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Die Bestimmung gefunden

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Mit Entschlossenheit und Standfestigkeit ins Herz des Reiterlesmarkts

ROTHENBURG – Es heißt, was lange währt, wird irgendwann gut. In diesem Fall hat es 35 Jahre gedauert, bis sich der Kindheitswunsch von Jörg Bernicken endlich erfüllte: Denn sein einstmals kleines Tännchen schmückt heuer als stattlicher Weihnachtsbaum den Rothenburger Marktplatz. Stets liebevolle Zuwendung sorgte dafür, dass die Blautanne jeglichen Widrigkeiten trotzte und nun von Menschen aus aller Welt bewundert werden kann.

In Neusitz bei Familie Bernicken aufgewachsen: der Rothenburger Weihnachtsbaum.   Foto: Scheuenstuhl

In Neusitz bei Familie Bernicken aufgewachsen: der Rothenburger Weihnachtsbaum. Foto: Scheuenstuhl

Es war fast wie ein vorgezogenes Weihnachtsfest: Die Familie ist vereint, man versammelt sich um den Weihnachtsbaum, es werden Fotos gemacht und es fließen Tränen (der Freude). Selbst der vielbeschäftigte Sohn konnte sich von der Arbeit frei machen und reiste dafür extra aus München an. Schließlich ging es indirekt auch um ihn. Doch die Feier fand nicht im heimischen Wohnzimmer statt, sondern auf dem Rothenburger Marktplatz. „Jetzt sieht die ganze Welt meinen Baum“, freute sich der 42-jährige Jörg Bernicken, als sich auch gleich zwei japanische Touristinnen vor dem gerade erst aufgestellten Weihnachtsbaum fotografieren ließen.

Noch eine Stunde zuvor stand die Blautanne im Vorgarten der Familie Bernicken in Neusitz. Die Mitarbeiter des städtischen Bauhofs rückten mit schwerem Gerät an und verfrachteten den stattlichen Baum ohne Probleme auf den Lastwagen. Vater Armin Bernicken ist immer noch beeindruckt, wie professionell sich die städtischen Arbeiter angestellt haben, obwohl sie diese spezielle Arbeit ja nur einmal im Jahr machen müssen. Selbst die Fahrt unter der Autobahn hindurch und durch die engen Gassen in der Stadt meisterten sie souverän.

Die Leidenschaft des Sohnes für den Weih­nachtsbaum begann wohl mit der Erzählung „Der kleine Tannenbaum“ von Manfred Kyber. Bei Familie Bernicken wird das Fest der Liebe immer besonders stimmungsvoll begangen. Auch heute noch darf – obgleich die „Kinder“ bereits die 40 Jahr-Marke überschritten haben – eine Weih­nachtsgeschichte nicht fehlen. Das Schicksal der kleinen Tanne, deren sehnlichster Wunsch es war, einmal als Weih­nachtsbaum von einem Wichtelmann ausgewählt zu werden, die aber Jahr um Jahr immer übergangen wurde, beeindruckte den damals 7-jährigen Jörg zutiefst.

Unrecht geraderücken

Dieses Unrecht musste doch irgendwie geradezurücken sein. Zumindest einem dieser unglücklichen Zeitgenossen wollte das jüngste Familienmitglied dazu verhelfen, einmal in voller Pracht zur Weih­nachtszeit bewundert zu werden. Seine Eltern überraschte er sodann mit dem Entschluss, im örtlichen Lebensmittelgeschäft eine Blautanne im Topf von seinem eigenen Taschengeld kaufen zu wollen. Gesagt, getan: Das 70 Zentimeter hohe Bäumchen stellte er auf den Gepäckträger seines roten Fahrrads und brachte es, das Rad ganz vorsichtig schiebend, nach Hause, erinnert sich sein Vater Armin Bernicken.

Zwei Wochen lang kam so das Bäumchen festlich geschmückt im Zimmer seines Retters zur Geltung. Selbst der Wechsel vom wohlig warmen Kinderzimmer hinaus in den kalten Vorgarten machte ihm nichts aus. Zwei Jahre konnte er sich dort sorgenfrei entfalten. Dann stand für die Familie der Umzug ins Eigenheim an. Würde dies das Ende der Bande zwischen Bub und Baum sein? Natürlich nicht, denn wie schon beim Kauf der Blautanne, zeigte Jörg erneut seine Entschlossenheit. Nicht einmal im Traum dachte er daran, seinen Baum den neuen Bewohnern zu überlassen – er musste mit umziehen.

Fest entschlossen

Und um ein für alle mal die Marschrichtung für die kommenden Jahre vorzugeben, schrieb er seinen Eltern ins Stammbuch: „Wenn wir den Baum einmal fällen müssen, dann soll er wieder ein Weih­nachtsbaum sein.“ Mit etwas Skepsis beobachtete die Familie, ob der Baum am neuen Ort wieder Wurzeln schlagen würde. Aber scheinbar hat er sich die Entschlossenheit von seinem Ziehvater abgeguckt: Er wuchs und wuchs und wurde Jahre später auch mit elektrischen Kerzen geschmückt.

Mit Baum und viel Geschick durch die Stadt.   Foto: privat

Mit Baum und viel Geschick durch die Stadt. Foto: privat

Doch selbst die umsorgteste Pflanze hat ab und an mal einen Durchhänger. Plötzlich machte die sonst so stattliche Blautanne ihrem Namen keine Ehre mehr: Die Nadeln wurden rot. Mit den fordernden Worten seines Sohnes im Hinterkopf setzte sich Armin Bernicken an den Computer. Frühfrost, Spätfrost, Rüsselkäferfraß, Milben und Läuse wurden als mögliche Ursachen angezeigt. Auch die dazu passende Lösung wurde gleich präsentiert. Von einem schweizer Fachmann ließ sich der Vater ein „nicht ganz billiges“ Mittel schicken, das er täglich – auf der viel zu kurz gewordenen Leiter stehend– über die noch erreichbaren Äste sprühte. Und das Wunder geschah, die Nadeln wurden wieder grün, erzählt Armin Bernicken immer noch überrascht von der Standfestigkeit der Tanne.

Der Baum hat sich nicht nur wieder berappelt, er nahm im Laufe der Zeit auch so an Größe und Umfang zu, dass die Eltern fürchteten, er könne bei einem Sturm auf das Haus stürzen und obendrein noch mit seinen Wurzeln den Abwasserkanal in Mitleidenschaft ziehen. Ein Entschluss wurde gefasst: Die Tanne muss weg. Doch wie sollte sie dann noch ihre letzte Bestimmung als Weihnachtsbaum finden? Zuerst wurde bei der Heimatgemeinde angefragt. Aber in Neusitz hatte man lediglich Verwendung für die Zweige. Das war natürlich nicht das Ende, das sich der Sohn für seine Tanne wünschte und wenn er es sich recht überlegte: Eigentlich komme auch nur der weltberühmte Rothenburger Reiterlesmarkt als Standort für seinen Weihnachtsbaum in spe in Frage.

Der erste Versuch scheiterte allerdings, weil die Stadt schon einen passenden Baum hatte. Heuer war es dann endlich soweit, der langgehegte Kindheitswunsch wurde endlich erfüllt. Doch jetzt klafft im Vorgarten eine unschöne Lücke, findet wohl Sohn Jörg. Denn er möchte dort unbedingt wieder einen Baum pflanzen. Die Eltern und Kater Felix sind hingegen eher froh: Sie haben nun freien Blick nach draußen und mehr Tageslicht im Wohnzimmer.

Und auch die allerletzte Reise des Baumes ist bereits beschlossene Sache: Mit dem Bauhof hat Armin Bernicken vereinbart, dass die Tanne nach ihrem glanzvollen Auftritt auf dem Marktplatz ihr Ende im Ofen eines bedürftigen Einwohners finden wird. Ein kleiner Teil des Baumes wird aber bei Jörg Bernicken verbleiben. Er hat sich als Andenken eine Baumscheibe mit den Jahresringen mitgenommen. mes


Preissenkungen angekündigt

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Nach Jahren des Anstiegs sorgen günstige Ausgangsbedingungen für eine Kehrtwende

ROTHENBURG – Alles wird immer teurer – oder doch nicht? Erfreuliche Vorweihnachtsbotschaft für viele Strom- und Gaskunden: die Stadtwerke Rothenburg senken ein bisschen die Tarife zum neuen Jahr – nach Jahren des Preisanstiegs.

Umbenennung beschlossen: „Rothenburg Bad“ statt „Franken Freizeit“.     Foto: Schäfer

Umbenennung beschlossen: „Rothenburg Bad“ statt „Franken Freizeit“. Foto: Schäfer

Die deutlich gesunkenen Einkaufskosten werden an die Verbraucher weitergegeben. Weitere gute Nachricht: Die Trinkwasserpreise sowie das Eintrittsgeld für Schwimmbad und Sauna bleiben auch über den Jahreswechsel hinaus stabil. Zudem wird der Wohn- und Wirtschaftsstandort Rothenburg bekräftigt: mit der Marke „Rothenburg Energie“ und mit der Umbenennung von „Franken Freizeit“ in „Rothenburg Bad“. Um die Verbundenheit mit der Stadt und den Rothenburger Kunden deutlich zum Ausdruck zu bringen, wurde das bekannte Rothenburg-R“, welches die städtische Historie zur Geltung bringt, nicht nur in den Markenauftritt, sondern auch in das neue Logo der Stadtwerke Rothenburg eingearbeitet.

Die Strompreise werden um brutto 0,48 Cent pro Kilowattstunde gesenkt, die Gaspreise um 0,36 Cent. Die Grundpreise bleiben konstant. Bezogen auf einen Familienhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20000 Kilowattstunden bedeutet diese Preisreduzierung eine Ersparnis von jährlich rund 72 Euro. Im Vergleich beim Strom sinken die Kosten für einen Familienverbrauch von 3500 Kilowattstunden im Jahr um etwa 17 Euro.

Vorbehaltlich der Änderung oder Einführung von Steuern, Abgaben oder Umlagen garantiert der Rothenburger Energieversorger als eigenständiges Unternehmen und im Besitz der Stadt die neuen günstigeren Preise bis 31. Dezember 2016. Unter der neuen Geschäftsführung der Heidenheimer Stadtwerke kümmern sich die Stadtwerke Rothenburg mittlerweile darum, Energiekunden in ganz Deutschland zu beliefern. Dies schafft Arbeits- und Ausbildungsplätze vor Ort und sorgt für Wertschöpfung in Rothenburg. sis

Weiteres Kaffeehaus

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Flötenschule und Tastenkinder luden ins Gemeindehaus

GESLAU – Jetzt hat auch Geslau seine Kaffeehausmusik und eifert damit Rothenburg nach, wo sich seit 1996 jedes Jahr im Herbst das Reichsstadt-Gymnasium in das größte Café der Stadt verwandelt und zum süßen Genuss mit musikalischen Darbietungen einlädt. Ob sie sich wohl auch zur Traditionsver­anstaltung entwickelt? Jedenfalls machte die Premiere Lust auf mehr.

Junge, engagierte Musikanten haben die erste Geslauer Kaffeehausmusik gestaltet.

Junge, engagierte Musikanten haben die erste Geslauer Kaffeehausmusik gestaltet.

Die kleine Flötenschule und Tastenkinder der Kirchengemeinde Ges­lau haben unter der Leitung von Irmi Hornung im Gemeindehaus diesem Vorbild nachgeeifert.

Überaus engagiert hatten ihre Eltern den Gemeinderaum in ein „Kaffeehaus“ verwandelt. Die jungen Musikanten gingen als Unterhaltungskünstler frisch ans Werk. Sie stellten ihr Engagement unter das Motto: „Heute ist ein Tag, an dem ich froh sein kann“ und begeisterten die Gäste mit ihren Musikbeiträgen.

Dem Motto-Lied: „Heute ist ein Tag… folgten verschiedene Klavierdarbietungen und Blockflötenstücke mit Gitarrenbegleitung. Der Jahreskreis mit Frühling, Sommer, Herbst und Winter wurde mit Altblockflöten und einem vierhändigen Klavierstück gestaltet.

Syrien lässt grüßen

Als weitere Stücke auf dem Klavier folgten: „Candle in the wind“ von Elton John, die „Romanze“ von Wolfgang Amadeus Mozart und das „Präludium“ von Johann Sebastian Bach. Syrische Kinder bereicherten den Ablauf mit einem netten Liedbeitrag in heimischer Sprache und zeigten damit, wie bereichernd ihr Dabeisein sein und wie Integration gelingen kann.

Josua singt vom „kleinen grünen Kaktus“.

Josua singt vom „kleinen grünen Kaktus“.

Einen Kaktus für jeden

Als Höhepunkt des Nachmittags erklang der Sologesang: „Ein kleiner grüner Kaktus“ von Josua M., eingeleitet von seiner Schwester Rebekka mit einem Violinvorspiel. Dass sich im Anschluss daran jedes Kind einen Mini-Kaktus mit nach Hause nehmen durfte, war eine pfiffige Idee und kam gut an.

Einige Sketche der Kinder, die zum Schmunzeln der Gäste beitrugen, setzten den Schlusspunkt. Der Kaffeeduft verführte zum anschließenden Plausch bei einem reichen Kuchenangebot. Ein Novembertag, an dem es draußen stürmte, ging im Ges­lauer Kaffeehaus in gemeinsamer Sache froh und erfüllt zu Ende. -ww-

Weltmusikalisches Wohlgefühl

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Die Jazz-Band „artrio & friends“ begeisterte im Burgtortheater Alt- und Neu-Rothenburger

ROTHENBURG – Bei ihnen erwärmt sogar eine „Eiszeit“ das Herz. Die Jazz-Band „artrio & friends“, jüngst wieder einmal im Burgtortheater zu Gast, lässt sich gerne vom Wetter und aus allen musikalischen Windrichtungen inspirieren.

