Gottfried Ehninger bringt bald nicht mehr Gläubige auf die Spur, sondern Züge
STEINSFELD – „Der da oben hat mich gerufen“, ist sich Gottfried Ehninger heute noch genauso sicher wie als Zwölfjähriger als ein Traum ihn auf den Weg führte, sein Leben in den Dienst Gottes und der Gläubigen zu stellen. Nach nunmehr 40 Jahren im Talar wird der Pfarrer der Kirchengemeinden Steinsfeld, Gattenhofen und Bettwar im Oktober in den Vorruhestand gehen. Voller Zufriedenheit blickt er auf seine Schaffenszeit zurück.
![Im Vorruhestand hat Gottfried Ehninger endlich wieder mehr Zeit für seine Modelleisenbahn. Foto: mes]()
Im Vorruhestand hat Gottfried Ehninger endlich wieder mehr Zeit für seine Modelleisenbahn. Foto: mes
Ein kleiner Wermutstropfen trübt seine ansonsten makellose Bilanz dann aber doch: „Ich hätte gerne einen Posaunenchor in Steinsfeld auf die Beine gestellt“, gibt Gottfried Ehninger offen zu. Auch wenn er die Musik der Gattenhofer Blaskapelle sehr schätze, wie er versichert, Posaunenmusik sei dann doch einfach etwas anderes. Dieser Wunsch sollte ihm allerdings nicht vergönnt sein.
Der 63-Jährige ist dennoch mit sich und seinem Wirken über die vergangenen Jahrzehnte im Reinen. „Wenn wir etwas ernten dürfen, haben es die Vorfahren gepflanzt. Wir können nur hoffen, dass unsere Nachfahren auch etwas von uns ernten können“, antwortet er auf die Frage, ob er finde, sein Einsatz als Prediger und Seelsorger sei auf fruchtbaren Boden gefallen. Sein Antrieb „Jesus als Retter und Heiland zu verkündigen“ begleitete ihn in den verschiedenen Stationen seines beruflichen Werdegangs.
Was den Glauben betrifft, so habe er nie an seiner Berufswahl gezweifelt. Es gab aber durchaus Zeiten, in denen er an seine körperlichen Grenzen stieß und sich offen fragte, ob er das überhaupt alles schaffe.
Erst über den zweiten Bildungsweg schickte sich der im baden-württembergischen Weissach geborene Gottfried Ehninger an, seinen Traum von einst in die Tat umzusetzen. So trat er 1971 dem Missions- und Diasporaseminar in Neuendettelsau bei. In den insgesamt sechs Jahren seiner Ausbildung zum Pfarrer bereiteten ihm vor allem das Studium der hebräischen Sprache sowie die Religionspädagogik besondere Freude.
Die Tatsache, dass auch sein Vater als Pfarrer im Dienste der Kirche stand, war für seine Berufswahl nicht ausschlaggebend, betont Gottfried Ehninger. Sein Glaube an Gott konnte sich trotz dieser Prädisposition von frühester Kindheit an ohne Druck oder Pflichtgefühl entwickeln. Kindergottesdienst und später den Gottesdienst besuchte man bei der Pfarrersfamilie freiwillig. Gottfried Ehningers Vater habe die berufliche Entscheidung seines Sohnes „akzeptiert und gefördert“.
Im Austausch mit dem Vater
Solange der Vater lebte, standen die beiden im Austausch über die Inhalte ihres Berufes. Bei aller Diskussionen über die Auslegungen biblischer Texte und die Forschung sei man jedoch bei keinem Aspekt komplett anderer Sichtweise gewesen, erinnert sich der 63-Jährige.
![Als Hobby-Handwerker legt Gottfried Ehninger gerne mit Hand an. Foto: privat]()
Als Hobby-Handwerker legt Gottfried Ehninger gerne mit Hand an. Foto: privat
Prägend für den Gottesdiener in Ausbildung war aber auch sein Lehrpfarrer während seines zweijährigen Vikariats in Thuisbrunn in der Fränkischen Schweiz. „Er hat meine Liebe zur Liturgie geweckt, die ich als Württemberger in dieser Form nicht kannte“, so Gottfried Ehninger. Es folgte die bereits erwähnte besonders herausfordernde Zeit seiner Berufslaufbahn.
Als Pfarrer zur Anstellung war er in der Gemeinde Helmbrechts in Oberfranken, wo er später auch ordiniert wurde, zusammen mit einem weiteren Pfarrer für insgesamt 7000 Gemeindeglieder verantwortlich. Die Jungen hat es auf der Suche nach Arbeit von dem Ort an der Zonengrenze fortgezogen, zurück blieben vor allem Kirchgänger im Rentenalter. „Ich hatte meine Umzugskisten noch nicht ganz ausgepackt, da musste ich gleich drei Beerdigungen in einer Woche halten“, beschreibt Gottfried Ehninger wie sich die dortige Bevölkerungsstruktur auf seine pfarrlichen Tätigkeit auswirkte.
