräftig die Trommel zu rühren für Wild, Fisch und Kartoffeln aus hiesigen Wäldern, Teichen und Feldern.

Er warb für eine noch stärkere Verzahnung von Stadt und Land in diesem Punkt. Maxime für das Regionalbuffet sei es auch weiter, möglichst transparent zu bleiben für den Verbraucher und Gast, betonte Heinzel. Jeder müsse freilich persönlich entscheiden, wo die Schmerzgrenze für ihn liege, wo Regionalität anfange und wo sie aufhöre, gerade auch in Bezug auf jahreszeitliches Vorkommen und seine Konsequenzen. Es sei der springende Punkt: Wo verzichte ich lieber auf ein Erzeugnis, als es auf Biegen und Brechen, dann als Importware, zu wollen.

Außerdem warb er für den Anspruch „nose to tail“ für die Verwertung der erlegten und der gefischten Tiere. Damit ist gemeint, dass – als Zeichen der Wertschätzung – nicht nur die besten und beliebtesten Partien Verwendung finden, sondern auch möglichst alles andere.

Von den Grußrednern gab es bei den Ansprachen im goldenen Licht der Oktobersonne im Biergarten viel Lob für die Initiative und für deren Zielrichtung. Es sei überaus interessant, wie es der Gemeinschaft immer wieder gelinge, neue Themenpakete zu schnüren oder auch Gehabtes in neuer Verpackung oder ergänzt durch weitere Aspekte zu präsentieren, unterstrich der Windelsbacher Bürgermeister Alfred Wolz.

Stellvertretender Landrat Stefan Horndasch bezeichnete es als Verdienst und wichtige Errungenschaft der Initiative, dass es ihr inzwischen gelungen sei, eine Marke zu entwickeln, die Wiedererkennungswert habe bis hinein in Bereiche, die bisher nicht unbedingt zu ihren angestammten Gebieten gehören. Die Rückbesinnung auf das Regionale sei wichtig.

Nach seinen jüngsten Erfahrungen bei einer Reise in Litauen sei er überzeugt, dass es unter anderem Anspruch sein müsse, die europäischen Kulturwege mit dem Themenbereich regionales Essen und Trinken zu verknüpfen. Außerdem sei es für den Tourismus wichtig, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Genuss Regionales und die damit verbundene Vielfalt zu zeigen.

Streichelbambi im Kopf

Kreisbäuerin Christine Reitelshöfer nannte die Aktion eine Stärkung der Heimat. Es sei mutig aber sinnvoll, das bis hin zu dieser Strecke, die von den Jagdhornbläsern verblasen wurde, so darzustellen. Die überwiegende Mehrheit möge ja bekanntlich Fleisch, sagte sie. Aber sie hätten dabei vielfach das Streichelbambi im Kopf und stellten sich ihre zweifelnden Fragen in Bezug auf die Jagd beziehungsweise die Schlachtung.

Es ist aufgedeckt für die Gäste der Aktion. Die Jagdhornbläser geben das Signal zum Start des Menüs. Fotos: Weber

Es ist aufgedeckt für die Gäste der Aktion. Die Jagdhornbläser geben das Signal zum Start des Menüs. Fotos: Weber

Jagdhornbläser der Rothenburger Jägervereinigung intonierten angesichts der auf Nadelholz-Zweigen gelegten Strecke von zwei Rehen, einem Fuchs, einem Hasen und zwei Wild­enten unter Ansage und musikalischer Leitung von Ernst Schröder die Signale „Reh tot“, „Fuchs tot“, „Hase tot“ und „Flugwild tot“.

An Ständen im Innern des Gasthofs präsentierte Walter Klein aus Wohnbach seine Wild-Räucherbratwurst und Fleischküchle mit größeren Anteilen Wildfleisch als Schmankerl zum Versuchen. Die Kartoffelanbaubetriebe Kreiselmeyer in Heilsbronn und Zwingel in Dietenhofen hatten unter anderem die Sorten Krone, Belana, Lolita, Goldmarie, Melody, Bamberger Hörnla und Colette aufgefahren. Tanja Sindel aus Feuchtwangen ließ Karpfenfilet und Aufstrich aus Räucherfisch und Frischkäse probieren.

Karpfenkönigin Nina Hock legte den Gästen beim Menü nach dem Feldsalat mit Wildschwein-Schinken das Karpfensüppchen ans Herz. Dazu gab’s als Hauptgang Medaillons vom Reh und als Nachspeise Birnen-Kartoffel-Rösti. -ww-

Valium für den Kämmerer

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Stadtrat gibt weiteren Planungen für Campus-Umbau grünes Licht

ROTHENBURG – Es ist schon eine beeindruckende Hausnummer: Laut Kostenplanung, die in der jüngsten Stadtratssitzung vorgestellt wurde, schlägt der Umbau der Luitpoldschule zum Studienzentrum mit 3,65 Millionen Euro zu Buche. Während Stadtbaumeister Michael Knappe die Bedeutung hervorhob, mit dieser Planung nun ein „belastbares, gutes Budget“ zu haben, sorgten sich angesichts dieser Summe zwei Ratsmitglieder um die Gesundheit und die Nachtruhe von Kämmerer Franz Fisch.

Musterbeispiel (helle Fläche) für Dämmung in Anlehnung an ehemaliges Fachwerk an der Westfassade. Foto: Scheuenstuhl

Musterbeispiel (helle Fläche) für Dämmung in Anlehnung an ehemaliges Fachwerk an der Westfassade. Foto: Scheuenstuhl

Letztlich fiel der Beschluss aber einstimmig aus, auf Grundlage dieses Zahlenwerks die weiteren Planungsschritte für den Umbau zu beauftragen. Die verantwortlichen Planer stellten dem Gremium zuvor die notwendigen Maßnahmen vor. Rund 1,09 Millionen Euro, beziehungsweise 30 Prozent der Gesamtkosten, werden für den Bauunterhalt aufgebracht. Die restlichen 2,53 Millionen Euro fließen in die eigentliche Herrichtung des Gebäudes für die Zwecke des akademischen Lehrbetriebs.

Stadtbaumeister Michael Knappe betonte, dass das nun vorliegende Raum- und Nutzungskonzept mit der Hochschule abgestimmt sei. Als einst eine Million Euro für die Generalsa­nierung vorsorglich in den Haushalt eingestellt wurden, lag dies noch nicht vor. Durch die jetzt erfolgte Benennung und Bezifferung der nötigen und von der Hochschule Ansbach gewünschten Arbeiten seien signifikante Kostenabweichungen in Zukunft nicht mehr zu erwarten.

Das Gebäude der Luitpoldschule habe schon lange gewisse Defizite aufgewiesen, erklärte der Bauamtsleiter. So musste beispielsweise mittlerweile an der Westseite des Gebäudes eine Platte zur Sicherung angebracht werden, damit das Gefache nicht herausfällt. Aufgrund der Mängel am Gebäude hatte man schon vor einigen Jahren mit dem Gedanken einer Generalsanierung gespielt, die aber aufgeschoben wurde, weil nicht feststand, wie das Gebäude einmal genutzt werden sollte.

Das 1902 erbaute Haus am Hornburgweg habe ein „tolles Treppenhaus“, einen „tollen leeren Dachstuhl“ und „wunderbare Details“ wie die alte Schulglocke, schwärmte Planer Christian Teichmann. Allerdings soll in diesem Gebäude nun ein „neues Studienangebot geschaffen werden, in dem neueste technische Medien eingesetzt werden und das sich durch innovative Lehr- und Lernangebote, sowohl virtuell als auch vor Ort, abhebt“. Für diese „innovative Ausrichtung“ sei auch „eine Gestaltung des Lernortes erforderlich“.

Zeugnis vergangener Tage: rundum Fachwerk am Luitpoldschulhaus.   Foto: privat

Zeugnis vergangener Tage: rundum Fachwerk am Luitpoldschulhaus. Foto: privat

In der Praxis heißt dies unter anderem, dass die gesamten Sanitäranlagen saniert werden müssen (Anhebung von Kinder- auf Erwachsenenniveau). Die anderen Räume werden für die Zwecke des Lehrbetriebs neu aufgeteilt und dementsprechend eingerichtet. Beim Blick auf das Raumnutzungskonzept der Hochschule Ansbach bekommt man den Eindruck, dass ohne Rückgriff auf das Englische nicht einmal eine so einfache Sache wie die Benennung von Räumen möglich ist.

So findet sich im Erdgeschoss neben Dozentenbüros und Auditorium ein „Selfbistro“. Im ersten Obergeschoss sind für Gruppenarbeiten „focus“ Räume vorgesehen. Außerdem gibt es eine „academic library“ und eine „inspiring corner“. Darüber sollen „think box“ und „creative lab“ die Studenten zu geistigen Höhenflügen anspornen, bevor beim „academic dining“ der fachlich-gesellige Austausch stattfindet.

Der Keller des 25 Meter hohen Gebäudes bleibt von den Sanierungsmaßnahmen unberührt. An der Westfassade wurde in den 60er Jahren das Fachwerk ausgetauscht. Diese sogenannte „versteinerte Wand“ soll nun eine Außendämmung bekommen, bei der das einstige Fachwerk im Putz abgebildet wird. Die anderen Wände mit Fachwerk werden von innen gedämmt. Ebenso werden aus Energiespargründen alle Fenster ausgetauscht. Zwar sind die Decken statisch tragfähig, doch bei den historischen Stahlbetonrippendecken im Keller- und Erdgeschoss muss nachgebessert werden: Sie bekommen unterseitig eine freitragende Brandschutzverkleidung.