Strahlkräftig und eingeschworen: artrio & friends fesselten im Burgtortheater ihr Publikum mit eigenen Jazz-Kompositionen.Foto: Düll

Strahlkräftig und eingeschworen: artrio & friends fesselten im Burgtortheater ihr Publikum mit eigenen Jazz-Kompositionen. Foto: Düll

Eine Art „Weather Report“? Man könnte es meinen. Der Vergleich mit der gleichnamigen Siebzigerjahre-Super-Gruppe scheint schon wegen des markanten Sopran-Saxophons nahe zu liegen. Und dann ist da noch etwas, das „artrio & friends“, das Quartett um den aus Rothenburg stammenden Schlagzeuger Joachim Gröschel, mit dem Klassiker teilen. Auch sie schaffen es, anspruchsvoll und eingängig zugleich zu sein.

Dabei kommen sie weder auf dem ho­hen Ross der Avantgarde daher noch neigen sie zum grellen Experiment. Aus cool-jazz-artigem Intellekt (eher dem modalen Jazz als dem Bebop zugewandt), aus lateinamerikanischen bis orientalischen Farben entsteht eine weltmusikalische Gemütstiefenmalerei mit Fasson und antigrüblerischer Wirkung.

Es ist eine elegante Balance aus strahlkräftigen Saxophon-Kantilenen (Christian Döß), aus feinfühliger Improvisation, einem veritablen, abwechslungsreichen, immer wieder auch intimen Jazz-Klavier (Fred Brunner, Piano, Komposition), einer ebenso nuancierenden wie pulsierenden Rhythmusgruppe mit Peter Wachter am Kontrabass und Joachim Gröschel an den Trommeln.

Als Schlagzeuger fachsimpelt er nicht, sondern besticht durch umfassende Musikalität, führt immer auch dezent Regie. Das sprichwörtliche fünfte Rad ist hier niemand. „Der 5. Rat“ aber (so heißt eine der durchweg eigenen Kompositionen) ist ein überaus hörenswerter und präsenter.

Auch er birgt einen Anklang (an das Synomym für ungerade Taktarten, Dave Brubeck), gemahnend zwar, aber doch nichts und niemanden nachahmend.

Schöne Randnotiz: „artrio & friends“ hatten die Asylbewerber aus Wildbad und Jugendherberge ins Konzert eingeladen. Die Neu-Ro­thenburger nahmen’s in großer Zahl an und zeigten sich von der Musik begeistert. So hatte es auch einmal etwas Gutes, dass sich im kleinen Ro­then­burg wieder einmal Kultur (zwei Jazz-Konzerte an einem Abend) selbst Konkurrenz machten. hd

Kindheit voller Entbehrungen

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Heimatvertriebener Ewald Seifert erinnert sich an eine schwere Zeit

ROTHENBURG – Als Ewald Seifert 1937 in Schwarzwasser geboren wurde, gehörte das Örtchen im Sudetenland zur ehemaligen Tschechoslowakei. Ausschließlich Deutsch wurde dort damals gesprochen“, erzählt der heute 78-jährige Rentner. Tschechen gab es nur wenige. Im September 1938 kam es mit dem Münchner Abkommen zur Anschließung des Gebiets an das Deutsche Reich. 1945, mit der Kapitulation Deutschlands, war für die „Verlierer“ dort kein Platz mehr. Viele wurden, wie Erwin Seifert, Opfer staatlich angeordneter Vertreibungen.

Stammt aus dem Sudetenland: Ewald Seifert. Foto: Schäfer

Stammt aus dem Sudetenland: Ewald Seifert. Foto: Schäfer

Politische Grundlage dafür bildeten die Potsdamer Beschlüsse, die die Siegermächte 1946 vereinbart hatten. Darin war festgehalten, dass die deutschen Bürger aus diesen Regionen nach Deutschland zwangsumgesiedelt wurden. 14 Millionen Heimatvertriebene aus den Ostprovinzen – heute Tschechien und Polen – zogen von 1945 an nach Westen – und blieben. Willkommen waren sie nicht. Ewald Seifert war seinerzeit neun Jahre alt und erinnert sich an die schwere Zeit.

Er war das vierte von sechs Kindern und wurde in ärmliche Verhältnisse hineingeboren. Drei Schwestern starben im Kindesalter. Die Eltern lebten zur Miete in einem Austragshaus, ein auf einer Hofstätte errichtetes kleines Gebäude, das für die Altbauern errichtet wurde und nach der Übergabe des Hofes an die Erben jenen als Wohnstätte diente. Sein Vater stammte aus einem Ortsteil von Schwarzwasser und verdiente den Lebensunterhalt als Steinarbeiter. Als er in den Krieg eingezogen wurde, fehlte der Ernährer. Er galt lange als verschollen. Frau und Kinder quälte die Ungewissheit, ob er noch lebt.

Freudentränen vergossen

Um sich selbst und die hungrigen Mäuler satt zu bringen, arbeitete die Mutter hart in der Landwirtschaft. Als die Tschechen kamen, litten die Deutschen unter schlimmen Repressalien. Sie mussten eine weiße Armbinde tragen, wurden beschimpft und bespuckt. Einmal wurde die Mutter von einem Kommandanten mit dem Tode bedroht und abgeführt. Als sie nach Stunden zurückkehrte, flossen Tränen der Freude.

Die Mutter ahnte, dass sie und die Kinder ihr Zuhause verlassen müssen und sorgte vor. Eine stabile Holzkiste wurde gezimmert und in den Griffen aus Rundhölzern das Papiergeld versteckt. Die Sparbücher nähte sie in Kleider ein. Mitte August 1946 schlugen Soldaten mit Gewehrkolben gegen die Tür und forderten die Deutschen auf, sich innerhalb der nächs­ten Stunde auf dem Dorfplatz einzufinden. Dort standen die Menschen stundenlang in der sengenden Sonne. Schließlich wurden sie mit einem Holzgasauto nach Niklasdorf auf das Gelände einer Munitionsfabrik gefahren und für mehrere Tage in Mannschaftsbaracken untergebracht.

Unwürdige Bedingungen

Unter unmenschlichen Bedingungen folgte der Weitertransport mit dem Zug. In Viehwaggons eingepfercht litten Frauen und Kinder – die Männer waren im Krieg – zwei Tage Hunger und Durst. Ein kleines Blecheimerchen diente als Toilette und wurde durch einen Türspalt immer wieder entleert. Die Fahrt endete im oberpfälzischen Furth im Wald, an der Grenze zu Tschechien. Dort gab es ein großes Auffanglager.

Nach einer Woche ging es mit dem Zug weiter nach Bamberg zur Unterbringung in einer Turnhalle. Die nächste Station war Rothenburg. Der mit Feldbetten bestückte Musiksaal diente als Notunterkunft. „Wir muss­ten die Lebensmittelkarten abgeben und bekamen Schweinefraß zu essen“, erinnert sich Ewald Seifert, „eine dünne Brühe mit ungewaschenen dreckigen Rüben.“

Am 24. September 1946 bekamen Mutter und Kinder ihre erste feste Adresse zugewiesen. Ein altes Hofhaus in Ohrenbach mit herausgebrochenen Stücken im Fachwerk, aber endlich mit festem Dach überm Kopf. Die Neuankömmlinge hatten Glück mit den Bauersleuten. Sie durften mit ihnen sogar am Tisch essen, bis sie sich mit einfachsten Mitteln selbst einigermaßen versorgen konnten. „Wir haben im Dorf jede Feder zusammengeklaubt für die Kopfkissenfüllung.“ Ewald Seifert besuchte die Zwergenschule in Ohrenbach: vier Volksschulklassen in einem Raum.

Im Dezember 1946 kam der Vater aus der Gefangenschaft. Er war in Frankreich im Krieg gewesen und in der Normandie in amerikanische Gefangenschaft geraten. Er muss­te auf Farmen arbeiten und kam mit dem Schiff zurück ins Rheinland. In seine Heimat konnte er nicht mehr. Über den Suchdienst des Roten Kreuzes fand die Familie zusammen.

Eine andere Frau mit ihren Kindern erlebte einen kühlen Empfang in Ohrenbach. Die „Neuen“ galten als Eindringlinge und mussten Stunden vor dem Haus ausharren, bis die Einheimischen schließlich das zuvor leergeräumte Zimmer abtraten. Es gab nur einen nackten Fußboden und kahle Wände.

Nach dem Winter fand der Vater von Ewald Seifert Arbeit im Steinbruch Soldner, machte die Meisterprüfung zum Sprengmeister und kam auch beim Kanalverlegen in Rothenburgs felsigem Untergrund zum Einsatz. Die Familie bekam im Ortsteil Dürrenhof eine Wohnung. Die Kinder im Dorf besuchten die Jakobsschule. Den langen Schulweg mit 800 Meter Höhenunterschied durch das Taubertal legten sie zu Fuß zurück. Im Winter räumte ein Nachbar mit Pferd, das einen Holzklotz zog, eine Spur durch den Schnee. Oft war die Kleidung durchnässt und steifgefroren. Das freundliche Hausmeister-Ehepaar an der Schule trocknete die Sachen. „Am schönsten war es, sich in der Backstube der Bäckerfamilie Berger im Feuerleinserker aufzuwärmen“.

Mutter früh verloren

Ewald Seifert hat durch Krieg und Vertreibung wertvolle Schulzeit versäumt und wäre deshalb aufgrund seines Alters in der sechsten Klasse aus der Schule entlassen worden. Auf Antrag bekam er ein Jahr länger bewilligt, denn er wollte das Handwerk Elektroinstallateur erlernen. Zunächst fand er keine Lehrstelle und arbeitete für einen Bauern. Als die Mutter 1953 im Alter von 46 Jahren an Unterleibskrebs starb musste der damals 16-Jährige den Haushalt führen, auf dem Holzherd kochen, Wasser vom Brunnen holen, putzen, Kleidung von Hand waschen, nähen, Strümpfe stopfen. Der ältere Bruder war schon außer Haus und bei der Schreinerei Unger beschäftigt.

Mit der Anstellung beim Fränkischen Überlandwerk verdiente Ewald Seifert gutes Geld, gründete eine Familie, bekam zwei Söhne und baute in Rothenburg ein Haus. Seine Frau Ingeborg stammt aus Fürth und hatte ebenfalls eine schwere Kindheit. Als zweites Kind einer ledigen Mutter wuchs sie im Waisenhaus und in verschiedenen Pflegefamilien auf. So gelangte sie schließlich nach Rothenburg und erlebte schlimme Dinge. Sie musste bei den Mahlzeiten unterm Tisch am Boden essen und durfte nicht bei den Pflegeeltern und deren Tochter sitzen.

1980 hat Ewald Seifert zum ersten Mal seine alte Heimat, das heutige Cerna Voda in Tschechien, besucht und war inzwischen mehrmals vor Ort. Ein „paar Brocken“ Tschechisch spricht er noch. Zurück möchte er nicht mehr. „Dort sind die Uhren rückwärts gegangen.“ Das Haus, in dem er aufwuchs, wurde in den 60er Jahren von Pionieren abgerissen.

Teil der deutschen Geschichte

Seit heuer ist Ewald Seifert Kassier bei der Ortsgruppe des Bundes der Vertriebenen mit ihren vereinten Landsmannschaften. In Vertretung des gesundheitlich angeschlagenen Vorsitzenden Gerhard Wiederer legte er bei der Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag im Burggarten zur Erinnerung an die Gefallenen und Opfer der Kriege und Terroranschläge einen Kranz nieder, wie Vertreter weiterer Abordnungen, darunter Reservisten der Bundeswehr, Hilfsorganisationen, Vereine und der Vdk-Sozialverband. Die schmerzhafte Erfahrung von Flucht und Vertreibung am Ende des Zweiten Krieges wird Erwin Seifert nicht vergessen, auch wenn im Laufe der Jahrzehnte Erinnerungen verblassen. Die Emotionen an das einschneidende Erlebnis bleiben.

Derzeit sind weltweit so viele Menschen wie wohl noch nie zuvor auf der Flucht. Über 59 Millionen suchen Schutz im Ausland oder als Vertriebene im eigenen Land. Flucht und Vertreibung sind Teil der europäischen Geschichte im 20. Jahrhundert. Heute bietet die Bundesrepublik Menschen aus 190 Nationen eine Heimat. Der Wiederaufbau und das Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit wären ohne die vielen Vertriebenen, die kräftig mit anpackten, nicht möglich gewesen. Es dauerte lange, bis Deutschland ein mit sich selbst ausgesöhntes Land wurde. Die Integration der Vertriebenen war eine Erfolgsgeschichte. sis

Fahrräder für die Flüchtlinge

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Unterstützerkreis setzt sich mit Aktionen für Asylsuchende ein

ROTHENBURG – Insgesamt 17 gebrauchte Räder sind jetzt gründlich durchgesehen und markiert worden von Helfern des Arbeitskreises Asyl in Rothenburg in den Räumen der Montessori-Schule.

Thomas Branz (zweiter von rechts) koordiniert die Fahrrad-Aktionen. Foto: privat

Thomas Branz (zweiter von rechts) koordiniert die Fahrrad-Aktionen. Foto: privat

Drei FabLab-Aktivisten und ein weiterer engagierter Rothenburger haben dabei geholfen. Die Drahtesel wurden in einer Scheune gesammelt und werden, nach notwendigen Reparaturen, den Flüchtlingen und Asylbewerbern zur Verfügung gestellt.

Allerdings wird von den Flüchtlingen verlangt, dass sie den Fahrrad-Führerschein bestehen. Die Polizei hat also – neben den Viertklässlern der Grundschulen – ein weiteres Klientel für die Übungseinheiten auf dem Verkehrsübungsplatz vorm Spitaltor. Es wurden, nach entsprechender Einführung, dort schon etliche Proberunden von den neuen Schülern gedreht.