Dank dieser Erfahrung reifte in ihm aber auch immer stärker der Wunsch, sich beim nächsten Stellenwechsel dann wieder in einer Dorfgemeinde niederzulassen. Es ist der persönliche Kontakt zu allen Gemeindegliedern, die er an diesem besonderen Lebens- und Arbeitsumfeld schätzt. Mit Oestheim und Gailnau hat sich sein Wunsch in dieser Hinsicht mehr als erfüllt. „Es gab eine Zeit, da habe ich alle in Oestheim gekannt“, bemerkt er nicht ganz ohne Stolz. In einem Jahr waren sogar alle seine Konfirmanden auch ehemalige Täuflinge von ihm.
In den 21 Jahren seines Wirkens in den dortigen Gemeinden hat er nicht nur als Dekanatsmissionspfarrer die Tradition des Dekanatsmissionsfests am Gailnauer Berg aufrechterhalten, sondern auch den Motorradfahrergottesdienst am Motorradtreffen der Motorradfreunde Gailnau „mit Freude“ vorbereitet.
Hinzu kamen Renovierungsmaßnahmen am Gemeindezentrum Oest-heim, der Gailnauer Pfarrscheune und dem Oestheimer Friedhof. Es war eine „schöne, harmonische Zeit“, unterstreicht er. Den physischen Arbeitseinsatz hat er nicht selten auch ganz bodenständig mit seiner Funktion als Seelsorger verbunden. Denn manchmal, findet Gottfried Ehninger, erfahre man mehr von den Menschen, wenn man bei einem Bier und einer Wurstsemmel zusammensitzt. Als Gottfried Ehninger 50 Jahre alt und damit seiner Meinung nach auch als Pfarrer „schwer vermittelbar“ wurde, stand er vor der Entscheidung entweder bis zur Rente in Oestheim zu bleiben oder noch einmal den Sprung an eine neue Wirkungsstätte zu wagen. Mit zwei Jahrzehnten in ein und derselben Gemeinde war ihm zumindest mehr Kontinuität in seinem Wirken vergönnt als seinem Vater, der alle sechs Jahre seine Pfarrstelle wechseln musste. Steinsfeld erwies sich als Glücksfall, da es seiner bisherigen Gemeinde Oestheim strukturell sehr ähnlich war.
Bauliche Einsätze
Und auch in seiner neuen Gemeinde ließen die baulichen Einsätze Gottfried Ehninger selten zur Ruhe kommen. So stand neben der Renovierung des Steinsfelder Gemeindehauses und des Gattenhofer Kirchturms auch der Umbau des Gemeindehauses an, damit der Gemeindesaal endlich ohne mühsame Treppenstufen zu erreichen ist. Der Religionsunterricht in der Schule hatte für Gottfried Ehninger immer einen großen Stellenwert bei seiner Tätigkeit als Pfarrer. Mit jungen Leuten über Gott und die Welt ins Gespräch zu kommen war ihm besonders wichtig. So stand auch bei den Konfirmandenfreizeiten Gemeinsamkeit und Geselligkeit im Vordergrund. Eine Woche verbrachte man zusammen wie eine Familie und baute so ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis auf. Seine Frau Waltraud stellte bei dieser Gelegenheit ihre vielgelobten kulinarischen Fähigkeiten unter Beweis.
Auf seinen baldigen Ruhestand blickt Gottfried Ehninger mit Vorfreude. Der leidenschaftliche Handwerker, der sich einst auch durchaus ein Berufsleben als Automechaniker oder Schreiner hat vorstellen können, kann dann endlich ausgiebig seinem Hobby frönen und dabei gleichzeitig sein Häuschen in Hartershofen in Schuss bringen. Dort wird er sich auch einen kleinen Traum erfüllen: ein Raum für seine Modelleisenbahn.
Seine Leidenschaft für die Miniaturzüge wurde ihm praktisch in die Wiege gelegt. Nicht nur dass sein Opa väterlicherseits Stellwerksmeister bei der Eisenbahn war. Dass mit Gottfried Ehninger nach drei Mädchen endlich ein Stammhalter geboren wurde, bedurfte eines besonderen Willkommensgeschenk: Gottfried Ehningers Vater bekam von seiner Mutter – Gottfried Ehningers Oma – einhundert Mark geschenkt, um dem Bub eine Modelleisenbahn zu kaufen.
Basteln, fachsimpeln
Seitdem ist er diesem Hobby verfallen und wirkt seit nunmehr 20 Jahren in dem Verein „Christliches Modellbahnteam“, der überregional tätig ist, mit. Dort bastelt und fachsimpelt man – aber auch der Glaube ist ein zentrales Gesprächsthema in dem Kreis Gleichgesinnter.
Angesichts dieser Fülle an neuen, nichtkirchlichen Betätigungsfeldern wird es dem Vater dreier Kinder und Großvater von acht Enkelkindern in seinem neuen Lebensabschnitt sicher nicht langweilig. „Ich glaube, dass ich nichts vermissen werde“, vermutet Gottfried Ehninger, schließlich bleiben mit dem Umzug nach Har-tershofen das Wichtigste – nämlich die ans Herz gewachsenen Menschen – gleich. mes