Hinsichtlich der Haustechnik, deren Erneuerung von dem Würzburger Ingenieurbüro „Reinhard Engert Albert“ geplant wurde, gibt es ebenfalls eine Reihe von Maßnahmen, die zur Nutzung des Gebäudes notwendig sind. Aufgrund der 45 Jahre alten Leitungen muss die gesamte Hauseinspeisung erneuert werden. Um einen Legionellen-Befall zu vermeiden, wird sich auch der Trinkwasserbereitung angenommen.

Aufgrund der teilweise veränderten Raumanordnung müssen die Heizkörper neu angeordnet und angepasst werden. Zudem muss eine Abluftleitung für die Küche für das „academic dining“ eingebaut werden. Die umfassende EDV-Technik für die innovativen digitalen Lehr- und Lernmethoden erzeugt viel Wärme, die mit entsprechenden Installationen „heruntergekühlt“ wird, um eine Überhitzung zu verhindern.

Neben der Zweckmäßigkeit wird auch auf Optik wertgelegt: In den Klassenzimmern werden Sideboards als Installationsschächte genutzt. Ebenso verschwindet im Gewölbeflur der Kabelsalat in einer abgehängten Leiste. Die Telekommunikationsanlage sowie der Hausalarm werden komplett neu installiert. Um Barrierefreiheit zu gewährleisten wird ein transparenter Aufzug in die Anlage der Außentreppe integriert.

„Unruhige Nacht“

Hermann Schönborn, UR-Fraktionsvorsitzender, dankte den Planern für die „fundierte Darstellung“ der Maßnahmen, ohne die seine Fraktion die Beschlussvorlage „nicht genehmigt“ hätte. Zwar hätte es die UR „gerne billiger gehabt“, doch bleibe „nichts anderes übrig“. Die Fach­hochschule habe sich bei ihrem Raumnutzungskonzept „nicht unbedingt in großer Sparsamkeit geübt“, so Hermann Schönborn. Angesichts dieses Kostenrahmens befürchtet er für Kämmerer Franz Fisch eine „unruhige Nacht“.

SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Gün­ther Strobl bot – mit einem Augenzwinkern – dem städtischen Zahlmeister sogar an, ihm ein Rezept für eine Valiumtablette auszustellen. „Wir haben A gesagt, jetzt müssen wir auch B sagen“, fasste Bernhard Benz (SPD) die zwiespältigen Gefühle einiger Ratsmitglieder in Worte.

Brigitte Klingler (FRV) erkundigte sich, ob denn Möglichkeiten für Fördermittel oder Zuschüsse bestehen. „Zur Zeit ist dies nur Wunschdenken“, versuchte Kämmerer Franz Fisch die Erwartungen klein zu halten. So seien beispielsweise über die Städtebauförderung wohl lediglich „einige Zehntausende Euro“ an Unterstützung möglich.

CSU-Fraktionsvorsitzender Dr. Wolfgang Scheurer zeigte sich ungebrochen überzeugt vom Campus Rothenburg. Der Kostenrahmen sei im Vergleich zu anderen städtischen Investitionen in die Bildung „vertretbar“. „Jeder Euro kommt mehrfach zurück“, ist er sich sicher und verwies auf Erfahrungen anderer Städte, wo sich eine derartige Investition „mehrfach rentiert“ hätte.

Die Turnhalle ist momentan noch von Umbaumaßnahmen ausgenommen. Die Hochschule behält sie sich als Erweiterungsfläche vor, erklärte der Stadtbaumeister. Die Außenanlagen werden ebenfalls momentan noch so übernommen, wie sie einst für die Grundschüler angelegt wurden. mes

Traumstart in die Ferien

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Wochenende mit Farbrausch der Natur und Riesen-Besucherandrang

ROTHENBURG – War das ein Traumstart in die Herbstferien! Bei herrlichem Wetter mit goldener Oktobersonne zündete die Natur ein Feuerwerk der schönsten Farben. Viele nutzten die Gelegenheit zum Ausflug nach Rothenburg. Die Herbstmesse hatte einen ihrer bisher wärmsten Auftakte.

Der Kenner genießt und schweigt: traumhafter Blick in die herbstliche Natur auf der Sonnenseite der Rothenburger Altstadt.

Der Kenner genießt und schweigt: traumhafter Blick in die herbstliche Natur auf der Sonnenseite der Rothenburger Altstadt.

Da kamen die Kleinen bei ihren Runden auf dem Karussell in den Jacken schon fast ins Schwitzen. Und der sonst zur Herbstmesse gern zum Aufwärmen bereitgehaltene Glühwein war unter diesen nachsommerlichen Vorzeichen überhaupt kein Thema. An den Herbstmess-Ständen, die leider immer weniger werden, und in den Geschäften wurde fleißig eingekauft.

Am gestrigen Sonntag erlebte Rothenburg einen besonders großen Besucheransturm. Viele machten beim Bummel durch die Altstadt auf dem Marktplatz einen Stopp und sicherten sich vor den Cafés einen der begehrten Sonnenplätze.

Andere genossen beim Schwenk über die Südseite der Mauer den Blick auf die in herrlichste Herbstfarben getauchte Natur. Wer für ein paar Schritte mehr Zeit hatte vor die Altstadt, durfte sich beispielsweise im Wildbad-Areal mit wunderschönen Eindrücken belohnt sehen.

Doch auch unter Dach hatte Rothenburg an diesem Wochenende einiges zu bieten. Der Märchenzauber erlebte einen Start nach Maß. Mehrere größere Konzert- und Musikveranstaltungen lockten.

Bahn frei für die Karussellfahrt der beiden Nachwuchspilotinnen im Formel-1-Flitzer. Fotos: Weber

Bahn frei für die Karussellfahrt der beiden Nachwuchspilotinnen im Formel-1-Flitzer. Fotos: Weber

 

Nicht zu vergessen: die Vernissage zu den „Summarien“ von Veit Dietrich in der Spitalkirche als Beitrag zum Jubiläumsjahr-Auftakt Reformation. Wir berichten noch über die Veranstaltungen, die in ihrer Zahl fast zu viel waren für die Wochen­end-Kapazität selbst kulturbeflissenster Zeitgenossen. -ww-


Prägende Erfahrungen

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Frauenfrühstück thematisierte Einfluss der Geschwisterpositionen

ROTHENBURG – Das Frühstückstreffen für Frauen im Theatersaal der Tagungsstätte Wildbad zog auch am vergangenen Wochenende wieder zahlreiche interessierte Frauen an. Die Referentin Maria Walther, therapeutische Seelsorgerin aus Neuendettelsau, verstand es, mit ihrem Vortrag „Meine Geschwister und ich“ die Anwesenden anzusprechen.

Gut besucht war der Theatersaal beim Frühstückstreffen für Frauen.Fotos: Vorlaufer

Gut besucht war der Theatersaal beim Frühstückstreffen für Frauen. Fotos: Vorlaufer

Karin Sackenreuter konnte zahlreiche Gäs­te begrüßen. Dabei stellte sie auch kurz die Ziele des überkonfessionellen Vereins „Frühstückstreffen für Frauen in Deutschland“ vor und sprach ihre eigenen Geschwistererfahrungen an. Für die musikalische Umrahmung sorgten vier Mitglieder der Trommelgruppe Lebenshilfe Ansbach, Station Feuchtwangen, die die Anwesenden zum Mitklatschen anregten und sehr viel Beifall erhielten.

„Egal, ob Sie zwanzig oder siebzig Jahre alt sind, die Art, wie Sie denken, fühlen, handeln, ist immer mitgeprägt worden von dem Platz, den Sie in der Geschwisterreihe hatten“. Mit diesen Worten eröffnete Maria Walther ihren interessanten Vortrag. Mit ein paar Beispielen versucht sie die Thematik deutlich zu machen.

Anstrengend von Geburt an

Bei einem Beratungsgespräch kam eine Frau zu ihr, die sich völlig überfordert sah. Die gemeinsamen Gespräche machten deutlich, dass sie das jüngste von drei Geschwistern war und immer ihren Wert beweisen wollte. In einem anderen Beispiel führte die Referentin eine Frau an, die Probleme mit sich und anderen hatte. Es stellte sich heraus, dass sie die Älteste in ihrer Familie war. Den jüngeren Bruder beschrieb sie als äußerst anstrengend von Geburt an. Aus dieser Situation zog die ältere Schwester den Schluss, ich muss brav sein.

Maria Walther berichtete vom Gespräch mit einer Frau, die ein Einzelkind war. Egal, ob es sich um Spielzeug oder ein Kinderfahrrad gehandelt habe, es hieß immer: für ein einzelnes Kind lohnt sich das nicht. Sie habe ihr ganzes Leben gekämpft gegen dieses Gefühl „es lohnt sich nicht für mich“.

„Vielleicht habe ich mit diesen Beispielen den Zusammenhang deutlich machen können zwischen dem, was wir als Kinder erlebt haben an unserem Geschwisterplatz und dem Leben, das wir heute leben“, sagte die Referentin.

