Lokalmatador der Frankemer Stupfl zieht in Rothenburg neue Seiten auf
ROTHENBURG – Als Hausmeister der Frankemer Stupfl in der Faschingssaison wetzt Christoph Maul seine spitze Zunge. Mit der Inbrunst des verzweifelten Intellektuellen geht er in dieser Rolle dem allgegenwärtigen Irrsinn auf den Grund. Er schaut dem Franken in die Seele und aufs Maul. Ab und zu lässt er den Zyniker von der Kette angesichts der nicht zu übersehenden Missstände hinter den wackligen Kulissen des kleinen und großen Welttheaters. Sein erster Auftritt in der Korn-Halle wird eine besondere Premiere.

Steigt in die Kabarett-Szene ein: Christoph Maul, wie er leibt und lebt. Foto: Schäfer
Der Schillingsfürster nimmt diesmal auf der Bühne nicht seine Hausmeisterrolle ein, sondern tritt Mitte Januar zum ersten Mal als Privatperson vors Publikum. Mit seinem ersten Soloprogramm „Mangel durch Überfluss“ steigt er in die Welt des Kabarett ein und stellt sich damit der Herausforderung, die eigene Messlatte höher zu legen. Er hat Spaß daran, Neues auszutesten. Mit schöpferischer Energie arbeitet und feilt Christoph Maul am Programm. Musikalisch begleiten wird ihn in vier kurzen Einspielern Gstanzlsänger Martin Rohn aus Gailnau – eine weitere Lokalgröße der Frankemer Stupfl. Ihr erster gemeinsamer Auftritt auf der Kornschen Bühne stößt auf großes Interesse. Schon Monate vor dem Termin sind über 350 Eintrittskarten verkauft.
Christoph Maul ist ein echter Frankemer. 1979 erblickte er im Schillingsfürster Krankenhaus das Licht der Welt. Seinen ersten Auftritt absolvierte er als fünfjähriger Bub auf einer Hochzeitsfeier durch einen Gedichtvortrag. Später entfaltete er sein Talent auf dem Feuerwehrball und im TSV-Theaterschauspiel. Größere Bekanntheit erlangte er durch seine starke Bühnenpräsenz bei den Stupfl-Faschingssitzungen als redseliger Hausmeister in Arbeitskleidung, der ohne zu zögern seine Meinung sagt und richtig sauer werden kann, wenn ihm etwas gehörig gegen den Strich geht. Die Hausmeistertätigkeit ist für ihn nicht bloß eine Arbeit, sondern Lebenseinstellung und -inhalt.
Er fungiert gerne und oft als Moralist, der die Welt verbessern will. Aber er ist kein Pessimist. Seine Aufgabe sieht er darin, zu sagen was mit uns geschieht. Immer mit einem Quäntchen Kritik verbunden und einer permanenten Aufforderung ans Publikum, selbst zu denken. Das braucht oftmals Wissen und Fantasie, um die Verlautbarungen zu begreifen. Und die Fähigkeit zur Selbstkritik, um sie zu ertragen.
Freund deutlicher Worte
Auch andernorts herrscht hausmeisterlicher Personalbedarf. So tritt Christoph Maul auf anderen Faschingsbühnen in der Region auf. Als neuer Hausmeister der Comödie Fürth, der diskret über vieles Indiskrete zu berichten wusste, schaffte er es sogar bis ins Fernsehen. Schon zweimal nahm er am Wettbewerb des Bayerischen Rundfunks „Franken sucht den Supernarr“ teil und kam 2014 auf Anhieb ins Finale, wo er in einem starken Feld von Konkurrenten um die besten Plätze wetteiferte und mit seinen Fähigkeiten den dritten Rang belegte. Keine Geringeren als die beiden waschechten Faschingsexperten, der Fürther Komiker, Martin Rassau, und Bernd Händel, Sitzungspräsident der Kult-Sendung „Fastnacht in Franken“, hatten die Vorstellung der Interpreten beurteilt.
Auch als Polit-Chauffeur und „Kartl-Joker“, der nicht mehr gebraucht wird, weil keiner mehr Karten spielt, stand Christoph Maul schon auf der Bühne. Beim ersten „Politiker-Derblecken“ auf der Frankenhöhe im vergangenen März schlüpfte Christoph Maul in die Rolle des Fastenpredigers als Fürst Philipp Ernst, Bauherr des Schillingsfürster Schlosses. In diesem Job gab es besondere Privilegien, welche der „Fürst“ im ausgeliehenen Rothenburger Festspielgewand auf der Bühne auslebte. Er spottete und lästerte, was das Zeug hielt. In Anlehnung an den bekannten „Nockherberg“ übte der „fränggische“ Fastenprediger mit dem spröden Charme Kritik an Politik und Gesellschaft und schenkte den Protagonisten kräftig ein.
Unter den Zuschauern saß auch der Rothenburger Kulturmacher Robert Hellenschmidt. Angetan von der kraftvollen Darstellung unterbreitete er Christoph Maul das Angebot, einen ganzen Abend im Rahmen der nächsten Korn-Kabarettreihe zu bestreiten. Unter dem Titel „Mangel an Überfluss“ wird der Freund deutlicher Worte seine Gedanken schweifen lassen. Ein bisschen verrät er schon, was es damit auf sich hat: „Wir haben einen Überfluss an Gesetzen, aber einen Mangel an Gerechtigkeit. Wir haben einen Überfluss an Nahrung, aber einen Mangel an gesundem Essen. Es gibt einen Überfluss an Information und Exhibition auf allen sozialen Kanälen, aber einen Mangel an Gehaltvollem“. Das Mitdenken wird durch den Einsatz von Humor vereinfacht, aber es ist notwendig. Im Fasching hat er „mehr Narrenfreiheit“. Beim Korn-Auftritt will Christoph Maul „stärker auf Inhalte setzen“.
Seine Brötchen verdient der gelernte Betriebswirt als Vertriebs- und Marketingleiter mit kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Aufgaben bei einer Textilfirma. „Hausmeisterlich bin ich überhaupt nicht begabt“, räumt er ein. „Wenn ich von meiner Hände Arbeit leben müsste, wäre es schwierig“. Christoph Maul ist ein politischer Mensch, aber nicht von parteipolitischen Interessen geprägt, wie er sagt. „Ich wüsste nicht, wo ich mich politisch aufgehoben fühle. Jede Partei hat so ihre Schwächen“. Er hegt Sympathien für den schwarz-grünen Bundestagsabgeordneten Josef Göppel: „Er hat eine klare Haltung und bringt einen Mehrwert für die Natur ein“. In der Schillingsfürster Kommunalpolitik warb einst Friedrich Wieth um Christoph Maul als CSU-Kandidat: „Damals war er noch gut“.
Christoph Maul blieb der Insider mit dem Blick von außen, der die Dinge mit kritischer Distanz betrachtet. „Michael Trzybinski hat jahrelang zurecht den Proporz der Schwarzen angeprangert. Jetzt als amtierender Bürgermeister stellt er eigene Leute ein. Der Kölner Klüngel ist überall. Man kennt sich, man hilft sich“. In Rothenburg habe man mit Oberbürgermeister Walter Hartl bewusst einen Mann von auswärts gewählt, um alte Strukturen aufzubrechen, „und jetzt hängt er genauso drin“. sis