Der Arbeitskreis Asyl sucht auch noch weitere gebrauchte und gut erhaltene Fahrräder für Flüchtlinge und Asylbewerber. Wie berichtet, könnte die Zahl dieser Menschen in Rothenburg innerhalb von zwei Monaten von bisher 90 auf das Doppelte ansteigen. Vom Arbeitskreis Asyl gesucht werden darüber hinaus auch Dolmetscher mit arabischen Sprachkenntnissen oder Kenntnissen in Farsi. -ww-

Stürmisch weiterentwickelt

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Speedmaster in Endsee so erfolgreich, dass Produktionshalle verdoppelt wurde

ENDSEE – Für die Firma Speedmaster im Gewerbepark Endsee ist ein wesentlicher Schritt getan und es kann neuen Zielen entgegengehen. 2012 hatten die Österreicher am ersten deutschen Standort den Betrieb eröffnet. Schon drei Jahre später konnte und musste die Halle samt den Produktionsanlagen auf das Doppelte erweitert werden, um der Nachfrage und auch um den weiteren Zielen gerecht zu werden. Jetzt wurde das Ergebnis stolz dem Zweckverband präsentiert.

Samt Produktionsanlagen eine 6-Millionen-Investition: neue Halle als Betriebserweiterung von Speedmaster.

Samt Produktionsanlagen eine 6-Millionen-Investition: neue Halle als Betriebserweiterung von Speedmaster.

Dazu waren die Herren der Führungsetage nach Endsee gekommen. Schließlich sollte das hiesige Gremium aus erster Hand erfahren, was es mit der Erweiterung auf sich hat. Die beiden Geschäftsführer Dr. Philipp Wächter und Günther Schweiger nahmen sich Zeit, führten die Delegation mit dem Verbandsvorsitzenden Hans Beier an der Spitze und mit Vivian Seefeld von der Wirtschaftsförderung auf einem Rundgang durch die neue Produktionshalle des Unternehmens und gaben die Erläuterungen.

Rothenburg hatte abgewinkt

Dabei erfuhren die Zweckverbands-Mitglieder, dass das Unternehmen mit der Erweiterung auf die zunehmende Nachfrage auf dem deutschen Markt in den vergangenen Jahren reagiert und den Grundstein für den weiteren Ausbau seines Anteils dort legt.

Als Produzent von Möbelteilen für Tischler- und Schreinereifachbetriebe 2001 in Österreich (Ried/Traunkreis) gegründet, hatte Speedmaster schon wenig später erkannt, dass Möglichkeiten vorhanden wären, noch besser ins Geschäft zu kommen.

Systematisch wurde der Schritt auf den deutschen Markt vorbereitet. Der Gewerbepark Endsee, in dem es ja anfangs abgesehen von der bk-Group Gerold Wolfarths als Pionier dort längere Zeit keinen Ansiedlungserfolg gegeben hat, wurde – nachdem das eigentlich als Standort-Favorit ins Auge gefasste Rothenburg mangels geeigneter Gewerbefläche abwinken musste – als geeigneter Standort auserkoren. Für Speedmaster schien der Standort am Endseer Autobahn-Anschluss geeignet, um mit seiner zentralen Lage die Marktöffnung nach Süddeutschland zu vollziehen und der sukzessiven Zunahme des Kundenkreises gerecht zu werden.

Über ein Drittel mehr Mitarbeiter

Das Unternehmen startete dort 2012 und konnte schon ein Jahr später weiter denken, was den Ausbau des eigenen Marktes angeht. 2013 wurde von jenem Gewerbegebiet aus, das unweit der Grenze zwischen den beiden Landkreisen Ansbach und Neustadt-Bad Windsheim liegt, auch Norddeutschland einbezogen.

Bald schon stand der nächste Schritt an. Im Frühjahr 2015 begann der Bau für die Erweiterung aufs Doppelte und schon im Herbst war das Projekt abgeschlossen. Insgesamt wurden für das neue Gebäude und die zusätzlichen Produktionsanlagen 6 Millionen Euro investiert. Die Mitarbeiterzahl wird sich im kommenden Jahr auf 55 erhöhen. Anfangs umfasste die Zahl der Beschäftigten bei Speedmaster in Endsee 35. Derzeit liegt sie bei 45.

Bei dem Rundgang konnte sich die Zweckverbands-Delegation vom Einsatz innovativer Technologien wie der Laser-Bekantung und Nesting (die Technologie ermöglicht die Formatierung und Beschlagsbohrung von Werkstücken aus vollformatigen Holzwerkstoffen in einem Arbeitsschritt) überzeugen.

Nicht zuletzt durch die Qualität der Produkte war es allein in diesem Jahr möglich, 800 Neukunden in Deutschland zu gewinnen. Aber auch die 48- Stunden Lieferung sowie die Bestellung von Kleinstaufträgen ab einem 1 Stück sind Servicemerkmale, mit dem das Unternehmen punktet.

Mit 40 Millionen Umsatz, davon ein Drittel erwirtschaftet in Endsee, gehört Speedmaster zu den Größen in der Branche. Insgesamt 12000 Kunden, davon 7000 in Deutschland zählen zu den Geschäftspartnern, vor allem kleinere Schreinereien, für die sich selbst die Anschaffung entsprechend teurer technologischer Ausstattung nicht lohnt. -ww-

Sich ein eigenes Bild machen

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Das Anliegen von Beschäftigten ernst nehmen – Den Alltag kennengelernt

ROTHENBURG – Neuer Blickwinkel durch Rollentausch: Dekan Hans-Peter Kunert und der SPD-Landtagsabgeordnete Harry Scheuenstuhl lernten den Alltag einer ambulanten Pflegedienst-Fachkraft beziehungsweise von Menschen kennen, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr auf dem normalen Arbeitsmarkt Fuß fassen können.

Zupackend im Alltag und in der Politik: Krawattenträger Harry Scheuenstuhl machte sich in der Projektschmiede nützlich. Fotos: sis

Zupackend im Alltag und in der Politik: Krawattenträger Harry Scheuenstuhl machte sich in der Projektschmiede nützlich. Fotos: sis

Im Rahmen der bayernweiten Aktion „Rollentausch“ war der katholische Geistliche und Vorsitzende des Caritasverbandes in Stadt und Landkreis Ansbach einen Vormittag lang mit der Leiterin der ambulanten Krankenpflegestation der Caritas, Schwester Karin Heinritz aus Flachslanden, im feuerroten Dienstauto unterwegs. Er half bei der häuslichen Versorgung von zehn Patienten mit. Besonders beeindruckt hat den Dekan, die Dankbarkeit der Patienten der Pflegerin gegenüber.

Außergewöhnlich war für Hans-Peter Kunert der Arbeitsbeginn um 6.15 Uhr. Normalerweise schläft er im Schillingsfürster Pfarrhaus länger. Der Weg führte die beiden durch die Rothenburger Altstadt, aber auch über Land nach Gebsattel zu Otto Hanold (80), dem ehemaligen Postzusteller in der Ortschaft, und in einige Dörfer. Es wurden Grundpflegen gemacht, Patienten aus dem Bett geholt und für die Tagespflege fertig gemacht, Kompressionsstrümpfe angezogen, Wundverbände erneuert, Insulin gespritzt und Medikamente abgegeben.

Der Dekan in der Rolle als Pfleger unterstützte Schwester Karin.

Der Dekan in der Rolle als Pfleger unterstützte Schwester Karin.

Hans-Peter Kunert ist dabei aufgefallen, wie freundlich die Schwester erwartet wird und wie dankbar die Patienten für die Pflege zu Hause sind. Als Dekan ist er natürlich manchen Patienten bekannt und sie haben sich gefreut, dass er zu einer normalen Pflege und nicht nur zur Krankenkommunion kommt.

Eine Dame war gleich so begeis­tert von dem, wie sie meinte, neuen Pfleger und hat gefragt, ob er nun jeden Tag zu ihr komme. Von der ambulanten Krankenpflegestation des Caritasverbandes in Rothenburg werden täglich rund zwanzig Patienten versorgt, so berichtet Schwester Karin Heinritz. Oft über Jahre hinweg gehören die Pflegekräfte mit zu den Familien, bekommen viel vom Familienleben mit und sind häufig mehr als nur Pflegekräfte für die Oma oder den Opa.

Trotz Termin- und Kostendruck sorgt die Caritas mit Kirchensteuermitteln dafür, dass Zeit für ein kleines Gespräch bleibt. Auch unter Zeitdruck unter dem die Pflegekräfte stehen, das hat auch der Dekan beobachtet, strahlt Schwester Karin eine große Ruhe aus. Mit großer Professionalität, so Hans-Peter Kunert, habe sie die nötigen Arbeiten verrichtet und dabei Wertschätzung für die Patienten und die Angehörigen zum Ausdruck gebracht.

Der Abgeordnete Harry Scheuenstuhl, er war achtzehn Jahre Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Wilhermsdorf und sitzt seit 2013 im Landtag, arbeitete bei der Projektschmiede mit. Eine Abholungstour mit dem Außendienst-Team war gleich nach der Begrüßung sein neuer Job. Danach wurde er von einer Verkaufsmitarbeiterin in die Kunst der Warensortierung eingeweiht.

Interessant war für ihn auch, dass gebrauchte Gegenstände nicht gleich Müll sein müssen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Und dass ehemalige Hartz-4-Empfänger darüber einen großen Teil ihres Arbeitsplatzes finanzieren. Nach einigen Stunden aktiver Mitarbeit verließ er die Projektschmiede wieder, nicht ohne vorher in einem kurzen Schluss­gespräch den Mitarbeitern noch einige Tipps für die künftige Arbeit dazulassen. ab/sis


Wildbad-Park im Blick

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Landschaftsgestalter empfehlen „lenkendes Eingreifen“

ROTHENBURG – Gut ein Jahrhundert, nachdem Wildbad-Gründer Friedrich von Hessing dem Bereich unterhalb des Spitalviertels seinen gestalterischen Stempel aufdrückte, verdient der an der Tauber gelegene Park landschaftspflegerische Eingriffe. Auch aus Sicherungs- beziehungsweise Haftungsgründen.

Planbespechung für das Parkkonzept: Pfarrer Herbert Dersch, Dr. Richard Schmitt (Alt-Rothenburg), Andreas Lassauer  (Bauamt) und Fachfrau Bärbel Faschingbauer.    Foto: cr

Planbespechung für das Parkkonzept: Pfarrer Herbert Dersch, Dr. Richard Schmitt (Alt-Rothenburg), Andreas Lassauer (Bauamt) und Fachfrau Bärbel Faschingbauer. Foto: cr

Nach inhaltlicher Neuausrichtung und Renovierungsarbeiten im Inneren des Hauses, Sicherungen an Mauern, Hang und historischer Kegelbahn bekommt die Wildbad-Parkanlage neue Perspektiven. Planvolles, auf Nachhaltigkeit gerichtetes Handeln über die regelmäßigen Baumzustandskontrollen und die bisherige Pflege des Außenbereichs hinaus.

Einen konzeptionellen Rahmen dafür hat das Büro für Gartenkultur in Sulzfeld am Main vorgelegt. Im Auftrag des Wildbads nahm Bärbel Faschingbauer eine gartenbaupflegerische Untersuchung vor. Sichtete historische Unterlagen und Parkbestände, vermaß das Areal, kartierte Gehölze. Und empfiehlt , im Park die historische Gestaltungsabsicht wieder herzustellen. Ihr Fachwissen hat Landschaftsgestalterin Bärbel Faschingbauer unter anderem schon in die Gestaltung des Schlossparks Schwanberg eingebracht.

Für das Wildbad bedeutet „lenkendes Eingreifen“ , waldartige Strukturen zu erhalten, zugewachsene Wege zu befreien und ihnen ihre ursprüngliche Bedeutung zurückzugeben, Mauern und Treppen zu sanieren, Grotten und Brunnenanlagen wiederzubeleben und Zugänge zur Tauber zu reaktivieren. Vor allem aber müssen frühere Blick- und Bezugsachsen als wichtige Gestaltungselemente der Hessingschen Gesamtanlage wieder hergestellt werden.

Dass das Büro für Gartenkultur dem Wildbad keine neue Akzentsetzung empfiehlt, sondern die historische Anlage als Kind ihrer Zeit betonen will, nennt Andreas Lassauer vom städtischen Bauamt einen „Glücksfall“. Mit dieser Einschätzung brachte er die positiven Reaktionen von Bernhard Mall und Dr. Richard Schmitt (beide Verein Alt-Rothenburg), von Forstamtsleiter Daniel Gros und von Helmut Altreuther, Geschäftsführer Bund Naturschutz Ansbach, auf das vorgelegte Gesamtkonzept auf den Punkt.

Sie waren zur Erstpräsentation der Untersuchungsergebnisse im Wildbad. Im anschließenden Informations- und Fachgespräch ließen sie sich auch von weiterführenden Ideen des Wildbads begeistern: von einem „Schreibtisch in der Natur“, wald- und naturpädagogischen Angeboten, Kräutergarten und anderem mehr.

„Keine großen Konfliktpunkte“ also, wie Helmut Altreuther betonte. Eher im Gegenteil: Er hat ehrenamtliche Unterstützung durch den Bund Naturschutz bei der Umsetzung des Konzepts zugesagt. Schließlich sieht er den Schutz von standorttypischen Altbäumen und den Lebensraum von Tieren gewahrt. Wenn später sogar noch die Wege im Wildbad von parkenden Autos befreit werden, bleiben nach Auffassung Altreuthers „Erholungswert und Biotop im Park langfristig“ erhalten. cr

Trends in der Spitzengastronomie

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Fleisch in besonderes Sprudelwasser einlegen oder mit Schimmelpilz besprühen

ROTHENBURG – Fleisch in Mineralwasser einlegen? Oder lieber mit Edelschimmel besprühen? Ein ganz anderes Erfolgsrezept praktiziert der Baske Imanol Jaca. Er verarbeitet Fleisch von alten Kühen und begeis­tert damit die Spitzengastronomie. Die Elite der europäischen Fleisch­erzeuger traf sich kürzlich in Rothenburg.