Die Trommler der Lebenshilfe brachten die Gäste zum Mitklatschen.

Die Trommler der Lebenshilfe brachten die Gäste zum Mitklatschen.

Sie stellte fünf Geschwisterpositionen vor: ältestes, zweites, drittes, jüngstes Kind und Einzelkind. Und wo Zwillinge sind, könne man auch beobachten, dass eins der Zwillinge die Rolle des älteren Kindes übernehme. Schwierig werde es dann, wenn sich die Wege trennen würden, dann müsse so jemand entweder lernen, selbst sein Leben zu gestalten, was mühsam sei, oder einen Partner suchen, der diese Rolle übernimmt.

„Was mir noch ganz wichtig ist, bevor ich jetzt diese verschiedenen Geschwis-terpositionen beschreibe, ist die Bemerkung, es geht nicht um Regeln und Festlegung, sondern es geht um Ähnlichkeiten, Tendenzen, Hinweise, die sich durch viele Untersuchungen herausgestellt haben“, betonte Maria Walther. Die Frage könne niemals sein, wie müsste ich sein als Älteste oder Jüngste oder Mittelkind, sondern immer: wie habe ich das erlebt, wie habe ich das empfunden und wie habe ich das verarbeitet.

Vom Ehe- zum Elternpaar

Damit man die Entwicklung eines Kindes verstehe, müsse man sich die Situation vorstellen, in die ein Kind hineingeboren werde. Schon in der Frühgeschichte der Menschheit sei es etwas Besonderes gewesen, ältestes Kind zu sein. Beim ersten Kind möchten die Eltern alles richtig machen, denn die Geburt eines ersten Kindes sei ein sehr einschneidendes Ereignis, wenn aus dem Ehe- ein Elternpaar werde. Erstgeborenes Kind zu sein, sei etwas Besonderes – bis das zweite komme. Dann habe das ältere Kind das Gefühl „der kleine König oder die kleine Königin wird vom Thron gestürzt“, stellte die Referentin fest.

Das zweite Kind sei von Anfang an nicht mehr so Mittelpunkt der Welt. Es sei ja schon einer vor ihm oder ihr da. Häufig werde dem zweiten Kind weniger Zeit gewidmet als dem ersten und die Aufmerksamkeit verteile sich notgedrungen auf zwei. Zwischen dem ersten und zweiten sei immer ein Wettstreit. Zweite Kinder würden sich in der Regel schneller anpassen und Kompromisse schließen, haben aber so ihre Tricks, wie sie sich vor der Verantwortung drücken könnten und trotzdem ihr Ziel erreichen.

In eine Familie mit drei Kindern sei das zweite das Mittelkind, das „Sandwich“-Kind. Es bekomme Druck von oben und von unten. Der Satz dazu heiße „zu spät geboren und doch zu früh“. Mittelkinder hätten es am schwers­ten, ihren Platz zu finden.

Die Situation, in die ein drittes Kind hineingeboren werde, sei: zwei seien schon vorher da und die hätten bereits eine Beziehung zueinander. „Das dritte ist die Dreingabe, das weckt in manchen die Aussage, ich habe es schon als Kind genossen allein zu sein.“ Dritte Kinder würden oft weniger die Zuneigung der Eltern, vielmehr sehr stark die Kontakte außerhalb der Familie suchen.

Maria Walther kam nun zum jüngsten Kind, dem „Nesthäkchen“ – zuletzt geboren, aber selten zu kurz gekommen. Wie sich die Persönlichkeitsstruktur des Jüngsten entwickele, hänge auch ab von der Haltung der anderen Familienmitglieder. Es erlebe nie eine „Entthronung“, denn es komme keines mehr nach, das ihm die Aufmerksamkeit der Eltern wegnehme, aber es habe lauter „Schrittmacher“ vor sich.

Keine Rivalität bei Einzelkind

Schließlich kam sie zum Einzelkind. Es begegne dem Vorurteil in der Gesellschaft, es sei verwöhnt. Die Situation in der es aufwachse – entweder ohne Geschwis­ter oder der Abstand sei so groß, dass keine Rivalität entstehe, begünstigt diese Entwicklung. „Ein Einzelkind erfährt viel Beachtung und niemand macht ihm seinen Platz streitig“, betonte sie. Es muss nicht teilen, muss nicht um die Gunst der Eltern kämpfen.

Niemand könne sich seinen Geschwisterplatz aussuchen, denn dieser Platz sei Gottes Geschichte mit uns. Er habe uns diesen Weg geführt, uns in dieser Familie aufwachsen lassen. „Dahinter steht Gottes Plan mit mir. Ich vertraue darauf, dass er aus dieser Lebensgeschichte etwas Brauchbares macht“, sagte die Referentin.

„Das Geschwisterthema ist wirklich eins, das uns ein Leben lang begleitet und die Geschwisterbeziehung ist normalerweise die längste unseres Lebens. Und der Platz, den wir in der Geschwis-terreihe hatten, hat Einfluss auf unser Leben, das wir heute führen, weil er immer unsere Persönlichkeit mit geformt hat“, zog Maria Walther das Resümee ihres Vortrages, für den sie lebhaften Applaus erhielt. vr

Tonmalerei der zauberhaften Sorte

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Kulturkritik: Harfenkonzert von Susanne Gassios im Musiksaal der Rothenburger Rotarier

ROTHENBURG – Mit einem außergewöhnlichen Benefiz-Konzert hat der Rothenburger Rotary Club einen gelungenen Akzent gesetzt im städtischen Kulturleben. Dabei begeisterte die aus Jena stammende Harfenistin Susanne Gassios die zahlreichen Zuhörer im Musiksaal mit Solokompositionen aus den Genres der klassischen Romantik, des Jazz und der Filmmusik.

Begeisterte: Harfenistin Susanne Gassios.

Begeisterte: Harfenistin Susanne Gassios.

Als Auftakt wählte die Künstlerin eine Transkription des aus den bekannten „Kinderszenen“ op. 15 von Robert Schumann (1810 bis 1856) stammenden Klavierstücks „Von fremden Ländern und Menschen“. Augenblicklich wurde das Publikum durch ausgeprägten Klangsinn, virtuose Fingerfertigkeit und überlegte melodische Phrasierung in den musikalischen Bann gezogen. Der Titel dieses Werks war prägend für das gesamte weitere Programm, denn in nahezu allen Werken spiegelten sich musikalisch-charakteristische Merkmale bestimmter Länder.

Nun folgte ein Instrumentenwechsel von der klassischen Konzertharfe zur irischen Harfe, wobei Susanne Gassios selbst durch das Programm führte und immer wieder Informationen zu den Instrumenten, der Spieltechnik und den jeweiligen Werken gab. Die drei sehr interessanten Stücke der 1963 geborenen Komponistin und Harfenistin Monika Stadler mit den Überschriften „Away for a while“, Scandinavia“ und „Irish Whiskey“ wurden mit großer Gestaltungskraft interpretiert. Tonmalerische Effekte symbolisierten vor allem auch die Weite der Landschaft und das Phänomen der Nordlichter. Vollends folkloristisch erklangen eine Dudelsack-Melodie und ein Tanz aus Irland, dem Mutterland der Harfe.

Walisischer Abschiedsschmerz

Mit einem Stück des walisischen Komponisten John Thomas (1826 bis 1913), der Hofkomponist bei Queen Victoria in London war, wurde das Solo-Recital fortgesetzt. „The Minstrel´s Adieu to his native land“ war eine von Abschiedsschmerz geprägte, ausdrucksstarke Hommage an seine Heimat.

Vier Charakterstücke des belgischen Komponisten Alphonse Hasselmans (1845 bis 1912) bildeten einen weiteren Programmpunkt. Souverän verzauberte Susanne Gassios die Zuhörer mit den wechselnden Stimmungen der „Feuilles d`automne“ und meisterte mühelos die technischen Schwierigkeiten der fließenden Tonmalerei von „La source“. Im darauffolgenden „Chanson dans la nuit“ von Carlos Salzedo (1885 bis 1961), einem spanischen Komponisten, der die Harfen-Spieltechnik revolutioniert hat (z. B. Einsatz der Fingernägel), überzeugte die Künstlerin mit impressionistischen Klangeffekten.

Typisch spanische Merkmale wiesen die beiden nachfolgenden Musikstücke auf, das eine Art Legende darstellende „Asturias“ aus „Cantos de Espana“ op. 232 von Isaac Albeniz (1860 bis 1909), und der „Baroque Flamenco“ von Deborah Henson-Conant (geb.1953). Während „Asturias“ an die spezifische spanische Region erinnerte, repräsentierte das letzte Stück vor der Pause den berühmten feurigen Volkstanz.

Danach tauchte Susanne Gassios ins Genre der Filmmusik ein und spielte gekonnt das von Maurice Jarre (1924 bis 2009) für Harfe bearbeitete Thema des legendären Films „Lawrence of Arabia“. Nun führte die musikalische Reise mit der irischen Harfe nach Frankreich, zu drei Sätzen („Muscade-Vanille-Pistache)“ aus der ersten Suite „Epices“ (Gewürze) von Bernard Andrés (geb. 1941). Verführerisch erklangen wunderschön musizierte orientalische Tonfolgen.