Kulinarische Ideen umsetzen: Es wurde gekocht, gefachsimpelt und probiert.Foto: sis

Kulinarische Ideen umsetzen: Es wurde gekocht, gefachsimpelt und probiert. Foto: sis

Ein reger Erfahrungsaustausch entwickelte sich unter den rund fünf­undzwanzig Teilnehmern im Restaurant der Villa Mittermeier. Mit ihrer gehobenen Küche gehört die Lokalität auch ohne Stern zu den am besten ausgezeichneten Restaurants der Region. Hausherr Christian Mittermeier (49) ist die Kommunikation in überregionalen Netzwerken wichtig zur Informationsgewinnung. Auch Berufsschullehrer Hans Grum gehörte zu den Gästen.

In dem fortlaufenden Gedankenaustausch innerhalb der Spitzengastronomie fördern sich Praktiker un­tereinander und geben sich gegenseitig neue fachliche Anregungen. Etwa wenn es um neue Zutaten und Kochtechniken geht, aber auch um Kenntnisse oder die intensive Verarbeitung von Produkten beziehungsweise das Schaffen neuer Aromen. Dem Erfindungsreichtum sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Zur modernen Küche gehört neben Regionalität auch Internationalität, die Tradition und Globalität harmonisch miteinander verbindet. Warum nicht Lamm von der Frankenhöhe mit spanischer Chorizo verbinden. Oder Musmehl aus Dinkel mit Schinken von achtzehn Jahre alten Rindern aus Spanien.

Bei dem Treffen, an dem auch etliche Sterne-Köche teilnahmen, wurde gekocht, probiert, dabei viel geredet und diskutiert – über unterschiedliche Meinungen und persönliche Erfahrungen. Die unternehmerische Herausforderung, sich von der breiten Masse der Konkurrenz abzuheben, die Gäste zu begeistern und sie langfristig zu binden, eint die Gruppe. Schließlich ist der Gast sehr mündig. Er ist der Fachmann über seinen eigenen Geschmack und erwartet von einem Spitzenkoch neben selbstverständlicher Topqualität auch innovative Geschmackserlebnisse.

Stephan Otto ist ein gefragter Experte für gutes Fleisch. Zusammen mit seinen beiden Brüdern Michael und Wolfgang hat er 2004 ein Unternehmen aus dem Nichts aufgebaut – zunächst in einer einfachen Garage im heimischen Heinsberg bei Köln. Interesse an Hochwertigkeit und Genuss trieb die Brüder zu akribischem Fleiß an. Tage und Nächte lang suchten sie nach den besten Rassen, Züchtern und Verfahren zur Fleischveredlung.

Inzwischen ist „Otto Gourmet“ mit vierzig festen Mitarbeitern einer der wichtigsten Fleischlieferanten für die Spitzengastronomie und den an­spruchsv­ollen Privatgenießer. Via Internetbestellung werden durchschnittlich zwischen 150 und 600 Bestellungen pro Tag versendet. Das Fleisch stammt von Tieren aus Freilandhaltung: Pyrenäen-Lamm und Wagyu-Rind. Das Geflügelsortiment umfasst nur Tiere, die artgerecht aufgewachsen sind, erläuterte er. Den bes­ten Beweis hierfür liefere Jean Claude Miéral, der in Kennerkreisen wie kein anderer für erstklassiges Geflügel aus der französischen Bresse- Region steht.

Dirk Ludwig, Metzgermeister und Steakexperte aus dem hessischen Schlüchtern, betreibt einen Familienbetrieb in vierter Generation und praktiziert eine besondere Methode der Fleischveredlung. Um besonders saftiges und zartes Fleich mit einer leicht mineralischen Note zu erhalten, legt er es in Behälter mit kohlensäurehaltigem Sprudelwasser ein. Dabei kommt es auf die ausgewogene Konzentration von Kohlensäure und Wasser an.

Imanol Jaca aus Galicien verarbeitet Fleisch von bis zu 18 Jahre alten weiblichen Rindern, die bestes Futter bekommen haben und dabei fett geworden sind. Er bereitete Filet des Rinds zu und konnte auch Skeptiker überzeugen. Das Fleisch ist zart und hat einen guten Geschmack mit der nötigen Rindernote. Seine Firma aus St. Sebastian im Baskenland ist Marktführer in diesem Segment. Üblicherweise werden Rinder nach zwei bis drei Jahren Mast geschlachtet, zerlegt, verkauft und gegessen. Das Fleisch dieser Tiere interessiert den Spanier nicht.

Der Schaffhauser Jungunternehmer Lucas Oechslin hat als Biotechnologe an seiner Arbeit über „Genetik der Rinderzucht“ geschrieben, und produziert jetzt Qualitäts-Rindfleisch, das er mit Edelschimmel besprüht, um so eine konstant hohe Fleichqualität zu erreichen. Nach dem Reifeprozess wird der Pilzmantel außen abgetrennt und das Fleisch bis zum Gebrauch schockgefroren.

Zu den Teilnehmern gehörte auch Vijay Sapre. Der Hamburger mit deutsch-indischen Wurzeln machte mit der Online-Autobörse Mobile Millionen durch den Verkauf an Ebay. Nun verlegt er das Esskultur-Magazin Effilee mit unterhaltsamen Geschichten übers Essen.

Auch Christian Mittermeier hat einen Namen in der Spitzengastronomie. Sein Geschäftsmodell ist breit aufgestellt, um mehrere Standbeine zu haben. Zur Villa Mittermeier gehören Hotel, Restaurant (das er mit neuem Konzept auf hohem Niveau betreibt), Kochschule und ein Weinberg. In der „Blauen Sau“ finden Veranstaltungen, Familien- und Firmenfeiern statt. In seinem Betrieb, den er gemeinsam mit Ehefrau Ulrike führt, arbeiten 35 Mitarbeiter, darunter fünf Auszubildende aus sieben Nationen mit unterschiedlichen Hautfarben und Religionszugehörigkeiten.

Mit Geschäftspartner Daniel Kübler hat er ein Beratungsunternehmen gegründet, das Veranstaltungen und Konzepte für Gastronomie, Industrie, Sport, Kultur und Sport steuert. So arbeitet der Rothenburger die „Taste Academy“ für das Unternehmen Electrolux aus. Mit der Marke AEG ist er seit langem verbunden. Er berät den Hausgerätehersteller bei Neuentwicklungen und ist ihr Botschafter auf Messen und Veranstaltungen. Als Koch und Berater kommt Christian Mittermeier viel herum: in Deutschland, Schweden oder sogar bis Südostasien. In Malaysia bekochte er die Königin. In China suchte ein Gummifabrikant, der eine Großstadt nach deutschem Vorbild bauen will, samt Hotels mit gut ausgebildetem Personal, den Rat des Rothenburger Spitzengastronomen.

Zu seinem Verständnis von Lebensmittel gehört, auch Innereien zu behandeln. Der Magen einer Ente und das Confieren, eine uralte Zubereitungsmethode, haben gemeinsam, dass sie völlig zu Unrecht ein Schattendasein führen, sagt er. „Dabei entstehen Aromen und Geschmäcker, die aber offenbar durch das Raster gelernter und gelehrter Kochmethoden gefallen sind.“ sis

 

Fürstliches Ambiente

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Schillingsfürster Weihnachtsmarkt als Besuchermagnet

SCHILLINGSFÜRST – Wenn etwas zweimal stattfindet, ist es gemeinhin bereits Tradition. Dies gilt auch für den Fürstlichen Weih­nachtsmarkt auf Schloss Schillingsfürst, der heuer bei seiner dritten Auflage erneut eine beachtliche Anzahl an Besucher auf die Frankenhöhe locken konnte. Christkind, Schlosskulisse und die passende Mischung aus Verzehr- und Verkaufsbuden machen ihn zu einem Geheimtipp unter den Weihnachtsmärkten in der Region.

Insgesamt 24 Buden verwandelten mit der festlichen Beleuchtung Schloss und Schlosshof in eine stimmungsvolle Weihnachtsstadt.   Foto: Scheuenstuhl

Insgesamt 24 Buden verwandelten mit der festlichen Beleuchtung Schloss und Schlosshof in eine stimmungsvolle Weihnachtsstadt. Foto: Scheuenstuhl

Aufgeregtes Gewusel beim Weih­nachtsmarktauftakt: Rund 30 Schüler der 1c und 3c der Schillingsfürster Grund- und Mittelschule stehen passend mit rot-weißen Nikolausmützen auf den Köpfen vor der Bühne und fiebern ihrem großen Auftritt entgegen. Für den musikalischen Startschuss des dritten Fürstlichen Weihnachtsmarkts haben sie mit ihren Lehrerinnen Monika Kranz und Meike Scheder drei Lieder eingeübt. Bei „Applaus für den Nikolaus“ brachten sie die ersten Reihen auf dem gut gefüllten Schlosshof zum Mitklatschen.

So eine Veranstaltung wie die fürstliche Budenstadt lässt sich nur schwerlich von einer Person allein stemmen. Deshalb hatte Bürgermeister Michael Trzybinski bei seiner offiziellen Eröffnungsrede auch eine ganze Reihe an Helfern zu nennen, die in guter Zusammenarbeit den Markt auf die Beine stellten. Zu ihnen zählt natürlich Marktleiter Fritz Bar­thelmeß sowie das Weihnachtsmarktteam mit Stefan Sterner, Willi Becker und Wolfgang Frank.

Dank ging auch an die „tolle Mannschaft“ vom Schillingsfürster Bauhof und an die Vorzimmerdamen im Rathaus. Daneben gab es noch zahlreiche ehrenamtliche Helfer vor und hinter den Kulissen und natürlich die fürstliche Verwaltung mit Hausherr Fürst Constantin zu Hohenlohe an der Spitze, der sich selbst in die „fürstliche Bude“ stellte und die dortigen Verkäufer unterstützte.

Großzügig eingeschenkt

Der diesjährige Hauptsponsor des Weihnachtsmarkts war Stadtrat und Unternehmer Jochen Rößler, der für neue Glühweintassen sorgte, die sich als etwas ganz Besonderes herausstellten: Sie hatten keinen Eichstrich. Um Reklamationen vorzubeugen, wurde deshalb recht großzügig eingeschenkt. Während dies wohl überwiegend die Erwachsenen freute, bekamen die Kinder leuchtende Augen beim Anblick des Nikolaus (dargestellt von Matthias Bär) und der blonden Himmelsgestalt.

Denn der Höhepunkt des Weih­nachtsmarktwochenendes war wie immer der Auftritt des Christkinds. Mit seinem güldenen Gewand und der beeindruckenden Krone auf dem Kopf meisterte Alina Langenbuch ihren Prolog mit Bravour. Und sie konnte dabei gleich die Sorgen einiger alteingesessener Frankemer aus der Welt räumen: Nein, das Schillingsfürster Christkind schwäbelt nicht. Ihm zur Seite stand das Betreuerteam mit Marina und Patrick Gröner sowie Birgit und Volker Mahl, die etwa das Gewand richteten, die handgefertigte Krone anpassten und sich um die Sicherungsmaßnahmen am Balkon kümmerten.

Das Irdische und Himmlische im Einklang. Foto: Schäfer

Das Irdische und Himmlische im Einklang. Foto: Schäfer

Die himmlische Lichtgestalt zog auch viele Ehrengäste in den Schlosshof. Der persönlichen Einladung des Rathauschefs folgten etwa Bürger- und Altbürgermeister aus Feuchtwangen, Wörnitz, Windelsbach, Dombühl, Insingen, Geslau und Colmberg, Bernd Strobel von der Wirtschaftsförderung des Landkreises Ansbach, Landtagsabgeordneter Dr. Peter Bauer und Denis Mayer samt einiger Mitglieder des Helferkreises Asyl. Auch Jürgen Wünschenmeyer, Geschäftsführer der „Romantischen Straße“ zeigte sich von diesem wahrlich fürstlichen Ambiente beeindruckt. Und laut „Stammgast“ und Landrat Dr. Jürgen Ludwig habe die Schloss-Stadt den „allerschönsten Weihnachtsmarkt in ganz Bayern“.

Trotz des heftigen Wetterumschwungs, der Schnee, Sturm und schließlich Regen mit sich brachte, zeigten sich Veranstalter, Aussteller, Vereine und Gewerbetreibende dennoch zufrieden über die Besucherzahl. Unter ihnen waren neben Verzehrbuden mit Glühwein, Punsch, Grillwürsten, Flammkuchen und Kutteln auch Stände, an denen allerlei Dekoratives erworben werden konnte. Kunsthandwerk aus Stoff, Ton oder Holz sorgte für den optischen Weih­nachtsanstrich. Darunter auch die Schülerfirma der Edith-Stein-Realschule. Lara, Lena und Lehrerin Christa Kolbeck zeigten, welch funkelnde Schmuckstücke sie in diesem Wahlfach designen, produzieren und an die Frau bringen.

Natürlich kam die musikalische Weihnachtsstimmung auch nicht zu kurz, dank der Stadtkapelle Schillingsfürst und ihrer Bläserjugend und Flötenkinder, der Jagdhornbläser aus Leutershausen, der Posaunenchöre Faulenberg und Schillingsfürst und der Sängerinnen Klaudia und Maja Syska. Gewerbetreibende aus der Stadt spendeten zahlreiche Gewinne für die Tombola. Niemand geringeres als das Christkind persönlich spielte dabei die Glücksfee. mes

 

Christliche Botschaft

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ROTHENBURG – Der Weihnachtsmarkt ist ein besonderer Ort mit eigenen Regeln und Gesetzen. Enge wird hier nicht als beklemmend, sondern als gemütlich empfunden. Man lässt sich Zeit fürs Schlendern, wärmt sich die Hände an einer dampfenden Glühweintasse und genießt die besondere At­mosphäre mit Lichterglanz – und so altmodische Dinge wie Tradition und Gemeinschaft.

Alle Jahre wieder übt der Weihnachtsmarkt eine Faszination aus und ist eine wichtige Einnahmequelle für Stadt und Händler.  Fotos: sis

Alle Jahre wieder übt der Weihnachtsmarkt eine Faszination aus und ist eine wichtige Einnahmequelle für Stadt und Händler. Fotos: sis

Es gibt kaum noch eine Stadt ohne Weihnachtsmarkt. Selbst in kleinen Ortschaften gibt es inzwischen Budendörfer: besonders heimelig und beschaulich. In der Schlossstadt Schillingsfürst mit ihrem barocken Adelssitz ist der „Fürstliche Weih­nachtsmarkt“ mit feierlicher Eröffnung durch das Christkind innerhalb von drei Jahren zu einer Marke für die Kommune geworden und prägt das Image.

Der Rothenburger Reiterlesmarkt profitiert von seiner jahrhundertelangen Tradition und von seiner internationalen Bekanntheit. Im Vergleich zu den Vorjahren kamen am ersten Adventswochenende deutlich weniger Menschen. Langjährige Besucher registrierten schon zum Auftakt des Marktes weniger Besucher. Ob das schlechte Wetter die Menschen davon abhielt, auf den Reiterlesmarkt zu gehen oder andere Gründe eine Rolle spielte, lässt sich nicht sagen.

Zur feierlichen Eröffnungszeremonie stimmte der Posaunenchor von St. Jakob unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Ulrich Knörr auf die Adventszeit ein. Den Abschluss gestaltete das Stadt- und Jugendblasorchester mit seinem Leiter Jan-Peter Scheurer. Zur besonderen Stimmung trug auch das Läuten der Glocken von St. Jakob bei. Selbst Weihnachtsmuffel können sich der besonderen Eindrücke nicht entziehen.

Unverwechselbare Identifikationsfigur des Weihnachtsmarktes: das Reiterle zu Pferd.

Unverwechselbare Identifikationsfigur des Weihnachtsmarktes: das Reiterle zu Pferd.

Das kirchliche Grußwort sprach zum ersten Mal Pfarrerin Claudie Schlottke. Sie beklagte die häufige Verwendung von „Merry Christmas“ in Schaufenstern, auf Weihnachtskarten und Geschenkpapier. Die Botschaft auf Deutsch „Frohe Weihnachten“ wäre ihr lieber. Als Christin liege ihre Betonung auf „Weihnachten als Fest des Christus, als Fest der Liebe, das mit der Familie gefeiert wird, und im besten Fall als Fest der Spenden und der humanitären Aktionen“. Ihre Rede schloss sie mit dem Wunsch nach einem friedlichen und schönen Advent: „Gottes Segen behüte und begleite uns“.

Die Hoffnung auf Frieden drückte auch Oberbürgermeister Walter Hartl aus. In christlichen Bräuchen und Traditionen leben Werte und Ideale. Die blutigen Terroranschläge, wie zuletzt auf unschuldige Zivilisten in Paris, zeigen, wie fragil der Frieden ist. Der Delegation aus der französischen Partnerstadt Athis-Mons, einem Vorort von Paris, drückte er sein Mitgefühl und seine Anteilnahme zu den schrecklichen Ereignissen in der Hauptstadt aus. Die neue Bürgermeisterin Christine Rodier stattete Rothenburg am ersten Advents-Wochen­ende ihren offiziellen Antrittsbesuch ab – begleitet von ihren Stellvertretern Antoine Guiseppone, Julienne Geoffroy und Kevin Rainha.

An die Besucher richtete das Stadtoberhaupt die Bitte, sich bei einer Internet-Abstimmung zum schönsten Weihnachtsmarkt Europas zu beteiligen. Solche Umfragen gibt es inzwischen zuhauf und über jede Suchmaschine leicht zu finden. Rothenburg schneidet dabei in der Regel gut ab und vermarktet diese Ergebnisse entsprechend. Auch wenn sie nicht immer repräsentativ sind.

Polizei als Freund und Helfer

Das Stadtoberhaupt bedankte sich bei allen, die zum stimmungsvollen Reiterlesmarkt beitragen. Der Auftritt des Reiterle im Lichterglanz durch die Menschengasse auf dem Marktplatz ist immer wieder ein Ereignis. – begleitet von Blitzgewitter der Fotoapparate und Handys. Vor dem Rathaus stieg es vom Pferd und hielt seinen Prolog – eingerahmt von der Stadtspitze. Dann ritt es wieder weiter und verschwand in der Dunkelheit.

Auch die Polizei, die bewusst Präsenz zeigte, freute sich über die ruhige und entspannte Atmosphäre. Zwei Vermisstenfälle lösten sich in Wohlgefallen auf. Eine 85-jährige Augsburgerin hatte sich in den verwinkelten Gassen verlaufen. Eine japanische Touristin verlor ihre Reisegruppe und machte sich – wie sich später herausstellte – eigenständig per Bahn auf den Weg ins Hotel nach Frankfurt.

Eine weitere liebgewonnene Tradition auf dem Reiterlesmarkt sind die Adventsfenster am Rathaus. Ebenso der Lichterzug der Grundschüler auf dem Reiterlesmarkt mit ihren selbstgebastelten Laternen am morgigen Mittwoch um 16.30 Uhr, bei dem erneut das Reiterle erscheint. sis

Viel Freude ums „Lohrer Weihnachtspostamt“

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Weihnachtsdekoration mit traditionellem Abendtermin der Dorfgemeinschaft in der Dorfmitte präsentiert

LOHR – In den Regen gekommen ist Lohr diesmal mit seiner schönen Tradition, die Dorfmitte weihnachtlich zu dekorieren und das schöne Werk anschließend mit einem besinnlichen Beisammensein des gesamten Orts willkommen zu heißen.

Warten auf die Weihnachtspost: die Englein im „Lohrer Weihnachtspostamt“. Foto: Weber

Warten auf die Weihnachtspost: die Englein im „Lohrer Weihnachtspostamt“. Foto: Weber

Dass der nach langen Wochen und Monaten erbetene Niederschlag ausgerechnet in dem Augenblick überreichlich fiel, als es ans Aufstellen der in Hunderten von Stunden wieder mit viel Liebe fürs Detail vorbereiteten Szene ging, verlangte den Aktivisten einiges ab. Bei so mancher und so manchem aus der engagierten Runde war die Kleidung nach getaner Arbeit regelrecht durchnässt.

Zum Glück zeigten sich die aufgestellten Figuren samt Beiwerk schlechtwettertauglich wie immer und trotzten dem Segen von oben ohne auch nur die Miene zu verziehen. Auch diesmal haben sich die Lohrer Aktivisten mit ihrer Advents- und Weihnachtsdekoration wieder übertroffen und eine ansprechende, pfiffige Szene gezaubert.

Im Lohrer Weihnachtspostamt haben die Englein alle Hände voll zu tun, um der vielen Wunschzettel-Botschaften Herr zu werden. Am idyllischen Dienstsitz raucht der Kamin. Fax und Telefon zeugen davon, dass die Moderne längst eingezogen ist trotz aller Entrücktheit in himmlischen Sphären. Ein Engelchen hält den roten Postsack auf. Es scheint zum Glück noch etwas Kapazität zu geben für den einen oder anderen Wunsch in den kommenden Tagen und Wochen.

Freilich muss das auch so sein, denn die Ortsbildverschönerungs-Aktivisten haben – auch daran dachten sie – alle Vorbereitungen getroffen, damit sich der Postsack im Lohrer Weihnachtspostamt noch füllt.

Das Christkind (Jennifer Heger) zog auf bei der abendlichen Versammlung an der im Licht der Scheinwerfer und der Straßenlaternen liegenden Dekoration. Es verteilte an alle Mädchen und Buben, die begleitet von Gabi Strasser und Monika Heger „Ihr Kinderlein kommet“ angestimmt hatten, liebevoll genähte und wetterfeste Umhängetaschen.

Bis ins Kleinste

Inhalt: vorbereitete Kuverts mit in hübscher Schreibschrift aufgedrucktem Empfänger „Weihnachtspostamt Lohr“, Wunschzettel-Vordruck zum Ausfüllen und zur Weiterleitung ans Christkind sowie eine Grußkarte mit dem Aufdruck „Ein frohes Weih­nachtsfest“.

Ein Engerl hat den Wunschbriefkasten ständig im Auge. Der Postmann und sein Assistent stehen parat am Postkarren, der im übrigen von „Bastelingenieur“ Gustav Heger getreu bis in die Einzelheit einem Original von 1914 nachgebaut worden ist. Bei Schnee könnte der Weihnachtsmann ohne Probleme zu Hilfe eilen und mit seinem bereitstehenden Schlitten aus Birkenholz eingreifen.

Viel Applaus konnten die Ortsverschönerungs-Aktivisten aus der Runde entgegennehmen, die sich jetzt zur traditionellen Präsentation ihres Werkes eingefunden hatte. Gertraud Hörber stimmte als Vorsitzende des örtlichen Obst- und Gartenbauvereins und als Motor des engagierten Kreises in gereimter Form aufs nahende Christfest ein. Bürgermeister Peter Köhnlechner konnte angesichts der Weihnachtspostamts-Szene nur seinen imaginären Hut ziehen. Er stellte die Lohrer Initiative als beispielgebend heraus.

Das Beisammensein bei Glühwein, Schmalzbrot und Gegrilltem wurde wegen des schlechten Wetters vorsichtshalber unter Dach verlegt. Es fand im Lohrer Schulhaus statt, wo viele aus dem Ort und darüber hinaus noch lange nach der Präsentation in gemütlicher Runde den Austausch pflegten. Dem Posaunenchor, der üblicherweise zur Präsentation der Szene unterm Christbaum mit weih­nachtlichen Weisen aufspielt, wurde vorsichtshalber abgesagt. Die Instrumente sollten keinen Schaden nehmen.

Neben Pfarrerin Barbara Müller aus Insingen gehörten auch der frühere Leiter der Polizeidirektion Ansbach und frühere Leiter der Polizeidirektion Schwabach, Wolfram Castorph, mit seiner Gattin zum Kreis. Ihn verbindet eine langjährige Freundschaft unter Kollegen mit Lohr. Manfred Doß, der frühere Leiter der Rothenburger Polizei, baute dort seinen Ruhesitz. Er verstarb viel zu früh im Jahr 2007. Seine Witwe Gisela Doß pflegt die alten Bande. Sie gehört auch zu den Aktivistinnen, die sich jedes Jahr für Ostern, Herbst und Weihnachten Originelles für die Verschönerung der Ortsmitte einfallen lassen. -ww-

 

Sticheln aber nicht verletzen

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Zur Karikaturen-Jubiläumsschau in der Johanniterscheune ist ein neues Buch erschienen

ROTHENBURG – Alles was Rang und Namen hat, kam zur Eröffnung der Ausstellung von Robert Hellenschmidt in die Johanniterscheune. Was zeigte, welche Wertschätzung der Rothenburger Zeitungskarikaturist und Künstler genießt – auch unter den pointiert „Getroffenen“, die von ihm mit spitzer Feder vorgeführt wurden.

Rund 250 Gäste besuchten die Vernissage zur Karikaturenausstellung.     Fotos: Schäfer

Rund 250 Gäste besuchten die Vernissage zur Karikaturenausstellung. Fotos: Schäfer

Strich für Strich arbeitete sich der Zeichner Robert Hellenschmidt in den 35 Jahren seines künstlerischen ­­Schaffens an die „Prominenz“ heran, durchforstete die Lokalpolitik nach unangenehmen Wahrheiten, um sie ironisch und spöttisch öffentlich kenntlich zu machen. Sticheln muss man als Karikaturist unbedingt, hin und wieder auch mit leichtem satirischen Degen, aber nicht unbedingt mit großem sarkastischen Schwert. Wer ins Visier genommen wurde, konnte sich damit trösten, im öffentlichen Leben existent zu sein. Man war geadelt.

Selbst „Opfer“ der spitzen Feder

Als Freund und Wegbegleiter hielt Dr. Karl-Heinz Schneider die Laudatio auf den 70-jährigen Rothenburger, der in der Werkeschau neben Karikaturen auch Grafik, Malerei und Collagen zeigt. Zur Ausstellung ist ein Buch mit dem Titel „Strichhaltig“ erschienen, der mittlerweile sechste Karikatur-Bildband des Zeichners. Dr. Karl-Heinz Schneider nutzte die Gelegenheit zu einer Grundsatzrede über künstlerische Freiheit als Vorrecht des Künstlers. Das ist umso bemerkenswerter, da er in seinen Funktionen als Stadtrat und einstiger Alt-Rothenburg-Vorsitzender selbst schon „Opfer“ der spitzen Feder wurde.

Mit unverkennbar eigenem Stil habe Robert Hellenschmidt die professionelle Karikatur auf die lokale Ebene gebracht. Seine Arbeiten erzählen ein Stück Stadtgeschichte. Die Grenze zwischen einfacher Metapher und ausgeführtem Vergleich sei fließend. „Karikaturisten haben zu allen Zeiten für sich das Recht in Anspruch genommen, ihre eigenen Vergleiche und Metaphern zu erfinden und Ereignisse durch einen Rückgriff auf vertraute Situationen zu erhellen.“ Der Künstler schrecke auch nicht vor einer deutlichen Kritik am Stadt­rat und an der Verwaltung zurück, was seine persönliche Unabhängigkeit in der Sache verdeutliche.