Die Vielseitigkeit der vielsaitigen klassischen Harfe demonstrierte die Künstlerin beim Jazz-Standard „Misty“ von Errol Garner/Johnny Burke und der teilweise swingenden Version des berühmten Liedes „Autumn leaves“ von Johnny Mercer/Joseph Kosma.

Beim Vortrag des nächsten Programmpunkts, dem „New Blues“ von Deborah Henson-Conant und den abschließenden Stücken „Maho Bay“ (mit karibischer Note) und „I feel good“ von Monika Stadler verbüffte Susanne Gassios noch einmal mit ungeheurer Vittuosität und immenser Interpretationskunst.

Fazit: Ein ganz besonderes Konzert, das langanhaltenden, großen Beifall erhielt. ni

Hommage an den Walzerkönig

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Ensemble der Strauß-Gala vereinte Musik und Tanz auf beeindruckende Art und Weise

ROTHENBURG – Unsterbliche Melodien und Arien waren am Samstagnachmittag in der Reichsstadthalle zu hören – interpretiert von zehn erstklassigen Orchestermusikern und vier Gesangssolisten.

Altbekannte und immer noch geliebte Melodien erklangen in der Reichsstadthalle.   Fotos: Schwandt

Altbekannte und immer noch geliebte Melodien erklangen in der Reichsstadthalle. Fotos: Schwandt

Rolf Hartge ist einer von ihnen und zugleich charmanter Moderator. Eröffnet wurde die Strauß-Gala mit dem wohl meist gespielten Strauß-Walzer „An der schönen blauen Donau“ und einer bezaubernden Ballettchoreographie.

Hinreißend das Gesangsquartett „Brüderlein und Schwesterlein“ aus der Operette „Die Fledermaus“, mitreißend die Tritsch-Tratsch-Polka mit fröhlichen Juchzern. Als „Rosalinde“ brillierte die lyrische Koloratursopranistin Anna Klamo in der „Perle der Arien“ aus der Fledermaus. Ach ja, Borstenvieh und Schweinespeck können tatsächlich ein idealer Lebenszweck sein, so zumindest im „Zigeunerbaron“: Rolf Hartge schlüpfte in die Rolle des Schweinezüchters und begeisterte das Publikum mit „Ja das Schreiben und das Lesen – das ist nie mein Fach gewesen“.

Doch nicht nur Musik des großen Wiener Walzerkönigs offerierten die Mitglieder des Rundfunksinfonieorchesters aus Prag. Auch Melodien von Franz von Suppé oder Karl Zeller waren zu hören.

Der Konzertmeister Wenzel Plaschil zeigte sich als ein wahrer Magier auf der Violine, zunächst mit einem Werk des eher unbekannten Siebenbürger Komponisten Ivanovici, später mit „dem kleinen gelben Kanarienvogel“, der durch die Reichsstadthalle zwitscherte.

Venezianische Gondeln

Ein venezianisches Bühnenbild gestaltete das Ballett­ensemble zur Tenor-Arie „Komm in die Gondel, mein Liebchen“ aus der Operette „Eine Nacht in Venedig“. Und welche der Damen wäre den gewinnenden Avancen Vittorio Savary nicht gerne in die Gondel gefolgt? Nach dem berühmten „Kaiserwalzer“ forderte das Ballettduo Tänzer aus dem Publikum auf, bei „Wein, Weib und Gesang“ im Dreiviertel-Takt über die Bühne zu schweben – zur großen Freude der Zuschauer.

Moderator Rolf Hartge führte gekonnt durch den Abend und schlüpfte dabei in verschiedene Rollen.

Moderator Rolf Hartge führte gekonnt durch den Abend und schlüpfte dabei in verschiedene Rollen.

Die junge Sopranistin Ginger Mc Ferrin verzauberte ihre Zuhörer mit der äußerst anspruchsvollen Arie der Saffi „O habet acht, habet acht vor den Kindern der Nacht!“ aus dem „Zigeunerbaron“. Und es gab noch eine Hommage an Hans Moser, der der Reblaus ein Lied gewidmet hat, perfekt genuschelt vom Moderator des Abends „I muass im frühern Lebn eine Reblaus gwesen sein, ja, sonst wär die Sehnsucht nicht so groß nach einem Wein. Drum tu den Wein ich auch nicht trinken sondern beißen, I hob den Rotn grod so gern als wie den Weißn.“

Mit „dunkelroten Rosen“ für die ach so schönen Frauen, dem Radetzky-Marsch und einem tollen CanCan nach der Musik von Jacques Offenbach startet das Ensemble ein glanzvolles Finale.

Vielleicht kommen sie ja wieder mal nach Rothenburg, die Musiker aus Prag, denn das Publikum war hingerissen von den Künstlern und den unbeschwerten Wiener Operettenmelodien. Einer nach dem anderen verließ die Bühne zur Autogrammstunde und ein letztes Lied verhallte leise: „Sag’ beim Abschied leise Servus, und gibt’s auch kein Wiedersehen, einmal war es doch schön.“ sw

Aus der Kindheit der Reformation

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Ausstellung „Die Summarien Veit Dietrichs“ blendet in spannende Epoche zurück

ROTHENBURG – Es gibt Dinge, die können das Herz eines Alt-Dekans besonders erfreuen. Was bisher in einem Kellerwinkel des Pfarrhauses Rossmühlgasse vor sich hinschlummerte, von Dr. Dietrich Wünsch dort wiederentdeckt und in seiner ganzen Bedeutung aufbereitet wurde, gehört sicher dazu. Hinzu kommt, dass sich sein Fund der „Summarien Veit Diet­richs“ und die daraus entwickelte Ausstellung in der Heilig-Geist-Kirche wunderbar fügen ins allenthalben gefeierte Jubiläumsjahr der Reformation und Rothenburg hervorheben.

Ein Teil der Tafeln hängt unter den Wappen der Spital-Consule und Pfleger aus dem Rat.

Ein Teil der Tafeln hängt unter den Wappen der Spital-Consule und Pfleger aus dem Rat.

Die Vernissage in dem Gotteshaus am vergangenen Samstag wäre unter diesem Aspekt sozusagen als vorgezogener Startschuss und vor dem Hintergrund der eigenen Geschichte als tiefe Verbeugung der Tauberstadt vor dem Reformator und dessen Werk zu betrachten. Zum Reformationsfest in diesem Jahr, zwei Tage nach diesem Ausstellungsbeginn, haben allgemein die vielen Festlichkeiten und Veranstaltungen begonnen.

Überall dort, wo sich die lutherische Lehre durchgesetzt und in all den Jahren als Konfession behauptet hat, dürfen der große Reformator und sein Werk umfassend hochleben. Mit seiner Auffassung von Jesus als dem „fleischgewordenen Wort Gottes“ und Gottes Gnadenzusage an den (sündigen) Menschen revolutionierte Luther das Christentum zu seiner Zeit bis in unsere Tage.

In einer Epoche, als die Erfindung des Buchdrucks neue Maßstäbe setzte für die Verbreitung von Medien, sorgte er mit seiner Übersetzung der Bibel ins Deutsche dafür, dass sie innerhalb relativ kurzer Zeit im wahrsten Sinn des Wortes zum Volksgut werden konnte. Vorher war sie ausschließlich dem Klerus und den relativ wenigen Schriftkundigen vorbehalten.Die lutherische Bewegung hatte neben der zentralen und besonders wahrgenommenen Figur viele weitere, die ihr zum Durchbruch verhalfen. Eine davon war sicher jener Veit Dietrich (1505 bis 1549), Sohn eines Nürnberger Schuhmachers, und eine der prägenden Gestalten der fränkischen Reformationsgeschichte.

Bildnerische Darstellungen aus der Hand von Virgil Solis und Jost Ammann lassen besagten Folianten aus dem Jahr 1578 als eine Art illustrierte Glaubensfibel erscheinen und legen nahe, dass er für den Gebrauch im Spital angeschafft wurde und vor allem für die Wochenend-Gottesdienste im Einsatz war.

Seine Anschaffung war eine aus der Stadtpolitik resultierende Angelegenheit. Rothenburg wollte mit seiner Verfassung bis in die Kirche hinein ordnen. Bei dem in Leder gebundenen Buch der Spitalgemeinde handelt es sich ganz ausdrücklich nicht um eine Vollbibel, sondern um eine Art Schulbibel mit Verbildlichung zentraler Glaubenseinsichten und -grundsätze sowie mit Anleitungen zur Gestaltung der Gottesdienste.

160 große Illustrationen mit Erläuterungen umfasst das Werk. In der Ausstellung, die bis Ostern 2017 hängt, aber wegen ihres volksnahen und speziell auf Rothenburg bezogenen Ansatzes durchaus Verlängerung verdient hätte, ist eine Auswahl davon zu sehen. Auf verglasten Tafeln sind die Blätter mit ihren Illustrationen aneinandergereiht, versehen mit transformierenden Abschriften und Erläuterungen.

Mit Parallelen

Veit Dietrich wirkte vor allem durch sein „Agendbüchlein“, seine „Kinderpredigten“, die Herausgabe von Luthers „Hauspostille“ (einer Predigtsammlung) und nicht zuletzt durch seine „Summarien“ zur Bibel nachhaltig für die Verbreitung und Konsolidierung reformatorischer Lehre in Gottesdienst, Unterricht und häuslicher Andacht.