Der Laudator griff einige Beispiele aus der Gesamtschau heraus, die einen wesentlichen Grund für die besondere Stellung des Karikaturisten zeigen. Beim Betrachten des Triptychons „Krieg-Terror-Armut“ könne man die „prophetische Anklage“ bestaunen, deren Aussage bis heute Aktualität bewahrt habe. Mit der Bildsprache des Würfelspiels zum Beschwerde­ver­fahren über die Vergabepraxis des Volksbad-Verkaufs zeige der Künstler „den perfekten Einsatz einer Metapher und gleichzeitig deren inhaltliche Überschreitung“.

In Karikaturen umgesetzte Mahnungen („Macht mir die Stadt nicht zur Hure“) erhebe der Künstler seinen Finger. „sich nicht ganz den Forderungen des Tourismus auszuliefern“ oder kritisiere die Praktikabilität der Parkautomanten, ablesbar an einer dargestellten überdimensionalen Gebrauchsanweisung und einem Automaten mit Beruhigungstabletten unter dem Titel „Zu Risiken und Nebenwirkungen…“

Prophetische Gabe

Als eine der besten Karikaturen nannte Dr. Karl-Heinz Schneider die 1994 erschienene Zeichung mit der Figurengruppe des Laokoon und seiner beiden Söhne, die von den Schlangen der „Schuldenentwicklung“ gewürgt werden. Von den damals dargestellten Protagonisten, OB Herbert Hachtel, Wilhelm Berger und Hermann Schönborn, ist letzterer noch im politischen Geschäft übriggeblieben „und warnt weiter“. Dr. Karl-Heinz Schneider würdigte die „beängstigende prophetische Gabe und Weitsicht“ des Künstlers, denn die Verschuldung der Stadt sei bis heute eines ihrer drängendsten Probleme.

In seinem Rückblick würdigte der Laudator auch den Kulturmacher Robert Hellenschmidt für die Korn-Veranstaltungsreihe – viele Jahre neben seiner Tätigkeit als Industriekaufmann bei dem Autohaus. Als begnadeten Ban­jospieler kenne man ihn schon seit den 60er Jahren. „Unvergessen sind seine an Arie Ligthart angelehnten Solostücke „St. Louis-Blues“ und „The world is waiting for the sunrise“ oder seine Jazz-Stücke im Boogie-Woogie-Stil auf dem Piano, die Robert Hellenschmidt wie selbstverständlich ohne fremde Hilfe erlernte.

Es wäre vielleicht alles anders gekommen, hätte „Karry“ Schneider seinerzeit bei einem Besuch in der Wohnung in der Adam-Hörber-Straße nicht einige Zeichenvorlagen aus dem väterlichen Bestand mitgebracht und das schlummernde Talent geweckt. Und so fügte es sich, dass Robert Hellenschmidt mit Ernst Unbehauen einen geduldigen Förderer fand, der ihn kräftig unterstützte und viel zu seiner Entwicklung beitrug.

Mit Fleiß und Ausdauer entstanden Zeichnungen, Collagen und Ölbilder seiner geliebten Heimat mit ihrer reizvollen Landschaft Lindleinsee, Blinktal, Frankenhöhe, die er 1980 zum ersten Mal in der Schrannenscheune ausstellte. Bei diesem Anlass animierte ihn Lokalredakteur Dieter Balb zu einer wöchentlichen Karikatur im „Fränkischen Anzeiger“. Ist das Thema für die nächste Zeichnung erst gefunden, beginnt der „Großkampftag“ des Karikaturisten.Die Zusammenarbeit mit der örtlichen Presse hält bis heute an und gab den Ausschlag für die Ausstellung und das Buch zum runden Geburtstag des Künstlers.

Künstler Robert Hellenschmidt (v.li) mit OB Walter Hartl, Museumsleiter Dr. Markus Hirte und Verleger Wolfgang Schneider.

Künstler Robert Hellenschmidt (v.li) mit OB Walter Hartl, Museumsleiter Dr. Markus Hirte und Verleger Wolfgang Schneider.

Die Rothenburger Zeitungsleser können sich ihre Wochenend-Ausgabe ohne Hellenschmidt gar nicht vorstellen, sagte Verleger und neuer Re­daktionsleiter Wolfgang Schneider zu Beginn einer sehr persönlichen Rede. Es dürfte nur ganz wenige Lokal- und Regionalzeitungen geben, die sich einen Karikaturisten leisten – und unter den wenigen, die es gibt, habe wohl kaum jemand die Qalität und Kontinuität eines Robert Hellenschmidt erreicht. Über 1800 Karikaturen hat der Zeichner in 35 Jahren geschaffen: allesamt einzigartige Kunstwerke und damit echte Unikate.

Ehre, wem Ehre gebührt, dachte sich auch Oberbürgermeister Walter Hartl und drückte seinen Respekt über die Leistung einer wöchentlichen Karikatur aus und über den flotten Strich, den Robert Hellenschmidt sich über die Jahrzehnte bewahrt habe. Augenzwinkernd fügte er an, Stadtrat und Verwaltung würden sich weiterhin bemühen, dem Künstler reichlich Stoff für seine Darstellungen zu liefern.

„Hausherr“ Dr. Markus Hirte stellte mit Blick auf eine kommende Sonderausstellung über Luther einen historischen Zusammenhang zwischen dem Reformator und Robert Hellenschmidt her. Die Gemeinsamkeit besteht in ihrem Stilmittel, mit der Wirkung der Bildsprache das Bewusstsein in Gesellschaft und Politik zu schärfen.

Zum geladenen Gästekreis der Vernissage gehörte auch der Künstler Helmut Günter Lehmann. Der gebürtige Rothenburger war eigens aus Traunstein angereist. Mit einer Zeichnung über den Karikaturisten Robert Hellenschmidt hat er sich kürzlich der zeichnerischen Herausforderung gestellt, seinen geschätzten Kollegen in feingearbeiteten Strichen charakteristisch abzubilden. sis

Ein feierliches Dankeschön

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Verein „Amélie“ beschenkt zum zehnten Geburtstag seine Förderer und Mitstreiter

ROTHENBURG – Chor, Kabarettist, Tänzer, Streichinstrumente, Bauchredner, Schattenspieler: So ziemlich alles, was man sich an Schätzen der Bühnenunterhaltung wünschen konnte, war in der Reichsstadthalle vertreten. Mit Mitstreitern, Förderern und Freunden feierte der Verein „Amélie“, der sich um schwerkranke und chronisch kranke Kinder kümmert, ganz groß sein zehnjähriges Bestehen.

Handfertigkeit plus Musik und Grafik: Schattenspieler Phil Shadow karikierte Prominente.

Handfertigkeit plus Musik und Grafik: Schattenspieler Phil Shadow karikierte Prominente.

Elegant in schwarz und weiß gekleidete Damen und Herren werden an die festlich dekorierten Tische in der Reichsstadthalle geleitet. Der Raum und die Bühne sind dank Harry Köhler in ein stimmungsvolles Licht getaucht. Auf der Bühne empfängt Viktor Schlund am elektronischen Klavier musikalisch die Gäste, bevor er zusammen mit Sängerin Nicole Hasselt und Lily Mögel an der Gitarre den Galaabend einläutet.

Insgesamt 160 Gäste warten mit Spannung auf das bis dahin weitesgehend geheimgehaltene Programm. Nur ein Platz in der Halle scheint leer zu sein. Er ist es aber nicht. Er gehört Amélie. Dem Mädchen, dessen Name der Verein trägt, dessen Lebensgeschichte die Motivation für das außergewöhnliche Engagement seiner Mitglieder ist.

„Dies ist keine Trauerveranstaltung, wir feiern!, forderte Farid Zitoun, naturheilkundlicher Beirat des Vereins und Co-Moderator, die Anwesenden auf, den Abend mit seinen vielen Showeinlagen unbeschwert zu genießen. Trotz des ernsten Hintergrunds. Denn dass es überhaupt die Notwendigkeit für einen Verein wie „Amélie“ gibt, ist eigentlich traurig.

Die grundlegende medizinische Versorgung ist die eine Sache. Aber schwerkranke Kinder benötigen mitunter auch Hilfen, die durch das Gesundheitssystem nicht ausreichend oder überhaupt nicht finanziert werden. Reittherapie, Klangtherapie, Rollstuhlkleidung oder Rollstuhlrampe sind Mittel, um ihre Leiden zu lindern und ihren Alltag zu erleichtern. Genau dafür setzt sich „Amélie“ e.V., setzen sich die vielen Förderer und Spender seit nunmehr zehn Jahren ein. Und es war ein weiter Weg von den Anfängen mit Kinderschminken, die zwar erfahrungs-, aber leider wenig ertragreich waren, bis zum 10. Geburtstag des Vereins.

Der Vorstand von „Amélie“ e.V. organisierte eine außerordentliche Gala.  Fotos: Scheuenstuhl

Der Vorstand von „Amélie“ e.V. organisierte eine außerordentliche Gala. Fotos: Scheuenstuhl

Die Jubiläumsfeier konnte in dieser Gestalt auch nur stattfinden, da alle Künstler und Helfer auf eine Bezahlung verzichteten und Sponsoren mithalfen. Mit dem Eintrittspreis wurden die Kosten für das fliegende Buffet aus der Küche der Reichsstadthallen-Wirte Wörle gedeckt und der Rest kam dem Verein zugute.

Zuspruch für die Eltern

Besonders hilfreich war auch, dass die Stadt Rothenburg ihre Veranstaltungshalle dem Verein für diesen Galaabend mietfrei zu Verfügung stellte. Bürgermeister Dieter Kölle hob in seinem Grußwort hervor, dass ein wichtiger Teil des Engagements von „Amélie“ e.V. der Zuspruch für die Angehörigen und Eltern der schwerkranken Kinder sei.

Ebenfalls spendabel zeigte sich Landrat Dr. Jürgen Ludwig, der neben der verbalen Würdigung des „seit 10 Jahren unermüdlich erbrachten Einsatzes“ der Vereinsmitglieder einen Scheck überreichte. Auch Karl Beck, Bürgermeister von Wörnitz wo der Verein seinen Sitz hat, brachte eine monetäre Vorweihnachtsgabe mit und dankte den Mitgliedern dafür, dass sie auch mit ihren Veranstaltungen das „gesellige und kulturelle Leben“ in der Gemeinde bereichern. Er wünschte ihnen Glück und Elan für die nächsten 10 Jahre.

Gleich zu Beginn gab es einen kleinen Wermutstropfen: Amelie Fröhlich, WDR-Moderatorin und „stolze Patin“ des Vereins, konnte nicht wie geplant durch den Abend führen. Per Video-Botschaft gab sie den Gästen mit auf den Weg weiterhin „viele Kinderaugen zum Strahlen zu bringen“. Ihren Platz nahm Christine Eixenberger ein. An der Seite von Farid Zitoun war die wortgewandte Kabarettistin und Lehramtsanwärterin eine mehr als würdige Alternative.

Auch Sänger Andreas Kümmert ließ es sich nicht nehmen, wenn er schon wegen seiner Tournee nicht persönlich da sein konnte, zumindest über die Leinwand seinen musikalischen Gruß an die Gäste in der Halle zu richten. Der Rest des Unterhaltungsprogramms fand dann real auf der mit Lichteffekten ausgeleuchteten Bühne statt. Der Gospelchor Heilig Geist unter der Leitung von Uschi Memhardt etwa versetzte mit seinen Liedern das Publikum in gewohnter Manier in eine erbauliche, fröhliche Grundstimmung.

Vogel Joschi saß da schon eher der Schalk beziehungsweise Bauchredner Peter Marsch aus Aurach im Nacken. Besonders auf die Tauberstadt und ihren Vertreter hatte es der vorlaute rot-blaue Piepmatz abgesehen: „Rothenburg liegt zwar nicht am Arsch der Welt, aber man kann ihn von dort aus sehen.“

Talente offenbart

Das gefiederte Tierchen musste sich aber warm anziehen. Denn seinen Platz machte ihm Karl Beck ­streitig. Unter dem Künstlernamen „Jacque­line“ und den „Durchhalte-Rufen“ von Landrat Dr. Jürgen Ludwig, offenbarte er als lebende Bauchrednerpuppe sein komödiantisch-schauspielerisches Talent.

Ein Hauch von Klassikkonzert bekam der Abend durch Sarah (12), Jonas (19) und Elias (18) Litak verliehen. Die drei Geschwister aus Fichtenau spielten auf Violine und Cello Stücke von Mendelssohn und Gaspar Cassadó. Sie wurden dabei von ihrer Mutter Sanem am Klavier begleitet. Wie sich Jugend sonst noch künstlerisch ausdrücken kann, zeigte die Ansbacher Formation „#Notreal“ mit einem kraftvollen und mitreißenden modernen Tanz.

Ebenso treffsicher sitzen seine Spitzen gegen die politische Klasse oder menschliche Verhaltensweisen: Christoph Maul bot wieder einmal einen unterhaltsamen Rundumschlag in bester Schillingsfürster „Stupfl“-Manier. Um den vielen Förderern im Publikum etwas zurückzugeben, wurde eine Tombola veranstaltet, deren zahlreiche Preise ebenfalls eine Spende waren. Sven Nowak aus Leutershausen etwa darf sich über einen Rundflug über Rothenburg freuen und Manuela Denzinger (Wörnitz) über eine Ballonfahrt.