Er hatte in Wittenberg studiert, war Luthers Sekretär und seit 1535 Prediger an der Nürnberger Hauptkirche St. Sebald (und damit – auch das eine bemerkenswerte Paralelle – einer der Vorgänger des später hier tätigen Pfarrers Peter Noack. Er war in den ers­ten Jahren der Bildung eines evangelischen Kirchenwesens für Rothenburg einer der wichtigsten Berater und Helfer unseres Rates. Unter anderem konnte er 1548 Primus Truber, den später so genannten “Martin Luther Sloweniens”, der in Nürnberg Zuflucht gesucht hatte, nach Rothenburg zum Dienst an die Spitalkirche vermitteln.

Bei der Vernissage, zu der Pfarrer Ulrich Winkler unter anderem Dekan Hans-Gerhard Gross begrüßte, leuchtete Dr. Dietrich Wünsch in sachkundiger und dazu noch kurzweiliger Weise das damalige Umfeld des von ihm wiederentdeckten Büchleins aus. Kirchenmusikdirektor Ulrich Knörr ließ mit Orgel-Improvisationen zu „Ein feste Burg ist unser Gott“ und „Erhalt uns Herr bei deinem Wort“ aufhorchen.

Pfarrer Ulrich Winkler dankt Dr. Dietrich Wünsch (li) für dessen Initiative und Engagement. Fotos: Weber

Pfarrer Ulrich Winkler dankt Dr. Dietrich Wünsch (li) für dessen Initiative und Engagement. Fotos: Weber

Was passiert jetzt mit diesem wiederentdeckten alten Buch, das nicht im besten Zustand ist? Wenn der Wunsch der Ausstellungsmacher in Erfüllung geht, dann dürfte es – durch eine Restaurierung gefestigt – in Würde weiter altern und immer wieder die Gelegenheit wahrnehmen, an eine lange, spannende und spannungsgeladene Geschichte zu erinnern, sagte Dr. Wünsch: „An eine Geschichte, die Orientierung verschafft, Hoffnungen begründet, Versöhnung ermöglicht, Frieden gestiftet hat.“ Bei der aber Risiken und Nebenwirkungen sorgsam zu beachten seien zur wechselseitigen Beziehung zwischen Menschen und der Bibel.

Dem Ausstellungs-Initiator wurde mit vielen anerkennenden Worten und mit Flüssigem auch zum Abschluss seiner langjährigen Tätigkeit als Moderator der Reihe zu Glaubensfragen gedankt. Für seine Frau Edith gab es einen Blumenstrauß, für seinen Sohn Helmut die Anerkennung, tatkräftig zur Schau beigetragen zu haben. Fotograf und Bildbearbeiter Willi Pfitzinger, der nicht bei der Vernissage mit von der Partei sein konnte, ernete viel Lob. -ww-

Öffentliches Zentrum

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Neuer Sitz für Kommune und Kirchengemeinde Buch am Wald

BUCH AM WALD – „Die Leute sind begeistert“,  versichert Herrmann Horndasch, Pfarrer der Gemeinde Buch am Wald. Acht große und moderne Räume bieten jetzt neuen Platz für die Gemeindearbeit.

Kirche und Kommune miteinander verzahnt: Kirchliches Gemeindehaus und Kanzlei.

Kirche und Kommune miteinander verzahnt: Kirchliches Gemeindehaus und Kanzlei.

Während die Außenfassade unverändert geblieben ist, hat sich in den Innenräumen des Gemeindehauses viel getan. Das Untergeschoss mit dem Büro und Sekretariat des Bürgermeisters sowie dem großen Gemeinschaftssaal zeugen nun von einer engen Zusammenarbeit. Während politische- und Kirchengemeinde mit eigenen Eingangstüren vorher räumlich getrennt waren, wird das Gebäude nun gemeinschaftlich genutzt.

Dringend notwendig sind die Umbauten gewesen, so Herrmann Horndasch. Die letzten Arbeiten lagen bereits 40 Jahre zurück. Fenster und Türen waren marode und dringend sanierungsbedürftig. Finanziert wurde das rund 410000 Euro teure Projekt von der Landeskirche, mit einem Anteil von 90000 Euro und der Kirchengemeinde Buch am Wald, die den Rest der Summe stemmte.

Außerdem waren die Gemeindemitglieder mit über 2200 Stunden Eigenanteil am Projekt beteiligt. Die Umsetzung ist weitgehend nach Plan verlaufen, so Herrmann Horndasch, wobei aufgrund gesetzlicher Vorgaben noch zwei weitere Fluchttreppen nachträglich angebracht werden muss­ten. Eine Sache stelle jedoch noch immer ein großes Problem dar. „Im Gegensatz zu früher können wir das Internet jetzt zwar nutzen“, erklärt der Gemeindepfarrer, „jedoch ist es immer noch viel zu langsam, um wirklich damit arbeiten zu können. Da müsste hier in Buch am Wald dringend etwas getan werden.“

Freudiger Anlass: die Einweihungsfeier zum Abschluss der Sanierungsarbeiten. Fotos: priv/all

Freudiger Anlass: die Einweihungsfeier zum Abschluss der Sanierungsarbeiten. Fotos: priv/all

Vom Ergebnis der Umbauten profitieren nun Kirche und Kommune. Im großen Gemeinschaftssaal finden sowohl Veranstaltungen, öffentliche Sitzungen, als auch Trauungen statt. Im ersten Stock proben Kirchenchor, Schützenkapelle und andere kirchliche Gruppen. Außerdem stehen Räumlichkeiten für die Krabbelgruppe und den Kindergottesdienst zur Verfügung, welche mit einer Fußbodenheizung für die Kleinen ausgestattet wurde.

Auch die Archive von Kirchengemeinde und Kommune sind nun im ersten Stock untergebracht. Im alten Gebäude mussten diese im Dachboden gelagert werden. „Im Winter hatte es da oben Minusgrade, da war es schon sehr unangenehm etwas aus den Archiven zu holen“, erzählt Pfarrer Herrmann Horndasch. Außerdem stellt der Umbau die Barrierefreiheit im Gebäude sicher. Durch eine Rampe und einen Aufzug sind sämtliche Gebäude im Untergeschoss für Menschen mit Behinderung nun zugänglich gemacht worden.

Nach rund vier Jahren Planung und Baumaßnahmen konnte das Gemeindehaus in Buch am Wald kürzlich eingeweiht werden. Nach dem Gottesdienst in der St. Wendel Kirche fand die Einweihungshandlung im Gemeindehaus mit zirka 350 Gästen, Bürgermeister Friedrich Priester sowie Vertreter der Kirche und der Vereine statt. „Es ist wichtig den Menschen ein Zentrum zu geben“, sagt Herrmann Horndasch. Damit wird das Gemeindehaus eine Anlaufstelle für alle Anliegen der Gemeindemitglieder. all

„Es braucht das Gespräch“

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Eine Begegnung auf Augenhöhe ist kaum machbar, ohne den guten Willen beider Partner

ROTHENBURG – Die Wurzeln der Reformation haben sich mittlerweile tief in die ganze Welt eingegraben. In diesem Durcheinander herrschen nicht unbedingt einfache Verhältnisse. Keineswegs einfacher wird diese Situation durch die weltweiten Migrationsströme, mit denen die ganz anders reformierten Kirchen heute auch in Europa präsent sind. Sie stellen die hiesigen Kirchen vor neue Herausforderungen.

Festliche Klänge: Der Bezirksposaunenchor unter der Leitung von Jan-Peter Scheurer. Foto: Schäfer

Festliche Klänge: Der Bezirksposaunenchor unter der Leitung von Jan-Peter Scheurer. Foto: Schäfer

Der Dekanatsbezirk Rothenburg lud auch in diesem Jahr zu einem Festabend zum Reformationsfest in die Jakobs-Kirche ein. Die Gläubigen mussten sich warm anziehen, denn das sonst temperierte Gotteshaus blieb kalt. Die Heizung ist kaputt. Ein Blitzschlag Ende Juni hatte auch die Orgel und Geläut außer Gefecht gesetzt. Feierliche Chor- und Orgelmusik, Gebet und Segen durch Dekan Hans-Gerhard Gross wärmten die Herzen. Die Kanzelrede von Dr. Claudia Jahnel bot Raum zum Innehalten und Nachdenken.