Schattenspieler Phil Shadow zauberte mit seiner außergewöhnlichen Handfertigkeit, und begleitet von der passenden Musik, die Silhouetten altbekannter Größen aus Sport, Politik und Musik auf die Leinwand. Ein würdiger und beeindruckender „Schlussakkord“ für den Jubiläums-Galaabend. mes


Wieder ein großer Schritt

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Winterausstellung des Rothenburger Künstlerbundes

ROTHENBURG – 15 Künstler des Rothenburger Künstlerbundes und zwei eingeladene Künstler bestücken mit ihren Werken in unterschiedlichen Techniken die Winterausstellung im Fleischhaus. Farbiger Schlusspunkt eines Jahres „mit schnellen Wechseln.“

Reden über Kunst: Zur Ausstellung im Fleischhaus gibt es einen Kunstkalender. Fotos: sis

Reden über Kunst: Zur Ausstellung im Fleischhaus gibt es einen Kunstkalender. Fotos: sis

Es findet sich unter den Kunstwerken eher klassische Malerei in spätimpressionistischer Manier wie bei Gerd Hintermeiers Winterlandschaften, aber auch abstrakte Kompositionen in Öl wie bei Bernhard Karlstetter, die durch mehrere mit Spachteltechnik aufgetragene Farbschichten über einen längeren Zeitraum hinweg entstehen. Eiichi Takeyama bewegt sich mit seinen verfremdeten Darstellungen in Acryl zwischen diesen beiden Polen. Jutta Richter zeigt gefilzte Textilobjekte als Wohnraumgestalter.

Daneben nimmt die Fotografie einen prominenten Platz in der Ausstellung ein, wobei sich auch hier die Techniken und Gestaltungsansätze der drei Künstler – Ulrich Frewel, Maria Semmer und René Bissbort – stark voneinander unterscheiden. Ulrich Frewel hat ein sehr altes Fotografieverfahren, Argentotypie genannt, für seine künstlerische Arbeit reanimiert, das seinen Schwarz-Weiß-Fotos aus der Natur eine erhöhte Tiefenwirkung verleiht. Maria Semmer widmet sich mit ihrer inszenierten Fotografie erneut dem Reich der Träume und des Unterbewussten.

Todesstern im Meer

René Bissbort hat auf seiner großformatigen Arbeit den Ablauf eines Tanzschritts von einer Ballett-Tänzerin festgehalten und nachträglich die Farbgebung bearbeitet, um eine eigene „Ästhetik des Augenblicks“ zu entwickeln. Fritz Ehler und Evelyn Weiss decken mit Ihren Töpferarbeiten viele Facetten ihres Handwerks ab – von volkstümlich-traditionell bis hin zu modern gestalteten Gefäßen, die durch Design verbunden mit einem Schuss Witz überzeugen.

Der Vorsitzende Peter Nedwal gibt in der Ausstellung erneut einen Blick in sein weit gefächertes Oeuvre – dieses Mal mit einem großformatigen Holzschnitt und zwei Leinwänden mit konstruktivistischen Kompositionen aus Liniengefügen. Als neues Mitglied feierte Tobias Förster (33), gelernter Schreiner, einen gelungenen Einstand, indem er Graffiti als oft verpönte und mit Vandalismus in Zusammenhang gesetzte Kunstrichtung in einem anderen Licht erscheinen lässt. Seine dreidimensionalen Skulp­turen aus Holz und lackierter Faserplatte beweisen handwerkliches Können im Einklang mit einer feinen kreativen Ausgestaltung.

Alexander Fabi präsentiert minimalistische, kugelsphärische Objekte aus Stahl mit recht- und dreieckigen Einschnitten, die mit ihrem Schattenwurf und ihrer Kanten- und Linienführung je nach Position des Betrachters mal geschlossen, mal sich öffnend erscheinen. Ein weiteres Werk aus lackiertem Stahl mit dem Titel „Wenn bei Capri der Todesstern im Meer versinkt“ möchte den Besucher zum Schmunzeln animieren, wenn auch eine zeitkritische Interpretation legitim erscheint.

Hans-Gustaf Weltzer ist mit einer Serie von kleinen Farbholzschnitten sowie zwei einzelnen Holzschnitten in der Ausstellung vertreten, bei denen er seinem eigenen Stil, seiner Herangehensweise an den gestalterischen Prozess, vor allem aber seinem Humor und seiner Freude an der Kunst treu bleibt. Renate Schletterer konzentriert sich in Ihren Aquarell-Stillleben auf das „Schöne“ in der Kunst und rundet so die Vielfalt, die der Rothenburger Künstlerbund zu bieten hat, ab.

Gefilztes Leuchtobjekt: von Jutta Richter.

Gefilztes Leuchtobjekt: von Jutta Richter.

Zur Nachwuchsförderung wurden die beiden Werke von einer Preisträgerin in der Altersgruppe 18 bis 21 Jahren der Jugendstiftung Schmidt, Talitha Wagner, in die jetzige Ausstellung übernommen, um diese einer noch größeren Öffentlichkeit zu zeigen und dem Nachwuchstalent einen angemessenen Raum zur Präsentation ihres Könnens einzuräumen. Die 19-jährige Insingerin studiert Tex­tildesign an der Fachhochschule Reutlingen und lernt innovative Konzepte und Individualität mit technischer Durchführung zu verbinden.

Kunst und Broterwerb

Bei der Beurteilung der neuen Ausstellungen möchte der Künstlerbund berücksichtigt sehen, dass sich in dem Verein lokale Künstler aus zwei Generationen zusammengefunden haben, die in ihrer Gesamtheit weder einer konkreten Kunstrichtung zuzuordnen sind, noch über ein gemeinsames Manifest verfügen. Das älteste Mitglied ist über achtzig Jahre alt, das jüngste Anfang 30. Die größte Gemeinsamkeit ist die örtliche Nähe. Themenausstellungen werden von der Mehrheit der Künstler eher als Einschränkung, denn als Herausforderung empfunden und stößt zumeist auf Ablehnung. Die meisten Mitglieder haben eine akademische Bildung oder eine entsprechende Fachausbildung, müssen aber einer geregelten Arbeit nachgehen und können sich nicht voll auf die Kunst konzentrieren, wie sie es sich eigentlich wünschen würden.

In einem „so betriebsamen Jahr“ mit Schülerausstellung, Werkeschau an Ostern und im September, Gruppenausstellung in der Korn-Halle, Reichstadttage- und Märchenwoche-Aktionen, Jugendstiftung-Kunstwettbewerb, werde die künstlerische Diskussion „leider zu wenig gehandhabt“, sagte Peter Nedwal in seiner Rede bei der Ausstellungseröffnung. Der Alltag lässt Kunstschaffenden oft wenig Zeit für Kreativität und Austausch. Diese Auseinandersetzung unter Gleichgesinnten helfe der Positionierung des einzelnen Kunstschaffenden. „So muss jeder Künstler, der seine Arbeit ernsthaft betreibt, sich immer wieder selbst die Frage stellen, wo stehe ich mit meiner Arbeit in diesem Zeitgefüge“, betonte der Künstlerbund-Vorsitzende und fügte hinzu: „Die gemeinsame Diskussion über die einzelnen Arbeitsansätze als eine Art Manöverkritik fördert die eigene Argumentation zum Werk und ist hilfreich für die Selbsteinschätzung.“

Man könne mit einer Arbeit „schnell ins Belanglose abdriften und sich dabei vorspielen, dies sei der große Wurf, weil sie schön aussieht.“ Peter Nedwal verwies darauf, wie riskant es sei, Schönheit zu definieren: „Ein Unterfangen, an dem sich schon Paris mit der schönen Helena gewaltig die Finger und dabei noch viel mehr verbrannte.“ Augenzwinkernd warnte er die Ausstellungsbesucher davor, „sich nicht die Zunge zu verbrennen“ bei der Diskussion über die Schönheit der ausgestellten Kunstwerke. sis

Kirche mit Leben füllen

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Ein Symbol für das Miteinander

BETTENFELD – Ein besonderes Ereignis war der feierliche Gottesdienst in der Kirche St. Wendelin zum Abschluss der Außenrenovierung des gotischen Gotteshauses.

Am Festtag wehte am Mast die neue Fahne, die der Kirchenvorstand angeschafft hat.

Am Festtag wehte am Mast die neue Fahne, die der Kirchenvorstand angeschafft hat.

Die Instandsetzungsmaßnahmen an der jahrhundertealten Chorturmkirche nahmen etwa ein Jahr in Anspruch und umfassten Putz- und Malerarbeiten an den Fassaden sowie die Erneuerung der Dachziegel und deren Unterkonstruktion. Darüber hinaus war die Reparatur von Substanzschäden infolge von Feuch­tigkeit und tierischen Holzschädlingen an den Dachstühlen von Langhaus und Turm erforderlich. Dabei gelang es, die Schiefstellung des Turmhelmes von mehr als fünfzig Zentimeter an der Spitze nahezu zu beseitigen.

Die Außeninstandsetzung der Kirche erfolgte im Rahmen der staatlichen Baupflicht und verursachte Gesamtkosten von 200000 Euro. Der Freistaat Bayern hat die Verpflichtung zur Unterhaltung der kirchlichen Gebäude insbesondere als Rechtsnachfolger der früheren Landesherren übernommen und trägt den Hauptanteil der Baukosten in Höhe von 183500 Euro. Im Bereich des Staatlichen Bauamtes Ansbach werden rund 180 evangelische und katholische Kirchen durch den Freistaat betreut. Die Stadt Rothenburg ließ die Turmuhr neu streichen und den Rost entfernen.

Pfarrer Ulrich Winkler hielt den Gottesdienst. Seit 2012 gehört Bettenfeld zur Pfarrei „Zum Heiligen Geist“ in Rothenburg. Begrüßen konnte er neben Dekan Hans-Gerhard Gross und Oberbürgermeister Walter Hartl auch Katharina Sauer vom Staatlichen Bauamt, Vertreter des Kirchenvorstands sowie Michael Kastner und Holger Krauß als Vertreter der ausführenden Handwerkerfirmen. Ein besonderer Gruß galt auch Lothar Schmidt als Mitverfasser eines kleinen Heftchens „Chronik von Bettenfeld und seiner Kirche“, das zum Verkauf angeboten wird. Für die musikalische Note sorgten Kirchenchor, Posaunenchor und Kindergottesdienst-Schar mit ihrem Mitmachlied „Einfach spitze, komm wir loben Gott den Herrn“.

Mitglieder des Kirchenchores beim Gesangsvortrag im Chorraum.   Fotos: Schäfer

Mitglieder des Kirchenchores beim Gesangsvortrag im Chorraum. Fotos: Schäfer

Die Kirche ist das Zentrum der Gemeinde. Auch wenn kein Pfarrer mehr vor Ort wohnt, ist das Gotteshaus ein wichtiger Identifikationspunkt. Pfarrer Winkler bedauerte, „dass die nahe seelsorgerische Versorgung nicht mehr so möglich ist wie in früheren Zeiten.“ Der Kirchenvorstand müsse mit den Hauptamtlichen immer wieder neu überlegen, „wie wir die Kirche mit mehr Leben füllen können.“

In der heutigen Zeit der vielen Krisen könne die Kirche einen Ort zum Durchschnaufen und zum Kraft tanken bieten. „Wir können auch wieder Kirche für andere sein“, so Pfarrer Winkler, „indem wir Menschen, die vor Krieg fliehen, bei uns aufnehmen und ihnen Schutz geben“. Er drückte seine Bewunderung für die Flüchtlingshilfe in der kleinen Nachbarortschaft Leuzenbronn aus. Seit dem Herbst sind Menschen aus dem Irak im ehemaligen Pfarrhaus untergebracht und werden vom früheren Gemeindepfarrer Helmut Wollschläger ehrenamtlich in der deutschen Sprache unterrichtet – zusätzlich zum offiziellen Deutschunterricht in der Stadt Rothenburg.

„Ich wünsche mir eine Kirche, in der wir uns Gott und den Problemen der Welt öffnen, aber auch selbst eine Heimat haben, die wir achten“, sagte Pfarrer Ulrich Winkler zum Abschluss seiner Rede. Dem Gottesdienst folgte ein Sektempfang im Gemeindesaal als geselliger Teil der Feier mit Bilderschau von den Umbauarbeiten und Erläuterungen dazu – und als Abrundung ein gemeinsames Mittagessen im Gasthof „Grüner Baum“. sis

Kleine Lichtgestalten

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Grundschüler ziehen mit Laternen auf den Reiterlesmarkt

ROTHENBURG – Ein besonderes Schauspiel bot sich den Besuchern des Reiterlesmarkts: Unzählige Laternen erleuchteten den Marktplatz beim traditionellen Lichterzug der Rothenburger Grundschule.

Die Kinder halten voller Stolz ihre bunten und selbstgebastelten Lampions in die Höhe.     Fotos: Scheuenstuhl

Die Kinder halten voller Stolz ihre bunten und selbstgebastelten Lampions in die Höhe. Fotos: Scheuenstuhl

Wer einen richtig großen Auftritt hinlegen möchte, der lässt auf sich warten. So machten es auch die Grundschüler mit ihren liebevoll gebastelten Laternen. Sie zogen erst auf den Marktplatz ein, als alle da waren, um sie mit ihren leuchtenden Kunstwerken bewundern zu können. Eine vierköpfige Abordnung des Stadt- und Jugendblasorchesters brachte die Wartenden musikalisch vorab in die richtige Weihnachtsstimmung.

Allerdings waren Eltern, Bekannte, Verwandte und Touristen bereits dermaßen in freudiger Erwartung auf das Spektakel verfallen, dass sie um jeden Preis ihren Platz in der ersten Reihe behaupten wollten. Selbst Oberbürgermeister Walter Hartl hatte so seine Mühe, die Erwachsenen dazu zu bewegen, die Kinder vorzulassen, um sie auf dem Marktplatz begrüßen zu können. Zusammen mit den Sternsingern, die in beachtlicher Stärke auf den Rathaus-Treppen Stellung bezogen, war das Herz der Stadt dann fest in Kinderhand.

Die Sternsinger bringen mit Farbe und Musik weihnachtliche Stimmung auf den Marktplatz.

Die Sternsinger bringen mit Farbe und Musik weihnachtliche Stimmung auf den Marktplatz.