Zu den Facetten der globalisierten Reformation gehört die Bewältigung aktueller Fragen, welche die Kirchen an den verschiedenen Orten der Welt bewegen. Dr. Claudia Jahnel beschäftigt sich bei Mission „EineWelt“ in Neuen­det­tels­au mit Konzepten interreligiöser Kompetenz– eine Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts in pluralen Gesellschaften und Kulturen. „Wir stehen in einer Tradition, die uns in die Verantwortung nimmt, Freiheit nicht nur für uns zu postulieren und Beziehungen zu verstärken, sondern Grenzen abzubauen.“

In ihrer mit Applaus bedachten Rede schlug sie einen Bogen zur Geschichte Rothenburgs im Jahr 1407, „als die Stadt ihre Burg entfestigte“, wie sie sagte, um ihre Nutzung als Belagerungsbau durch Friedrich IV zu vereiteln: „Die Entfestigung einer Festung. Der Abbau von Grenzen. Politischer Widerstand – und zugleich: Zulassen von Verletzbarkeit. Denn ohne Grenzen, ohne Mauern, ohne ein Bollwerk, hinter dem wir uns verschanzen und andere ausschließen, sind wir verletztlich.“

Die reformatorische Bewegung sei längst zu einer weltumspannenden Bewegung geworden. „Wir können sprechend und handelnd eingreifen in unsere Welt, und uns dabei auf Gottes Zusage und auf unsere guten Traditionen stützen“. Die größte Herausforderung heute sei es, „die Freiheit und das Recht auf Freiheit auch für Andersdenkende und Andersglaubende zu öffnen und den Geltungsbereich der Freiheit nicht auf den Raum unserer Burg zu beschränken.“

Eine zentrale Voraussetzung für diese Entgrenzung der Freiheit sei, „dass der Glaube gebildeter Glaube ist“. Auch akademisch gebildete Religion sei nicht gefeit vor fundamentalistischer Engstirnigkeit und Unfreiheit, so Dr. Claudia Jahnel. Seit der Reformation wurden Personengruppen als „irrational“ abgestempelt, ausgeschlossen, verurteilt und verfolgt. „In unserer Zeit sind es neu-pfingstlerische christliche Gruppen und vor allem der Islam, dem heute in besonderer Weise die Rolle des irrationalen Anderen zugeschrieben wird.“

Was sie in Deutschland derzeit wahrnehme, sei eine deutlich vorhandene Skepsis, sowohl gegenüber anderen Religionen als auch gegen­über den nach Europa zurückkehrenden Kirchen reformatorischen Ursprungs. Angesichts einer immer mehr fortschreitenden Technisierung und Ökonomisierung unserer Lebenswelt seien die Früchte der Moderne auch nicht unumstritten. Die Sprache der Ökonomie sauge die religiöse Sprache auf und vermarkte ihre Produkte als neue Heilsversprechen. „Wer kennt nicht auch bei uns die Frage, wie wir das Feuer des christlichen Glaubens, der Liebe und der Hoffnung, das Herz öffnen – nicht nur den Verstand – die Sehnsucht nach der Sehnsucht wieder entzünden lassen können.“

Auch eine immense Bildungsaufgabe werde zugemutet: „Wir brauchen einen gebildeten Glauben, der in Frage stellt und sich hinterfragen lässt.“. Gebildeter Glaube müsse differenzieren und andere Wissensformen zur Kentnis nehmen: „Nur so laufen wir nicht Gefahr, dass wir Freiheit nur für uns in Anspruch nehmen, die Freiheit, anders zu glauben oder zu denken, aber massiv einschränken“. Gebildeter, freiheitsfähiger Glaube wachse nicht allein: „Er braucht das Gespräch.“ sis

Fließender Übergang

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Montessori-Vereine aus Rothenburg und Ansbach kooperieren

ROTHENBURG – Gemeinsam die Montessori-Pädagogik im Landkreis Ansbach stärken: das ist einer der wichtigen Gründe für den Montessori-Förderkreis Rothenburg und den Montessori Verein Ansbach eine Kooperation einzugehen.

Beim Unterschreiben des Kooperationsvertrags.Foto: M. Sailer

Beim Unterschreiben des Kooperationsvertrags. Foto: M. Sailer

Die beiden Ersten Vorsitzenden der Vereine, Sabine Knappe aus Rothenburg und Marion Lepold aus Ansbach, haben den Vertrag unterschrieben, der ganz konkrete Bestandteile hat. „Wir wollen unseren Kindern ­einen fließenden Übergang an ei- ne Montessori-Sekundarstufe ermöglichen“, erklärt Marion Lepold. Vom Kinderhaus bis zur vierten Klasse der Primarstufe können sich Kinder aus Ansbach und Um­gebung bereits im Sinne der Montessori-Päda­gogik entwickeln und lernen.

Ab der fünften Klasse haben die Schülerinnen und Schüler nun die Möglichkeit, die Sekundarstufe der Montessori-Sekundarstufe in Rothenburg ob der Tauber zu besuchen. Im Rahmen des offiziellen Vertrags beginnt dabei die Übergangsphase bereits in der vierten Jahrgangsstufe mit Unterrichtsbesuchen und gemeinsamen Veranstaltungen. Im Schuljahr 2017/2018 sollen die ersten Schülerinnen und Schüler nach Rothenburg wechseln.

Ressourcen bündeln

Auch Sabine Knappe freut sich über die enge Kooperation: „Wir bekommen so zusätzliche Montessori-erfahrene Kinder an unsere Schule.“ Neben einem gezielten Wissensaustausch der Schulleitungen planen die beiden Vereine auch, ihre Ressourcen zu bündeln, um mit gemeinsamen Aktionen, Veranstaltungen und Fortbildungen sowie einer abgestimmten Öffentlichkeitsarbeit weiter über die Montessori-Pädagogik zu informieren.

„Wir sind davon überzeugt, dass die Art wie Kinder der Montessori-Schule lernen sich Wissen anzueignen, genau das ist, was Gesellschaft und Unternehmen auch brauchen“, ist sich Marion Lepold sicher, und das müsse in der Öffentlichkeit noch besser wahrgenommen werden. bt


Suite für Sindbad

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Erzählkunst traf Tonkunst beim „Märchenzauber“

ROTHENBURG – „Scheherazade“ heißt die Geschichtenerzählerin aus dem alten Persien, der es mit fabelhafter Beharrlichkeit gelungen sein soll, ihren König von mörderischer Verbitterung zu befreien. Den russischen Tonmeister Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow regte dies vor bald 130 Jahren zu einem großen Wurf an. Im Städtischen Musiksaal begegneten sich seine Musik und die berühmten Geschichten aus „Tausendundeine Nacht“ nun.

Von links: Friederike und Franziska Ritter (vorn), Carolin Leyh, Kathrin und Rebekka Rank.Foto: Düll

Von links: Friederike und Franziska Ritter (vorn), Carolin Leyh, Kathrin und Rebekka Rank. Foto: Düll

Dem Namen des „Rothenburger Mär­­­chen­zau­bers“ machte die Aufführung zweifellos alle Ehre. Auf innige Weise verband der Beitrag der Städtischen Musikschule den Klassiker der Weltliteratur mit jenem aus dem Konzertsaal – wobei es gewiss nicht geschadet hätte, wenn bei aller Liebe zum natürlichen Klang auch die sound- und lichttechnischen Möglichkeiten des neu eingerichteten Saales noch besser genutzt worden wären.

Die Sinfonische Suite „Scheherazade” ist bei weitem nicht das einzige, aber wohl das einzige weltberühmte Werk Rimski-Korsakows, der in seinem langen Komponistenleben immerhin einige Sinfonien sowie etliche Opern und Kammermusiken geschaffen hat. Ursprünglich als Orchesterstück gesetzt, verdankt es seine Beliebtheit nicht zuletzt dem prächtigen Klanggewand und der schillernden Instrumentierung. Da wirkt es fast schon kühn, ein solches Werk zu einem Klaviertrio (wenn auch in aparter Querflöten-Variante) zu verschlanken, wie es der österreichische Komponist Joseph Diermaier in der hier verwendeten Bearbeitung getan hat.

Umso mehr beeindruckte, wie viel Stimmungszauber das Stück selbst in einer kleinen Besetzung noch entfalten kann. Zusammen mit Carolin Leyh (Studienrätin für Musik am Reichsstadt-Gymnasium) am Flügel gelangen Kathrin und Rebekka Rank präzise musizierte und at­mo­sphärisch dichte Auszüge aus der Suite, die mit den vorgetragenen Texten wunderbar korrespondierten.

Lebendig und spannend

Thomas Meyer (von ihm stammten Idee und Umsetzung der konzertanten Lesung) konnte über die Leistung der jungen Musikerinnen aus seiner Flötenklasse nur stolz und ebenso glücklich sein wie über die Besetzung der Sprechrollen. Die beiden Erzählerinnen, Franziska und Friederike Ritter (beide 13 Jahre alt) lasen die Geschichten, die vor allem um die Abenteuer des Seefahrers Sindbad kreisten, lebendig, mit Sinn fürs Dramatische und ohne das geringste Zeichen von Lampenfieber.

Ihr Geschick kommt nicht von ungefähr. In ihrer Schule, dem Reichs­stadt­-Gymnasium, haben die beiden Schwes­tern aus Insingen schon verschiedentlich bei Vor­lesewettbe­wer­ben reüssiert. Auch auf den noch größeren „Brettern“ ernteten sie nun gemeinsam mit den Musikerinnen kräftigen und langen Beifall. Schön, dass in den musikalischen Vorträgen stets die Tiefgründigkeit des Werkes zu ahnen war. Als bloße Nacherzählung und Klang­illustration wäre Rimski-Korsakows „Scheherazade“ ja auch arg unterschätzt.

Tatsächlich nämlich birgt ihr Klangzauber ein Musikdrama mit kontrastierenden Themen. Es erzählt davon, wie sich ein versteinertes Herz durch Kunst und Geduld aufbrechen und wandeln lässt. Das mag märchenhaft klingen. Aber wer weiß: Vielleicht trägt es ja auch einen Keim an Hoffnung für die reale Welt in sich. hd

Herbstmesse lockt weiter

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Ein großer Besucherandrang für Volksfest und Altstadt am Feiertag

ROTHENBURG – ,,Dös paßt scho!” meint ein Schausteller auf die Frage, wie er mit dem Verlauf der Herbstmesse zufrieden ist. So locker lassen sich generell die Eindrücke eines Rundgangs zusammenfassen, denn bei sonnigem Wetter erlebten Volksfest und Altstadt einen großen Besucheransturm. Dabei lockten die Einkaufsmöglichkeiten des Handels am Feiertag Allerheiligen.

Mit den Sonnnenstrahlen kamen am Feiertag einige tausend Besucher auf den Schrannenplatz. Fotos: diba

Mit den Sonnnenstrahlen kamen am Feiertag einige tausend Besucher auf den Schrannenplatz. Fotos: diba

Schon am letzten Wochenende durfte man sich über den erfolgreichen Auftakt freuen und am Feiertag setzte sich der Ansturm fort, so dass Messe-Beschicker wie Einzelhändler allen Grund haben gelassen auf das anstehende Wochenende zu sehen – auch wenn sich jetzt die Sonnenstunden reduzieren. Laut Wetterbericht wird man auch mal einen oder zwei regnerische Tage bis zum Volksfest­ende nächsten Sonntag verkraften müssen, was aber der Gesamtbilanz nicht allzu abträglich sein dürfte.

Unverändert erweist sich die Kombination von traditioneller Altstadt-Herbstmesse und einkaufsoffenen Sonn- und Feiertagen als Magnet für die Bewohner des Umlandes. Wer an Allerheiligen durch die Gassen schlenderte, dem drangen besonders viel hohenlohische und schwäbische Klänge ans Ohr, denn die Württemberger gehören schon immer zu den treuen Besuchern und Kunden.

Und was sagen die Gäste: „Wir machen immer unseren Familienausflug nach Rothenburg zur Herbstmesse und zum Bummeln in der Stadt”, meint eine Mergentheimer Familie auf unsere Nachfrage und auch von anderen hören wir Ähnliches. Dazu kommen nicht wenige Touristen, die teils den Montag als Brückentag genutzt haben und einen verlängerten Wochenendausflug unternehmen, was auch einzelne Häuser bei den Übernachtungsbuchungen merken (diese Woche sind auch noch Herbstferien in Bayern).

Besucher an Allerheiligen – erinnert man sich noch an die Stadt ohne Außenbestuhlung?

Besucher an Allerheiligen – erinnert man sich noch an die Stadt ohne Außenbestuhlung?

Der Handel wurde am verkaufsoffenen Feiertag durch den bewährten Zubringer-Pendelservice für die Gäste unterstützt, wie ihn das Stadtmarketing wieder organisiert hatte. Dabei geht es nicht nur um die Altstadt, sondern auch um die diversen Betriebe und Läden, die außerhalb der Mauern mit ihren Angeboten zur Einkaufsattraktivität beitragen. Freuen konnten sich die Teilnehmer an der Gewerbeschau, die letztes Wochenende in der Schrannenscheune stattfand, über großes Interesse.

Mit dem „Stelldichein der Vereine“ am kommenden Samstag und Sonntag von 13 bis 18 Uhr in der Schrannenscheune klingt die Herbstmesse 2016 dann aus. Am Samstagabend gibt es schon wieder einen neuen Höhepunkt im Veranstaltungsreigen, denn es findet der 10. Altstadt-Lichterlauf statt. Mit Schweinwerfern und Fackeln werden dabei Abschnitte der Laufstrecke illuminiert sein. Und in drei Wochen ist Reiterlesmarkt! diba

Schritt in die Öffentlichkeit

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„Stelldichein der Vereine“ zeigt Spektrum des bürgerschaftlichen Engagements

ROTHENBURG – Sie sind das Rückgrat für den gesellschaftlichen Zusammenhalt: Vereine leben Mitmenschlichkeit. Welch breites Spektrum an Beteiligungsmöglichkeiten Rothenburg und das Umland zu bieten hat, zeigt sich am kommenden Wochenende beim „Stelldichein der Vereine“ in der Schrannenscheune im Rahmen der Herbstmesse.

Ohne das Ehrenamt wäre vieles nicht denkbar und durchführbar. Doch was macht welcher Verein eigentlich genau? Inwiefern können einen selbst die vielseitigen Angebote betreffen? Oder noch besser: Wie kann man seine eigenen Talente und Interessen miteinbringen? Auf diese Fragen möchten die engagierten Ehrenamtlichen beim Stelldichein der Vereine in der Schrannenscheune am Samstag und Sonntag von 13 bis 18 Uhr Antworten geben.

Die Gesamtheit an Vereinen in Stadt und Land kann auf dem begrenzten Platz natürlich nicht abgebildet werden. Mit den insgesamt elf ausstellenden Gruppen – darunter auch der eine oder andere Neuzugang – wird aber ein relativ ausgewogener Ausschnitt aus den unterschiedlichen Bereichen – sportlich, sozial und technisch – geboten. Die Vereinsschau ist also durchaus einen Abstecher wert, selbst wenn man sich gerade kein (weiteres) Engagement in einem Verein vorstellen kann. Es schadet schließlich nie, wenn man für den Fall der Fälle dann doch eine Anregung im Hinterkopf hat.

Die engagierten Ehrenamtlichen hoffen auf viele Besucher beim Stelldichein der Vereine in der Schrannenscheune, die sich über ihre Angebote informieren wollen.Foto: Scheuenstuhl

Die engagierten Ehrenamtlichen hoffen auf viele Besucher beim Stelldichein der Vereine in der Schrannenscheune, die sich über ihre Angebote informieren wollen. Foto: Scheuenstuhl

Wie in der regulären Vereinsarbeit, legen sich die Vetreter und Mitglieder der Vereine auch für ihren Messeauftritt mächtig ins Zeug. Einige haben den Vorteil, dass sie dank ihrer Sportgeräte, Sammler- oder Werkstücke optisch die Blicke wie magisch anziehen. Letztlich kommt es für alle aber einfach darauf an, dem Verein ein „Gesicht zu geben“, denn die Menschen, die den jeweiligen Verein ausmachen, sind immer noch die besten „Werbeträger“, weil sie mit Freude und persönlicher Überzeugung von ihrem Engagement, Sport oder Hobby erzählen.

Ein Vertreter des sportlichen Bereichs in der Schrannenscheune ist die Schützen-Gilde Rothenburg, die derzeit 163 Mitglieder zählt. Um einen Einblick in das Sportschießen zu gewähren, sind an ihrem Stand zwei Lichtgewehre aufgebaut, mit denen man seine ruhige Hand und seine Treffsicherheit selbst einmal testen kann. Der zweite ortsansässige Sportverein ist der Modellflug-Club Rothenburg. Interessierte können an diesem Stand gefahrlos ihre ersten Flugversuche mit Hilfe eines Simulators machen. Deneben gibt es noch Flugmodelle aus verschiedenen Sparten zu bewundern sowie Bilder und Filme der Vereinstätigkeiten.

Auch im Umland frönt man der Leibesertüchtigung. So stellt heuer die Sportgemeinschaft Diebach wieder ihre verschiedenen Gruppen vor, unter anderem die Schlepperfreunde und die Diebacher Edelknechte. Die Bogenschützen zeigen, was es mit dem traditionellen intuitiven Bogenschießen auf sich hat, wie man mit Pfeil und Bogen Körper, Geist und Seele stärken kann. Und die Liebhaber der betagten Landwirtschaftsmaschinen bringen sogar einen ihrer 46 motorisierten Schätze mit in die Schrannenscheune. Ein Höhepunkt ihres regen Vereinslebens war zweifellos die Teilnahme an der diesjährigen Traktor-Weltmeisterschaft am Großglockner.

Von der damaligen Technik zu neuesten Spielereien für zuhause: Die Zukunftswerkstatt „FabLab“ lädt die Besucher in der Schrannenscheune ein, selbst aktiv zu werden. Es besteht die Möglichkeit, ein eigenes Motiv zu entwerfen, das mit einem Schneidplotter und einer Thermotransferpresse auf eine Tasche gebracht wird. Elektronik-Fans können sich einen kleinen Bürstenroboter bauen.

Der gesellschaftlich-soziale Bereich wird zum einen durch den Rothenburger Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt mit seinen 30 Mitgliedern vertreten. Sie informieren über die Betreuungsangebote in der Tauberstadt wie Kinderkrippe und -hort sowie die Kindertagesstätte. Auch die Projektschmiede präsentiert ihre Arbeit und ihre Dienstleistungen. Zum anderen wird an einem eigenen Stand das Schülercoaching vorgestellt, bei dem ein Ehrenamtlicher jeweils einen Mittelschüler bis zum Abschluss begleitet, ihn motiviert, ihm hilft sein Selbstvertrauen zu stärken und in geringem Maße auch im Schulischen unterstützt.