Bereits beim ersten gemeinsamen Weihnachtslied verschwand die anfängliche Verstimmung aber wieder. Stolz hielten die Grundschüler ihre Laternen in die Höhe, damit alle sie sehen konnten: Dieses Jahr scheint die Kerze als Motiv besonders in Mode zu sein, aber auch das Tierreich war mit Fröschen, Adlern, Eulen und Dinos gut vertreten. Daneben gab es auch ganz ausgefallene Exemplare in der Gestalt von „Minion“, „Spiderman“ und Biene Maja sowie mit afrikanischem Anstrich.

Großes Staunen bei Klein und Groß rief das Reiterle hervor, das angeritten kam, um seinen Prolog aufzusagen. Ein klein wenig hat ihm aber sein Pferd die Schau gestohlen, das aus der Nähe ganz genau die bunten Laternen betrachtete. Auch der Pelzmärtel brachte die Kinderaugen zum Leuchten. Zum krönenden Abschluss dieser strahlenden vorweihnachtlichen Zusammenkunft auf dem Reiterlesmarkt wurde das aktuelle Adventsfenster, wie jeden Tag um 17 Uhr, erleuchtet. mes

Genießen ob der Tauber ist gefragt

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Neuer Verein setzt auf Qualität und Regionalität

ROTHENBURG – Das „Genießen ob der Tauber“ soll zu einem neuen Qualitätsbegriff werden. Dazu haben jetzt acht Gastronomen einen gleichnamigen Verein gegründet und sich zu regionalen Angeboten verpflichtet. Tourismuschef Dr. Jörg Christöphler begleitet das Vorhaben als wirksame „Stärkung der Wein-Kulinarik”, wie er betont.

Vorsitzender wurde Klaus Sackenreuther, Stellvertreterin Stefanie Schlag (von links), hier bei der Gründungsversammlung.  Fotos: diba

Vorsitzender wurde Klaus Sackenreuther, Stellvertreterin Stefanie Schlag (von links), hier bei der Gründungsversammlung. Fotos: diba

Als frisch gewählter Gründungsvorsitzender kündigte Klaus Sackenreuther (Gasthof zur Sonne) für nächstes Jahr gemeinsame Aktionen an. Zur Selbstverpflichtung der Betriebe gehört, dass sich mindestens ein regionales Gericht mit einer ausformulierten Weinempfehlung auf der Speisekarte findet. Der Begriff soll zu einem „Qualitätssiegel” für den Gast werden, das entsprechende Logo wird in Kürze die Häuser zieren.

Auch die in der „Glocke” im kleinen Gründungskreis anwesende Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes, Marion Beugler, betrachtet den neuen aus der Weindorf-Gemeinschaft heraus entstandenen Verein als Bereicherung für das örtliche Restaurantangebot. Zum Vorstand gehören Stefanie Schlag (Hotel Eisenhut) als die 2. Vorsitzende, ferner Marco Moretti (Restaurant Italia) als Kassier und Stefan Teutscher (Restaurant Rödertor) als Schriftführer. Weitere Mitgliedsbetriebe sind außerdem das Weingut und Hotel „Glocke”, das Hotel „Roter Hahn”, das Hotel „Schranne“ und das „Culinaro” („Eventküche“).

Zum erstenmal wurde damit neben anderen Hotelvereinigungen (örtlich „Pro Gast” und überörtlichen Qualitätszusammenschlüssen, denen mehrere hiesige Häuser angehören) eine Gruppierung aus der Taufe gehoben, der es gezielt um Wein und Kulinarik geht. Dabei steht die Kochkunst in Verbindung mit regionalen Erzeugnissen und bei den Getränken erlesenen Weinen aus Tauberfranken einschließlich des württembergischen und badischen Teils, wie Winzer Albert Thür­auf herausstellt.

Die Gerichte, auf die man abhebt, stammen aus dem fränkisch-hohenlohischen Raum, denn schließlich ist gerade das baden-württembergische Nachbargebiet reich gesegnet mit natürlichen Produkten. Das Hällische Schwein zum Beispiel hat schon landesweite Berühmtheit erlangt, Direktvermarktung wird vielerorts gepflegt. Fritz Gempel, der sich mit um das Marketing kümmert, verweist auf Stichworte wie Gans und Ente, Reh und Hirsch „von unseren Jägern“, auf Produkte aus den Taubermühlen oder den Wettringer Tauberapfel sowie fränkischen Grünkern. Manches sei „so einfach wie die Fastengerichte der Jakobsweg-Pilger, manches ist speziell wie die Tauberschnecken oder das Würzen mit fränkischem Safran!”

Erlesene Tauberweine

Schafe und Ziege spielen natürlich eine Rolle und sind zugleich für den Naturschutz und die Beweidung wichtig. Auf Besonderheiten wie die Rebsorte „Tauberschwarz”, die fruchtige Rotweine liefert, wird ebenso verwiesen – und den Reichtum der individuellen Bewirtschaftung von Weinberghängen wie sie beispielhaft der hiesige Winzer durchführt.

Tourismuschef Christöphler, Glocken-Wirt und Winzer Thürauf.

Tourismuschef Christöphler, Glocken-Wirt und Winzer Thürauf.

Als das Weindorf vor etlichen Jahren als sommerliches mehrtägiges Ereignis startete, war die äußerst erfolgreiche Entwicklung nicht absehbar. Nun hat sich ein Stamm an Beschickern herauskristallisiert, die das Fest auch in seinen Standards prägen. Wenn nun die meisten der Vereins­mitglieder zugleich Weindorf-Wirte sind, ist das nur naheliegend. Als ein Ziel sieht es der Tourismuschef an, „stolz auf die Regionalität des Angebots zu sein!” Fritz Gempel wird mit seinem Marketingbüro den Start des Vereins noch begleiten, ebenso wie das Verkehrsamt. Christöphler dazu: „Sehen Sie das vor allem als weitere Geburtshilfe”.

Gäste suchen Regionales

Vorsitzender Klaus Sackenreuther unterstreicht, dass man auch für „den kleinen Geldbeutel“ in allen Kate­gorien leistungsfähige Betriebe habe. Die Frage der Presse, ob nicht manchesmal der einheimische Gast zu wenig beachtet wird, wiesen alle mit Vehemenz zurück. Das sei leider ein „nicht ausrottbares Vorurteil“ wie es immer wieder verbreitet werde. Auch die Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes ist der Überzeugung, dass Rothenburgs Gastronomie sich um alle Gäste gleichermaßen sehr engagiert bemüht. Der Gast wisse auch, was er wolle und verlange durchaus nach lokalen oder regionalen Produkten.

Die erfolgreiche Aktion mehrerer Gasthäuser des Umlandes mit den beliebten Schlemmerwochen begrüßt man, hält auch, wie Christöphler auf Nachfrage betont, viel von Kooperation dort, wo sie sinnvoll scheint – allderings gehe es hier um ein rein Rothenburger Angebot und seine Aufgabe bei der Stadt sei es sich darum zu kümmern.

Bislang hat es zwar den mehrjährigen Versuch zu einem kulinarischen Rundgang unter Pro-Gast-Häusern in Rothenburg gegeben, aber wie Stefan Teutscher sagt wurde dies mangels Nachfrage jetzt wieder eingestellt. Umso wichtiger wird es sein, dass die neue Gruppe ihre Leistungsfähigkeit wirksam an den Gast bringt, wozu nicht nur das qualitativ besondere Angebot, sondern auch die entsprechende Vermarktung gehört. Die Weichen dafür sind jedenfalls gestellt.

Für den Verein wird die Gemeinnützigkeit beantragt. Wer mitmachen will muß derzeit einen einmaligen Aufnahmebeitrag in Höhe von tausend Euro berappen, der dann jährlich steigt und ab Januar 2018 bei 1500 Euro liegt. Damit will man einen Anreiz schaffen nicht allzulange mit dem Aufnahmeantrag zu warten. Hinzu kommen die Mitgliedsbeiträge in Höhe von monatlich 50 Euro. Allerdings hat man die Gründungsmitglieder von der Aufnahmegebühr befreit, da sie schon die entsprechende Vorarbeit geleistet haben, wie man unterstreicht.

Das Problem bei solchen an Qualität orientierten Zusammenschlüssen ist in der Praxis oft die Einhaltung eines Standards bei allen Mitgliedern, so dass es keine allzu großen Leistungsschwankungen gibt. Dazu sind zwar satzungsgemäß keine näheren Kriterien festgelegt, aber die acht Gründungsmitglieder sehen sich als Garanten dafür, dass nur „die dazu passenden Bewerber“ aufgenommen werden. Darüber können die Mitglieder dann mit einfacher Mehrheit beschließen.

Dass man einen ordentlichen Gastronomiebetrieb führen muss und eine entsprechende Küche hat versteht sich von selbst. Da müsse noch selbst gekocht werden. Albert Thürauf drückt es mit trefflichen Worten so aus: „Wir sind die Leute, die Messer in den Schubladen haben und keine Scheren”. Damit spielt er auf die manchmal sogar in anspruchsvoller Gastronomie eingesetzte verpackte Tiefkühl-Fertigware an.

Umso mehr möchte man den Gast wieder auf den Geschmack bringen, wobei es nicht immer ums Geld geht, denn einfache natürliche und regionaltypische Gerichte müssen preislich nicht abheben. Neben Küchenqualität und Wein-Auswahl kommt es ebenso auf das Ambiente des Lokals und nicht zuletzt die Freundlichkeit des Personals an. diba

Größe äußerlich gut versteckt

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Beim Richtfest versetzte das riesige Innere der Mehrzweckhalle in Staunen

ROTHENBURG – Großes Lob für die Handwerker: Oberbürgermeister Walter Hartl und Stadtbaumeister Michael Knappe haben sich beim Richtfest für die Mehrzweckhalle mehr als zufrieden gezeigt mit Baufortschritt und Qualität der Arbeiten.

Die Richtfest-Gemeinde verliert sich fast in dem riesigen Hallenrohbau. Fotos: Weber

Die Richtfest-Gemeinde verliert sich fast in dem riesigen Hallenrohbau. Fotos: Weber

Die zu ihren Füßen auf dem rohen Betonboden der Halle versammelte Teilnehmerschar aus Stadt­rat, Verwaltung, Schulen, Vereinen, Nachbarschaft und Führungsetagen beteiligter Firmen konnte nur staunen. Von außen würde man diese Ausmaße des Gebäudeinnern und dabei vor allem die stolze Raumhöhe von fast acht Meter nicht vermuten.

Jetzt zeige sich, dass es richtig war, allen Unkenrufen zum Trotz das Hallenprojekt an dieser Stelle durchzuziehen. Es sei hier möglich gewesen, die Topografie gut zu nutzen und den Bau zu wesentlichen Teilen so einzugraben in den Hang, dass von einer großen Beeinträchtigung des Altstadtbildes nun wirklich nicht gesprochen werden könne, waren sich der Oberbürgermeister und der Stadtbaumeister bei ihren kurzen Ansprachen einig.

Klirr und bald klirr: OB und Zimmerer werfen ihr Sektglas zu Boden.

Klirr und bald klirr: OB und Zimmerer werfen ihr Sektglas zu Boden.

Ihren imaginären Hut zogen sie dabei vor den Handwerkern. Sie hätten in Rekordzeit hervorragende Arbeit geleistet. Besonderen Anteil sprachen sie den Betonbauern der mit dem Rohbau beauftragen Firma Otto Heil zu. Sie kommen zum Teil aus Portugal und haben sich weit bis in die Abendstunden und auch an Samstagen eingebracht, um die ingesamt 2600 Kubikmeter Beton zu verarbeiten.

Stadtbaumeister Michael Knappe nutzte die Gelegenheit, der Richtfest-Gemeinde die verschiedenen Bereiche der inzwischen im Rohbau fast fertigen Mehrzweckhalle zu zeigen und zu erläutern. Zimmerer Kevin Marciniak vom Holzbau-Fachbetrieb Merkle in Bissingen an der Teck hielt den Richtspruch. Mit Sekt prosteten er und der Oberbürgermeister sich zu. Sie tranken und warfen ihre Gläser von ihrem erhobenen Standplatz im Foyer des künftigen Eingangsbereichs hinunter auf den Hallenboden, wo sie – positives Zeichen für den weiteren Fortgang der Arbeiten – zu vielen Scherben zerbarsten.

Anschließend ließ sich die versammelte Gemeinde im oberen Bereich der Halle an den bereitgestellten Biertischen nieder und genoss den Richtschmaus. Es gab gegrillte Hähnchen und warmen Fleischkäse samt Beilagen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des städtischen Bauamts assistierten bei der Ausgabe von Essen und Getränken.

Am Rohbau muss jetzt nur noch etwas gefeilt werden, bis nächste Woche die Dachdecker ans Werk gehen können. Deckendurchbrüche sind vorher zu schaffen und auch die eine oder andere kleinere Korrektur an der Oberfläche ist durchzuführen, erläutert Architekt Gunther Hebling vom Stadtbauamt. Außerdem muss der Lüftungskanal gereinigt werden.

Nach dem sturmgebeutelten Einheben der riesigen Leimbinder kommen die Zimmerer noch einmal zum Zug: beim Einbauen der Querträger. Dann können die in Österreich vorgefertigten Sandwich-Elemente (doppeltes Trapezblech mit dazwischen liegender Isolierschicht) des Tonnendachs montiert werden und das Flachdach des Foyers erhält Dampfbremse, Wärmedämmung und Abdichtung.

„Das Dach war eigentlich erst für 2016 vorgesehen,“ sagt Hebling: „Wir hatten Glück mit dem Wetter.“ Inzwischen ist das zweite Ausschreibungspaket vergeben. Wenn alles gut geht, könnten die Fenster bis Mitte Februar eingesetzt sein und der Bau wäre geschlossen. Dann wäre die Rohins­tallation von Lüftung, Sanitär und Heizung an der Reihe. So ließe sich der Zeitvorsprung ins Ziel retten. Das heißt, die Eröffnung der Halle wäre dann schon Ende kommenden Jahres denkbar. -ww-

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