Drei auf einen Streich heißt es am gemeinsamen Stand von „Mein zweites Leben“, Hospizverein und „Wegwarte“. Sie decken ein breites Spektrum an Unterstützungsangeboten ab: Von Hilfestellungen im Krankheitsfall durch Selbsthilfegruppe und einer zusätzlichen Sprechstunde für neurologische Erkrankungen („Mein zweites Leben“) über die Nachbarschaftshilfe („Wegwarte“) bis hin zur Trauerbegleitung und einem Trauercafé (Hospizverein). Auch die Rothenburger Reservistenkameradschaft ( insgesamt 86 Mitglieder) macht sich mitsamt Uniformen, Einmannpackung (EPA), Fotos und Videos auf zum Stelldichein in der Schrannenscheune, um über ihre Rolle als Mittlerin zwischen Zivilisten und der Bundeswehr aufzuklären. mes

Wo der Unsinn zuhause ist

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Englisches Stationentheater entführte Publikum in Alices Wunderland

ROTHENBURG – Im gutgewärmten, verdunkelten Theatersaal während des bedeutungsschwangeren Monologs der Hauptfigur kurz einmal einnicken – dies passiert einem bei der Butterfly Theatre Company garantiert nicht. Denn das erstklassige Ensemble nahm bei seinem erneuten Gastspiel in Rothenburg im Rahmen der Märchenwoche die Zuschauer mit auf eine atemberaubende Reise durch das Wildbad, das sich dank einfallsreicher Kostüme, Requisiten und Bühnenbilder in Alices Wunderland verwandelte.

„Wir sind alle verrückt“, verrät die umtriebige Grinsekatze der verwirrten Alice, die verzweifelt versucht ihren Weg nach Hause zu finden. Dem einen oder anderen Zuschauer mag sich dieser Eindruck schon längst aufgedrängt haben. Denn anders als in gewöhnlichen Aufführungen ist man beim Stationentheater der Butterfly Theatre Company mittendrin im Geschehen. Man nimmt hautnah am skurril-witzigen Irrsinn des Wunderlandes teil und wähnt sich an manchen Stellen sogar als Einwohner dieser wundersamen Welt.

Dieses Eintauchen in das Phantasiereich ist maßgeblich den ausgezeichneten Schauspielern zu verdanken, die die sonst so unüberbrückbare Kluft zwischen Bühne und Publikum einfach ignorieren. Sie schauen die Zuschauer direkt an, sprechen sie an und lassen sie sogar darüber entscheiden, ob Alice sich des Verrats schuldig gemacht hat oder nicht. Für die Schauspieler sei dies eine besondere Erfahrung, erklärt Regisseur Nicholas Humphrey.

Beim Krocket-Spiel mit Flamingo gilt es die herrische Herzkönigin (2.v.l.) nicht zu verärgern.Fotos: Scheuenstuhl

Beim Krocket-Spiel mit Flamingo gilt es die herrische Herzkönigin (2.v.l.) nicht zu verärgern. Fotos: Scheuenstuhl

Entsprechend der sogenannten Meisner-Technik bleiben die Schauspieler „im Moment“ – warten also nicht verkrampft auf das Stichwort für ihren Einsatz –, um auf Einflüsse von außen reagieren zu können. Und hierfür bieten sich einige Gelegenheiten in der Tagungsstätte. Auf Alices Spuren wandern die Zuschauer durch das Wunderland Wildbad und entdecken dabei malerische, prunkvolle und meist verborgene Orte in dem beeindruckenden Gebäude, bei normalen Tagungsbetrieb.

Auch das Theater-Team ist begeistert von seiner Spielstätte zu Füßen der Tauberstadt. Nur die langen Wege zwischen den einzelnen Szenen sind eine kleine Herausforderung. Im Laufschritt geht es deshalb zügig von einem Raum zum nächsten, was jedoch nicht als Stress empfunden wird, sondern die Spannung aufrechterhält (dank der passenden, steten akustischen Untermalung) und das Gefühl vermittelt, mit Alice zusammen auf der verzweifelten Suche nach dem rettenden Ausgang aus dem Wunderland zu sein.

Dabei geht es mitunter vorbei an Tagungsgästen, die während ihrer Kaffeepause durch die Gänge schlendern – besser hätte man kaum darstellen können, wie nah Normalität und Unsinn beieinander liegen. Denn Alices Wunderland mit seinen sonderbaren Cha­rakteren weist viele Parallelen zu der vermeintlich rationalen Welt auf, so Nicholas Humprey. Hier wie dort liege es in den Händen der Mächtigen, die Welt nach ihren Vorstellungen zu formen. Nur Außenseiter können frei sprechen und Missstände anprangern – müssen dafür aber die Konsequenzen tragen. Und Ed Hartland, Autor des Textbuchs für diese Theateradaption, möchte mit seiner Version dem Publikum einen „Eindruck vermitteln, was direkt unter der Oberfläche liegt“. Seine Charaktere dürfen deshalb ihre dunklen Seiten ausleben, wodurch Alices Aufgabe, sich aus dem zunehmend bedrohlicheren Wunderland zu befreien, noch dringlicher wird.

Die britische Note darf bei der in London beheimateten Theaterkompanie natürlich nicht fehlen. Zum einen wird das Stück in der Muttersprache der Schauspieler aufgeführt – für Liebhaber des klangvollen britischen Englischen ein wirklicher Ohrenschmaus. Zudem kommt man dadurch in den Genuss der Trockenheit und der typischen Untertreibungen, die den britischen Humor auszeichnen. Aufgrund der Bekanntheit der Geschichte und des Spiels der Darsteller kann man dem Stück auch folgen, wenn die letzte Englisch-Stunde ein Weilchen her ist.

Zum anderen stellen die Briten ihre Gastfreundschaft unter Beweis. Denn wenn sie sich mit etwas auskennen, dann ist es das Teetrinken. Und so sind auch die Zuschauer zu einer Tasse Tee in Gesellschaft des verrückten Hutmachers und des Märzhasens eingeladen. Die ausgebildeten Schauspieler, die die Hauptfiguren verkörpern, werden von Schülern der Heidelberger Elisabeth-von-Thadden-Schule unterstützt. Alle überzeugen mit einer beeindruckenden Schauspielleistung und bringen ihre Cha-raktere mit ihren irrwitzigen Wesenszügen zum Leben.

Im Programm der Rothenburger Märchenwoche ist das Stationentheater einer der Höhepunkte. Und auch hinsichtlich des allgemeinen Theaterlebens in der Stadt ist es eine schöne Abwechslung, junge und talentierte Schauspieler zu erleben, die einen (internationalen) Blick über den altbekannten Bühnenrand gewähren. Das ambitionierte Team hätte deshalb einen besseren Termin verdient als 11 Uhr und das noch in den Herbst-ferien. Die Resonanz bei der Abendvorstellung am Feiertag beweist aber, dass Neues durchaus angenommen wird. mes

Wurzeln mit Sprengkraft

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Starker Bewuchs und Wurzelholz lockerten Steine in der Stadtmauer

ROTHENBURG – Rechtzeitig vor den Wintermonaten stehen die notwendigen Sanierungsarbeiten an historischen Bauwerken vor dem Abschluss.

Momentan läuft noch die Instandsetzung der Stadtmauer in einem Abschnitt von zirka sechzig Metern im Burggarten. In diesem Bereich wurden Bewuchs und Wurzeln entfernt, die der Mauer schwere Schäden zugefügt haben. Sie hatten Mauersteine gesprengt und gelockert. Da war Gefahr in Verzug. Zu Beginn der Maßnahme mussten Teile der Mauer abgetragen, das Wurzelwerk entfernt und die Mauer dann wieder aufgebaut werden. Ein Gerüst ist notwendig, um die zu bearbeitenden Bereiche auf sicherem Wege zu erreichen.

Der Endspurt läuft glatt, wenn das Wetter mitspielt. Foto: sis

Der Endspurt läuft glatt, wenn das Wetter mitspielt. Foto: sis

Loses und mürbes Fugenmaterial wird fachmännisch ausgekratzt und die Fugen dann mit einem dem Original ähnlichen Kalkmörtel wieder verfugt. Frost kann man dazu nicht brauchen. Kalte Temperaturen verhindern beziehungsweise verzögern das Abbinden des Mörtels und stören somit den Haftverbund zwischen Stein und Mörtel. Schon länger registrierte das städtische Bauamt mit Sorge, dass der Muschelkalk aus den Fugen des historischen Mauerwerks rieselte. Die Oberfläche der Steine wird behutsam gereinigt. um die historisch überkommene Patina zu erhalten. Mit der Maßnahme beauftragt ist die Rothenburger Firma Hepp. Das Auftragsvolumen beträgt rund 45000 Euro.

Die baulichen Maßnahmen, die die Altstadt mit ihren Mauern und Türmen, Rathaus und Brunnenanlagen betreffen sind für dieses Jahr weitestgehend abgeschlossen, wie es heißt. Bereits beendet ist die Sanierung der Innenhöfe in der Spitalbastei. Das Baugerüst wird in der kommenden Woche abgebaut. Dafür wird an diesem Montag nochmals die Tordurchfahrt gesperrt. Am Rathaus werden aktuell noch die Schneefangbretter ausgetauscht, um auch hier wieder die Sicherheit herzustellen. Für das nächste Jahr sind erneut Mauerarbeiten an Türmen und Stadtmauer geplant, es werden weitere Brunnen saniert. Insgesamt und abschließend kann man sagen: es gibt jede Menge zu tun. sis

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